Vorlesen:Wie man Geschichten Leben einhaucht

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Für Taha Atabey geht es nun weiter zum Bezirksentscheid. (Foto: Toni Heigl)

Der elfjährige Taha Atabey gewinnt den regionalen Vorlesewettbewerb in der Gemeindebücherei Markt Indersdorf

Von Stephanie Noll, Markt Indersdorf

Nebelhexen und Gespenster, Konfettiwolken, Pumas, Geysire und das tosende Meer - eine solche Vielfalt an Geschöpfen, Orten und fantastischen Begebenheiten ist beim Regionalentscheid des Vorlesewettbewerbs zu erleben, der am Mittwoch in der Gemeindebücherei Markt Indersdorf stattgefunden hat. Taha Atabey vom Ignaz-Taschner-Gymnasium in Dachau überzeugte die Jury am Ende am meisten mit seinen Vorlesequalitäten.

Der Elfjährige liest aus dem Buch "Ruf der Tiefe" von Katja Brandis und Hans-Peter Ziemek flüssig und selbstsicher vor und zieht mit der Lebhaftigkeit in seiner Stimme sowohl die Jury als auch das aus Kindern und Eltern bestehende Publikum in den Bann. Und das, obwohl er gleich als erster an der Reihe ist; die Kinder werden nämlich alphabetisch aufgerufen. Bei einigen der 13 Teilnehmer ist vor Beginn die Aufregung spürbar, sie wackeln ungeduldig auf den Stühlen herum oder stellen noch letzte Fragen zum Ablauf. Auch einige Eltern scheinen davon etwas angesteckt zu sein. Claudia Schmeller, Leiterin der Gemeindebücherei, versucht sie zu beruhigen: "Keiner muss nervös sein. Ihr seid doch schon alle Gewinner." Denn nur wer sich bereits an seiner jeweiligen Schule im Landkreis Dachau durchgesetzt hat, ist auch für den Regionalentscheid qualifiziert. Vertreten sind Schüler der sechsten Klasse der Gymnasien, Realschulen und Mittelschulen im Landkreis.

Die vier Jungen und neun Mädchen lesen etwa drei bis vier Minuten aus einem Buch ihrer Wahl, nach vier Teilnehmern ist jeweils eine kurze Pause. Als alle aus ihren Büchern vorgelesen haben, wird es spannend. Während die weibliche Jury, bestehend aus der ehemaligen Büchereileiterin Gabriele Koch, Claudia Schmeller, und den Büchereimitarbeiterinnen Nadja Böller und Miriam Bieringer sich berät, können die Eltern und Kinder sich mit Getränken und Snacks stärken.

Danach steht die Entscheidung, wer in der finalen Runde noch mal antreten darf, um einen von der Jury ausgewählten Fremdtext vorzulesen. Noah Blaumoser (Realschule Markt Indersdorf), Pauline Hauser (Realschule Weichs), Milena Ostermair (Mittelschule Altomünster) und Marie Riedlberger (Realschule Odelzhausen) machen es unter sich aus, wer zum anschließenden Bezirksentscheid fährt. Vorher erhalten aber noch alle 13 Teilnehmer eine Urkunde, einen Gutschein und das Buch "Feo und die Wölfe" von Katherine Rundell. Auch Inderdorfs Bürgermeister Franz Obesser (CSU) ist zur Siegerehrung erschienen.

Als die anderen acht Teilnehmer den Raum verlassen haben, wird es für die fünf Finalisten noch mal ernst. Ihre Aufgabe lautet, ein von der Jury ausgewähltes Stück aus dem Kinderbuchklassiker "Momo" von Michael Ende vorzutragen. Wieder ist Taha als erster an der Reihe, die anderen warten in der Zeit draußen, damit niemand einen Vorteil hat. Auch diesen, ihm unbekannten Text liest Taha fast genauso sicher und richtig betont wie den von ihm selbstausgewählten Part in der ersten Runde. Die anderen vier Kinder folgen danach, auch sie meistern ihre Sache gut.

Wieder muss die Jury eine Entscheidung treffen, die diesmal etwas länger dauert. Pauline meint in der Wartezeit, dass sie beim zweiten Mal Vorlesen weniger nervös gewesen sei, als in der ersten Runde: "Denn da wusste ich ja schon mehr, was auf mich zukommt."

Als alle Kinder und Eltern wieder in den Raum gerufen werden, gibt Claudia Schmeller zu: "Die Entscheidung ist uns wirklich nicht leicht gefallen." Aber obwohl alle Kinder ihr Bestes gezeigt haben, muss es am Ende einen Gewinner geben. Taha selbst hat allerdings nicht unbedingt damit gerechnet, dass ausgerechnet er das sein würde: "Ich dachte eher, dass ich Dritter werde." Für ihn geht es nun weiter zum Bezirksentscheid.

An den regionalen Entscheiden der Städte und Landkreise beteiligen sich bundesweit etwa 7000 Schülerinnen und Schüler der sechsten Klassen. Der Vorlesewettbewerb wurde 1959 ins Leben gerufen, wird vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels Stiftung veranstaltet und steht unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten. Er ist einer der größten Schülerwettbewerbe in Deutschland.

© SZ vom 23.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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