Verkehrspolitik:Stadt-Land-Konflikt

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Der Röhrmooser Bürgermeister Kugler (CSU) fordert die Nord-Ost-Umfahrung für Dachau. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bergkirchen, Hebersthausen und Röhrmoos ärgern sich über den Lärmaktionsplan der Stadt Dachau, insbesondere über ein Lkw-Verbot zu ihren Lasten. Bürgermeister Kugler spricht von einer "unseriösen Kommunalpolitik"

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Die Stadt Dachau möchte den Lärm minimieren und verschreckt mit ihren Plänen die umliegenden Gemeinden. Nachdem bereits Bergkirchen und Hebertshausen sich gegen die Idee verwahrt haben, den Verkehr in die Stadt teilweise zu blockieren und umzuleiten, hat nun Röhrmoos nachgezogen. Bürgermeister Dieter Kugler (CSU) attackiert den gesamten Stadtrat wegen einer seiner Ansicht nach stillosen Vorgehensweise: "Die Stadt Dachau macht Sachen, die nicht zu einer seriösen Kommunalpolitik gehören." Der Dachauer Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) ist erstaunt: "Warum", fragt er, "redet Bürgermeister Kugler nicht gleich direkt mit mir?"

Verkehrsgutachten haben ergeben, dass der sogenannte innerstädtische Ziel- und Quellverkehr in Dachau eines der Hauptprobleme ist. Im Verkehrsausschuss haben die Stadträte mehrheitlich einem "Lärmaktionsplan" zugestimmt. Er sieht im Kern Tempolimits an neuralgischen Punkten wie der Mittermayerstraße vor. Der Stadtrat möchte "ruhige Gebiete" mit einem besonderen Lärmschutz ausweisen. Außerdem sollen Fahrbahnbeläge durch Flüsterasphalt ersetzt werden.

Darüberhinaus soll ein Durchfahrverbot für Lastwagen eingeführt werden. Fahrer von Autos mit mehr als 3,5 Tonnen, die von Hebertshausen kommen, sollen nicht über die Freisinger Straße weiter Richtung Stadt, sondern über die Alte Römerstraße durchs Gewerbegebiet geleitet werden. Auch von der Brucker Straße in Mitterndorf sollen Lkws fern gehalten werden. Sie sollen die B 471 nach Möglichkeit erst gar nicht verlassen und die Stadt südlich umfahren. Gegen dieses Verbot stimmte die CSU-Fraktion mit dem parteilosen Stadtrat Wolfgang Moll. Den Aktionsplan kann der Stadtrat nicht allein beschließen. Er muss wie auch bei einem Bebauungsplan üblich, die maßgeblichen Behörden und eventuell betroffenen Gemeinden anhören. In diesem Fall sind es Bergkirchen, Hebertshausen und Röhrmoos.

Deren Votum ist eindeutig: Nicht mit uns und nicht auf unsere Kosten. "Es geht nicht, dass nur einer einen Vorteil hat, während die anderen alle Nachteile schlucken", sagte Bergkirchens Bürgermeister Simon Landmann (CSU). Gegen die in der Stadt geplanten "ruhigen Gebiete" gibt es keine Bedenken. Massiver Widerstand regt sich aber gegen ein Lkw-Durchfahrtsverbot, das im Westen für die Brucker Straße von Bergkirchen her gelten soll. Landmann und der Gemeinderat befürchten, dass mehr Lkw-Schleichverkehr durch ihre Ortsteile und Dörfer entstünde. Für Dachau bringe der Lärmaktionsplan nicht viel: "Das wird nicht funktionieren, auch in der Stadt braucht man Anlieferverkehr."

Auch Hebertshausens Bürgermeister Richard Reischl (CSU) ist skeptisch: "Das Konzept dient eher dazu, den Bürgern das Gefühl zu geben, dass die Stadtverwaltung etwas für sie tut." Aber die wenigsten Lastwagen würden als Durchgangsverkehr die Stadt nur durchqueren. "Dass die vorgeschlagenen Maßnahmen wirkungsvoll sind, bezweifle ich." Hebertshausen stimmte dem Aktionsplan unter der Bedingung zu, dass die Maßnahmen sich nicht negativ auf das Gemeindegebiet auswirken.

Der Röhrmooser Bürgermeister Dieter Kugler (CSU) warnt vor einem Durchfahrtsverbot. Soweit die Lastwagen aus Markt Indersdorf und damit auch aus der Augsburger Richtung kommen, würden sie Dachau in einem solchen Fall bereits weitläufig über Röhrmoos umfahren. Vor allem der schon stark belastetet Ortsteil Großinzemoos an der Kreisstraße DAH 3 müsste dann noch mehr Verkehr erdulden.

Kugler und der gesamte Gemeinderat halten die Dachauer Pläne für unausgegoren und unvollständig: "Es geht aus ihnen nicht hervor, inwieweit die Durchfahrtsverbote für Lkws auf die umliegenden Gemeinden auswirken." Der Röhrmooser Bürgermeister moniert weiter, dass die Stadtverwaltung sich mit einem Konzept an ihn gewendet hat, das eventuelle Folgen weder eruiert noch berücksichtigt. Eine solch unseriöse Vorgehensweise mache ihn fassungslos, sagte Kugler. Er hätte sich folgende Vorgehensweise gewünscht: Zuerst kontaktiert die Stadtspitze die Bürgermeister und informiert über die Absichten. Dann wird ein Vorschlag unterbreitet, der nicht auf Mutmaßungen angewiesen ist, sondern auf Fakten basiert. "Dachau macht den dritten Schritt vor dem ersten." Kugler fordert den Stadtrat auf, zuerst die Nord-Ostumfahrung zu planen und zu bauen. Und dann könne man mit ihm oder den Umlandgemeinden über weitere Maßnahmen verhandeln. Zurückhaltender, aber in der Angelegenheit nicht minder deutlich, fordert Bergkirchens Bürgermeister Simon Landmann (CSU) Dachau auf, von einer "Insellösung" abzusehen und sich in das landkreisweite Projekt eines Gesamtverkehrsplans einzubinden.

Allerdings hat der Stadtrat den Bau einer Nord-Ostumfahrung ausdrücklich nicht in den Lärmaktionsplan aufgenommen. Nach den Ergebnissen eines innerstädtischen Lärmgutachtens würde eine solche Umfahrung über Pellheim nach Dachau Ost und weiter zur B 471 den innerstädtischen Lärm nur marginal reduzieren helfen. Dachaus Oberbürgermeister Hartmann hält das Verfahren zum Lärmaktionsplan für eine "ganz normale Vorgehensweise". "Sämtliche Einwände werden geprüft. Wenn weitere Nachforschungen tatsächlich notwendig werden, werden sie auch gemacht."

© SZ vom 21.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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