Wachstum in der Region:Spitzenlandkreis

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Im Vergleich mit der gesamten Region München wächst Dachau am stärksten und wird diese Position noch die nächsten zehn Jahre halten. Aber die Probleme vor allem in der Infrastruktur werden ebenfalls größer

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Der Landkreis Dachau ist der am stärksten wachsende in der gesamten Region München - mit einem Plus an Arbeitsplätzen von 38,5 Prozent innerhalb von zehn Jahren und einer Zunahme der Bevölkerung um 11,2 Prozent zwischen den Jahren 2005 und 2015. Die Abiturientenquote nähert sie dem Durchschnittswert von 35,8 Prozent in der Region an. Sie liegt jetzt bei 28 Prozent. Und für alle diese aktuellen Dachauer Daten des Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum München gilt: Tendenz steigend. In den nächsten zehn Jahren rechnet er mit einer Zunahme der Bevölkerung um weitere 17,2 Prozent als Spitzenwert in der Region.

Landrat Stefan Löwl (CSU) zeigt sich von diesen Zahlen nicht überrascht. In den gemeinsamen Arbeitskreisen und Konferenzen von Region und Landeshauptstadt München würden sie bereits auf die Folgerungen hin diskutiert. Was soll, muss geschehen? Kann diese Entwicklung so weitergehen? Ist sie überhaupt noch steuerbar? In diesem Zusammenhang ist eine Erkenntnis des Planungsverbandes von entscheidender Bedeutung: Bezogen auf den Bau bezahlbarer Wohnungen gehört der Ballungsraum - und damit auch Dachau - zu den strukturschwachen in ganz Bayern. Denn es müssten 20 000 Wohnungen pro Jahr gebaut werden. Aktuell sind es 12 000 jährlich. Dabei darf sich der Landkreis als Spitzenreiter fühlen: Immerhin wurden im Jahr 2015 6,8 Wohnungen pro 1000 Einwohner errichtet. Der Durchschnitt liegt bei 4,4 Wohnungen. Dieser sanfte Bauboom reicht bei weitem nicht aus. Denn es wandern bereits Familien ab. Es sind die so genannten Normalverdiener. Finanzbeamte sind darunter oder Pflegekräfte. Wichtige Vereine spüren den Abwärtstrend, wenn ihnen beispielsweise der Schatzmeister ersatzlos abhanden kommt.

Christian Breu ist Geschäftsführer sowohl des Regionalen Planungsverbands München als auch des Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum. Er kennt beide Perspektiven, die des Zentrums und des Umlands. In der politischen Diskussion über die Entwicklung des gesamten Freistaats plädiert er für "polyzentrale Entwicklung" in Bayern. Es müsse gelingen, den Ballungsraum und besonders München zu entlasten, sagt er. Aber diese langfristige Strategie müsse durch Maßnahmen ergänzt werden, welche die Entwicklung in der Region verbessern helfen.

In der Stadt Dachau ist eine Debatte über ein Ende des Wachstums entbrannt. Christian Breu setzt dagegen auf ein "moderates". Er sagt: "Ich bin kein Wachstumsskeptiker." Man müsse auch die Vorteile sehen, wie die geringe Arbeitslosigkeit und die soziale Absicherung vieler Menschen. Das Problem sei "die Gleichzeitigkeit gegenläufiger Tendenzen". So steige die Zahl der Arbeitsplätze, aber der Bau von Wohnungen halte nicht mit.

Noch vor ungefähr zehn Jahren enthielt der bayerische Landesentwicklungsplan, der gerade neu aufgestellt wird, ein "Harmonisierungsgebot". Damit ist gemeint, dass eine Kommune nur Flächen für Arbeitsplätze schaffen darf, wenn sie in Relation dazu ausreichend Flächen für Wohnungen anbietet. Der umgekehrte Fall müsste genau so gelten. Breu hält es für erwägenswert, dieses Gebot für Ballungsräume wieder einzuführen. Im Dachauer Landrat hat er einen Befürworter. Löwl berichtet, dass er einen ähnlichen Vorschlag erst kürzlich in einer Wohnungsbaukonferenz von München und der Region eingebracht habe. Es sei eine Arbeitsgruppe unter seiner Leitung gegründet worden, die prüfen soll, wie ein solches Gebot praktisch möglich wird und juristisch abgesichert werden kann. Im Ballungsraum gebe es Kommunen, die beispielsweise enorme Erlöse aus der Gewerbesteuer erzielten, während sich andere Orte zu Wohnquartieren mit steigenden Kosten in der Infrastruktur (Kindergärten, Schulen) entwickelten.

Löwls zentrale Frage lautet: "Wie ist ein Ausgleich möglich?" Seine Arbeitsgruppe wolle dieses Problem am Beispiel Petershausen ausloten. Die Gemeinde muss als Endstation der S 2 ständig Park-and-Ride-Plätze errichten. Aber es profitieren vor allem die Landkreise Pfaffenhofen oder Freising. Jetzt müsse geklärt werden, ob eine Kommune der anderen Geld geben darf? Grundsätzlich eher nicht.

© SZ vom 31.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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