Vereinsende:Matt gesetzt

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Der Schachclub Karlsfeld wird 70 Jahre alt - und löst sich auf. Zuletzt spielten nur noch zwei Herren gegeneinander

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Von den Gründern, die 1949 den Schachclub Karlsfeld ins Leben riefen, lebt heute keiner mehr. (Foto: Privat)

Der 70. Geburtstag, ein rauschendes Fest. Aber zugleich auch die Abschiedsparty. Manfred Bürger ist traurig. Zwölf Jahre lang hat er den Schachclub Karlsfeld geleitet, zuvor war er bereits 20 Jahre lang stellvertretender Vorsitzender. Doch jetzt ist Schluss. "Ich wickele den Verein nur noch ab", sagt er geknickt. All die spannenden Partien, die er mit seinen Vereinskameraden ausgefochten hat, sind nur noch Erinnerungen. "Zum Schluss ist fast keiner mehr gekommen", klagt Bürger. "Da hat es keinen Sinn mehr gemacht, weiterzumachen."

Am meisten demütigt die letzten verbliebenen Schachspieler, dass die Gemeinde trotz Einladung weder vom Abschied, noch vom 70-jährigen Bestehen des Vereins Notiz genommen hat. "Es kam kein Gruß, kein Glückwunsch - nichts. Nur eine Absage des Bürgermeisters", sagt der Vorsitzende. Er ist etwas verärgert.

Schon im Herbst hatte sich das Ende des Vereins angekündigt. Donnerstagabends, wenn es bislang immer hieß "weiß beginnt", kamen nur noch zwei ältere Herren, um gegeneinander anzutreten. Die über 80-Jährigen hatten sich nach und nach zurückgezogen. Jüngere kamen nicht. Alle Bemühungen, den Nachwuchs zu motivieren, sind missglückt. "Wir haben 350 Zettel an die Haushalte verteilt", sagt Bürger. Und das nicht nur einmal. Im Internet habe man Werbung gemacht, sogar beim Ferienprogramm Mini-Karlsfeld waren die Schachbegeisterten, um den Kindern den Spaß am schwarz-weißen Brett zu vermitteln sowie logische Spielzüge beizubringen. Es ist nicht so, dass die Kinder all das nicht interessiert hätte. Aber die Möglichkeiten, sie zu fördern, waren im Schachclub Karlsfeld begrenzt. "Wir hatten keinen ausgebildeten Schachlehrer mehr", sagt Bürger. "Früher hatten wir einen Gymnasiallehrer, der die Jugend groß gezogen hat. Wir hatten auch richtig starke Spieler, aber die sind abgewandert", sagt der Vorsitzende. Er klingt traurig. Und die über 70-Jährigen wollen sich nicht mehr als Lehrer ausbilden lassen.

Vor etwa 15 Jahren erlebte der Verein eine kleine Blütezeit - damals hatte er 30 Mitglieder. Nun gab es nicht mehr genügend Spieler für Turniere. (Foto: oh)

Vor etwa zwölf oder 15 Jahren war die Blütezeit des Vereins. Da hatte er die meisten Mitglieder, etwa 30. Und donnerstags saßen zehn oder zwölf Spieler abends im Konferenzraum des Bürgerhauses und brüteten über einer Partie. Daran erinnert sich Bürger gerne. "Zu Hause spielt man ja immer gegen dieselben und man weiß eigentlich vorher schon, wie das Spiel ausgehen wird", sagt er. Im Schachclub ist das anders. Da warten noch echte Herausforderungen. Andere Spieler, neue Strategien. "Das macht mehr Spaß", schwärmt der Karlsfelder. In den besten Zeiten spielten die Schachfreunde nach ihren Partien zur Entspannung noch ein paar Runden Schafkopf. "Aber eine Schafkopfrunde bekommen wir auch nicht mehr zusammen", so Bürger.

Ziel des Vereins war es immer bei den Münchner Meisterschaften eine Mannschaft zu stellen. Doch dafür braucht man acht Spieler und die bekommt der Club seit einiger Zeit nicht mehr zusammen. "Voriges Jahr haben wir mit sechs gespielt. Da mussten wir eine Strafe an den Bezirksverband zahlen, weil wir zu wenige waren. Das können wir nicht jedes Jahr machen", sagt Bürger. Dabei hat der Verein durchaus seine Erfolge gehabt. Ein Highlight war es, als die Karlsfelder in die A-Klasse aufstiegen, aber das ist schon eine ganze Weile her. Zuletzt spielten sie in der B-Klasse.

Von den Gründern lebt keiner mehr. Aber von denen, die jetzt das Ende mitfeierten, waren ein paar dabei, die Anfang der Fünfziger eingetreten sind. "Es ist schade, dass wir es nicht geschafft haben in einer 23 000-Einwohner-Gemeinde einen Schachclub am Leben zu erhalten", so Bürger. Der Konkurrenzverein in Dachau hat 90 Mitglieder.

© SZ vom 03.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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