Wahl zum Kirchenvorstand:Macher in den Gemeinden

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Die evangelischen Christen stimmen am Sonntag über die Zusammensetzung ihrer ehrenamtlichen Kirchenvorstände ab. Gefragt sind vor allem praktische Fähigkeiten

Von Clara Nack, Dachau

Mit der Wahlbeteiligung bei Kirchenwahlen ist es bekanntlich so eine Sache - bei zehn bis zwölf Prozent liegt sie durchschnittlich im Landkreis. Für die Wahl der Kirchenvorstände aller evangelischen Landeskirchen Bayerns soll sich das jetzt durch die automatische Briefwahl ändern. Am Sonntag, 21. Oktober, wählen alle 1537 Kirchengemeinden in Bayern ihre Gremien. Dass die Kirchenmitglieder vergessen, die Briefwahlunterlagen rechtzeitig zu beantragen, kann jetzt nicht mehr passieren. Die Evangelische Landeskirche schickt dieses Jahr erstmalig jedem wahlberechtigten Gemeindemitglied die Unterlagen zu, ohne Antrag. Bis zum 19. Oktober müssen die Briefe dann wieder bei den Pfarrämtern der jeweiligen Gemeinden eingetrudelt sein oder zwei Tage später in die Wahlurne geworfen werden.

"15 Prozent Wahlbeteiligung wären gut", sagt Ulrike Markert, Pfarrerin der Dachauer Gnadenkirche. "Bisher sind aber schon weit über zehn Prozent der Wahlzettel zurückgekommen. Das freut uns, denn die Kirchenvorstände entscheiden über alles, was die Gemeinde betrifft." Viele, die ihren angekreuzten Stimmzettel zur Landtagswahl am 14. Oktober für bedeutungsvoll hielten und der evangelischen Konfession angehören, können bei der Wahl der Kirchenvorstände nun unmittelbar über die Entwicklung ihrer Gemeinde mitentscheiden. Insgesamt 20 700 Stimmberechtigte aus sechs Kirchengemeinden haben im Landkreis die Briefwahlunterlagen erhalten.

Wahlberechtigt sind alle als evangelisch gemeldeten Gemeindemitglieder ab 14 Jahren, sofern sie konfirmiert und seit mindestens drei Monaten in der jeweiligen Gemeinde wohnhaft sind. Für die Kornelius-Kirchengemeinde in Karlsfeld sind das etwa 2400 Wahlberechtigte. In der Dachauer Gnadenkirche sind es gut 2380 Stimmberechtigte und in der Friedenskirche sogarmehr als 5800 potenzielle Wähler. Für die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Kemmoden in Petershausen, kommen noch einmal etwa 3000 wahlberechtigte Gemeindemitglieder hinzu.

Wie viele Kirchenvorstände im Landkreis dieses Jahr gewählt werden, richtet sich nach der jeweiligen Größe der Gemeinde. In Karlsfeld werden dieses Jahr acht Vorstandsmitglieder gewählt und zwei zusätzlich berufen. Bei kleineren Einheiten mit bis zu 2000 Gemeindemitgliedern, sind es nur sechs Vorstände. Die berufenen Vorstandsmitglieder sind meist Fachleute, die Expertenaufgaben übernehmen können. Da in Karlsfeld von 2019 an ein neues Pfarrhaus gebaut wird, könnte die Gemeinde in dieser Amtszeit beispielsweise mehr Vorstände aus dem Bauwesen und der Bauplanung gebrauchen.

"Wahlvoraussetzung ist, dass es für jeden Platz eine Alternative gibt", erklärt Eckhart Moj von der Kornelius Kirchengemeinde. So stellen sich in Karlsfeld 16 Kandidaten aus ganz verschiedenen Bereichen für die acht Plätze zur Wahl. Vorausgesetzt ist lediglich der evangelische Glaube und hoch motiviert sollten die Kandidaten auch sein. In diesem Jahr stellen sich Ingenieure, eine Gärtnermeisterin, eine Lehrerin, eine Krankenschwester und auch etliche engagierte Ruheständler zur Wahl. Manche von ihnen treten mit bis zu 20-jähriger Erfahrung und ihrem Engagement in den Senioren- und Jugendgruppen der Gemeinde an. Andere möchten Projekte wie die Partnerschaft der Karlsfelder Gemeinde mit Tansania stärker fördern und sich für eine lebendige Kirchengemeinde einsetzen, die auch die junge Generation umfasst. Die Hälfte der Kandidaten gewinnt, und die Ungewählten verlieren nicht, denn alle, die sich zur Wahl stellten erhalten einen Platz in den erweiterten Kirchenvorständen und werden zu sämtlichen Sitzungen eingeladen. Sie haben jedoch kein Stimmrecht wie die acht gewählten und zwei berufenen Vorstände sowie die Pfarrerinnen und Pfarrer, die den Kirchenvorstand vollzählig ergänzen. Moj sieht hier den Vorteil eines breiteren Gremiums, das die Diskussion anregt und in dem auch potenzielle Nachrücker sitzen.

"Die Kirche ist in gewisser Weise nichts anderes als eine Firma, die verwaltet werden muss", sagt Moj ganz salopp. Deswegen werden die Kirchenvorstände auch mit Aufgaben, ähnlich denen eines politischen Gremiums, betraut. Denn für die Entwicklung der Kirchgemeinden muss auch Geld eingenommen, sinnvoll verteilt und Gebäude instandgehalten werden. Die Vorstände tragen die Verantwortung für alle Gemeindeimmobilien, verwalten das Vermögen, erstellen den Haushaltsplan und sind natürlich für den äußeren Rahmen der Gottesdienste verantwortlich. Hingegen arbeiten die Mitarbeiter der Gemeinden meist ehrenamtlich. Doch auch hier kann ausreichend Personal fehlen, was die Kirchenvorstände durch den Gewinn und die Motivation weiterer Ehrenamtlicher verhindern sollen.

Um die gläubigen Wähler trotz der Aufforderung im Briefkasten noch einmal daran zu erinnern, dass sich gar nichts ändert, wenn man nicht wählen geht, hat die Gnadenkirche gemeinsam mit der Dachauer Friedenskirche ihren letzten Gemeindebrief dem Thema "Aufkreuzen" gewidmet. "Im aktuellen Heft beschäftigen wir uns mit dem Thema Wahl allgemein und erinnern daran, welch hohes demokratisches Gut uns die Möglichkeit zu wählen in unserer Gesellschaft ermöglicht", sagt Markert.

Einen der größten Unterschiede bei der politischen und der Kirchenwahl sieht der Karlsfelder Eckhart Moj beim fehlenden Wahlkampf. Das fordernde Ehrenamt "verbrauche" sich nach einigen Amtszeiten. "Ein Kirchenvorstand wird nicht gewählt, weil er wie bei politischen Wahlkämpfen mit den herrschenden Verhältnissen unzufrieden ist und jemanden angreift, sondern weil jemand einfach dran ist", stellt Moj fest.

© SZ vom 16.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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