Vietnamesische Instrumente:Klangsteine und Walnussschalen

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Askold zur Eck mit Horn. (Foto: Toni Heigl)

Askold zur Eck führt die Vielfalt vietnamesischer Instrumente vor

Von Dorothea Friedrich, Dachau

Askold zur Eck ist ein "Weltmusiker" der besonderen Art: Rund 4500 Instrumente aus buchstäblich aller Welt - von der handlichen Maultrommel in etlichen Variationen bis zu Riesentrumms von Klangkörpern mit unaussprechlichen Namen - hat er in seinem Musikinstrumenten-Museum der Völker im österreichischen Sankt Gilgen gesammelt. Etliche davon spielt zur Eck geradezu meisterhaft - wie er am Mittwoch im Pfarrheim der Pfarrei von Heilig Kreuz gekonnt demonstrierte. "Unerhört hörbar" hat er diesen Nachmittag genannt.

Eingeladen hatten ihn der immer neugierige Damentreff "Kreuz und Quer" sowie das Dachauer Forum. Männer waren übrigens zu dieser Erkundungsreise in musikalische Welten ausdrücklich zugelassen. Anders als bei seinem ersten Besuch in Dachau vor zwei Jahren hatte zur Eck sich dieses Mal auf traditionelle vietnamesische Instrumente beschränkt. Denn er wollte dieses südostasiatische Land hörbar und sehbar machen - letzteres mit vielen Bildern und Filmschnipseln. Wenn er reise, wolle er in die Seele eines Landes eintauchen, sagte er. Die findet er - für ihn selbstverständlich - in der Musik, weshalb sein vietnamesisches Elysium in einem kleinen Musikinstrumentenladen in Hanoi beheimatet ist. "Ein Durcheinander, überall ist alles. Und selbst am Boden: die wundervollsten Schätze. Man könnte geneigt sein, diese Örtlichkeit mit Chaos zu betiteln, aber für mich ist nur eines: das Paradies", sagte er. Der Weg in den Winzling von Laden war für den Alleinreisenden voller Irrungen und Wirrungen im Großstadtgewühl. Das erzählte zur Eck so anschaulich, so mit feinem Humor gewürzt, dass seine Bilder fast zur Nebensache wurden.

Wie aber spielt man diese Instrumente, von denen zur Eck mit einer solchen Begeisterung erzählte, als hätte er sie gerade eben erfunden? Zum Beispiel die K'ny? Ein Bambusrohr, eine Stahlsaite, "kein Pferdehaar, weil es in Vietnam keine Pferde gibt", respektive früher gab. Am Bambusrohr ist ein langer dünner Faden befestigt, an dem ein Plastikteil hängt. Dazu ein Bogen. Das ist alles. Das Plastikteil wird im Mund platziert, das Instrument auf den Knien. Damit werde der Mund zum Resonanzkörper, sagte zur Eck. "Eine Melodie kommt aus dem Mund, eine spiele ich mit meinen Händen. Das klingt total bescheuert, es sieht auch so aus." Er legte los - und gefühlte 30 Sekunden später hatte er seine faszinierten Zuhörer auf ein Dorffest irgendwo in Vietnam gebeamt. Sehr viel handlicher - und seine ständige Begleiterin - ist eine Maultrommel. Dem Anlass zu Ehren war es eine vietnamesische Version, die eher einer Nagelfeile ähnelt als dem fast überall verbreiteten Instrument - und schöne fernöstliche Töne produziert.

Nicht gerade transportgeeignet ist dagegen ein Lithophon - schwere Klangsteine, die es aus nachvollziehbaren Gründen nur in der Fotoversion zu sehen gab. Denn zur Eck hatte es in Vietnam zu den Ursprungsorten der traditionellen Instrumente gezogen, auch in Regionen, die nicht immer auf der üblichen Touristenroute liegen, die aber wegen ihrer lebendigen musikalischen Traditionen für ihn echte Sehnsuchtsorte waren. So ließ sich an diesem Nachmittag auch ein Khen bewundern, ein ungefähr ein Meter langes Blasinstrument, das früher ausschließlich aus dem Holz einer lokalen Zypressenart und aus Bambus gefertigt wurde. Es wird immer noch bei Festen und Beerdigungen der Volksgruppe der Mong gespielt; für sie ist das Khen der Faden, der das Leben mit der Welt der Götter und Geister verbindet. Aus Walnussschalen lassen sich bekanntlich hübsche kleine Schiffchen basteln. Aber ein Musikinstrument? Geht wunderbar: Zwischen die Schalenhälften klemmt der Könner einen Faden, befestigt das Ganze auf einem Holzbrettchen, zieht bedachtsam am Faden - und hört den Wind ums Haus pfeifen, sei es in Vietnam oder in Dachau. Es ist diese wunderbare, wundersame Macht der Töne, der sich zur Eck mit ganzem Herzen und echter Meisterschaft hingibt - und die ihn und seine Leidenschaft zum Faszinosum machen. Denn dieser Weltmusiker verzichtet auf jedes dozierende Gehabe, sondern teilt sich mit - mit Worten, mit Musik und mit vielen Bildern.

© SZ vom 16.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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