Virtuoser Blues:Der Saitenkünstler

Lesezeit: 3 min

Ins virtuose Gitarrenspiel versunken: Demian Dominguez wird von Beto Garcia am Schlagzeug und Edgar Garcia am Bass begleitet. (Foto: Toni Heigl)

Mal streichelt er seine Gitarre, schüttelt sie oder prügelt auf sie ein: Demian Dominguez begeistert in der Kulturschranne. Das Publikum schaut gebannt auf die Finger des Argentiniers, der hervorragend mit seiner Band harmoniert

Von Thomas Altvater, Dachau

Wer mit dem Auto von Barcelona nach Dachau fahren möchte, der muss erst einmal Frankreich durchqueren, danach die Schweiz und Österreich. Gut 13 Stunden ist man unterwegs und legt dabei mehr als 1300 Kilometer zurück. Auf einer Strecke, die nun auch der Demian Band bekannt sein dürfte. Nach ihrer langen Anreise spielten sie jetzt in der gut gefüllten Dachauer Kulturschranne groß auf. Dort begeisterten die drei Blues-Musiker das Publikum, mit ihrer Virtuosität, einem druckvollen, energetischen Sound und eingängigen Melodien.

Unter den 200 besten Gitarristen der Welt

Demian Dominguez, ein mittelgroßer Mann argentinischer Herkunft, tätowiert, mit langem Bart, ist seit vielen Jahren ein fester Bestandteil der weltweiten Blues-Szene. Experten zählen ihn zu den besten 200 Gitarristen der Welt. Im vergangenen Jahr erschien sein neuer Song "Come To Get It", aktuell ist er mit seiner Band auf einer Europa-Tournee. Seine Alben "Devil By My Side" und "Tattoo d'Fish" erreichten Spitzenplätze in den amerikanischen Blues-Charts. Von 2012 an ist Dominguez nun mit seiner dreiköpfigen Demian Band unterwegs. Am Bass begleitet den Gitarristen Edgar Garcia, am Schlagzeug Beto Garcia. Edgar Garcia war es auch, der den Abend in der Kulturschranne begann. Nicht am Bass, sondern nur mit einer Gitarre und seiner Stimme. In den rund 20 Minuten konnte der Musiker das Publikum bereits früh überzeugen. Garcia verstand es hervorragend, den bluesigen Sound, der so weitläufig und wenig punktiert ist, mit seiner mal sanften und mal rauen Stimme zu kombinieren. Ein gelungener Einstieg.

Als dann Dominguez mit seiner Band die Bühne betrat, war schnell klar, dass der klassische Blues-Sound, wie man ihn von John Lee Hooker oder Muddy Waters kennt, hier nicht im Vordergrund stehen würde. Der Blues stammt vor allem aus den Südstaaten Amerikas, wo er Anfang der Zwanziger Jahre von afroamerikanischen Arbeitern gesungen wurde. Sie besangen hauptsächlich die Diskriminierung, Arbeitslosigkeit, Hunger und die Liebe. Das prägte den Blues, traurige und melancholische Rhythmen sind typisch. Dominguez scheint den Blues jedoch anders zu interpretieren, in eine eher rockigere Richtung. Wäre der Blues eine bestimmte Art des Gehens, dann am ehesten ein langsames, verträumtes Dahin-Schlurfen. Diesen charakteristischen Sound hat auch die Demian Band nicht ganz verloren. Dennoch präsentieren sie ihre Songs sehr druckvoll und energetisch. Aus dem Dahin-Schlurfen macht die Band ein schnelles Gehen, fast schon ein Laufen.

Publikum sieht ungläubig zu

Dabei stellt Dominguez immer wieder unter Beweis, wie virtuos er mit seiner Gitarre umgehen kann. Es scheint, als könne er aus allen Bewegungen Töne erzeugen. Mal streichelt er seine Gitarre, mal schüttelt er sie, mal prügelt er auf sie ein. Das Publikum hat sichtbar Mühe, dem Musiker zu folgen. Und doch schaut es gebannt, teilweise ungläubig, auf die Finger des Argentiniers. Mit seiner Band harmoniert der Ausnahmekünstler hervorragend. Setzt Dominguez zu einem seiner vielen Solos an, stellt sich die Band dezent in den Hintergrund. Bei ruhigeren Stücken zeigen Beto Garcia am Schlagzeug und Edgar Garcia am Bass, dass auch sie begnadete und leidenschaftliche Musiker sind. Das groovige Bassspiel Garcias und der intensive Sound des Schlagzeugs ergänzen Dominguez perfekt.

Zudem spielt Dominguez mit seiner rauchigen, rauen Stimme, die eigentlich so gar nicht zur Blues-Musik passt. Er variiert Tempo und Lautstärke in seinen Liedern, ruhigere Momente gibt es kaum. Zu intensiv ist der Klang der Band. Und doch, als die Band John Lennons Hit "Imagine" anspielt, gibt es wenige Minuten des Innehaltens und Durchatmens. Dominguez gelingt es immer und immer wieder, das Publikum abzuholen und mitzunehmen. Seine Augen liegen im Schatten seiner breiten Hutkrempe, die er sich tief ins Gesicht gezogen hat. Darunter blickt er erwartungsvoll in das Publikum, das seine Aufforderungen jedes Mal auf Anhieb versteht und sofort begeistert mit klatscht.

Den Refrain zu "Baby, Please Don't Let Me Go" singen die Besucher dann zusammen mit der Band. Wobei das wohl angesichts des Textes als Aufforderung verstanden werden darf: Die Band solle so schnell nicht mehr die Bühne verlassen. Allein die Tische und Stühle in der Dachauer Kulturschranne waren es, die den Abend ein wenig störten, weil sie das Publikum sichtbar am Aufstehen und Tanzen hemmten. Denn das wäre vermutlich der beste Weg gewesen, um der Darbietung der Band gerecht zu werden.

© SZ vom 05.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: