Verein stellt Pläne vor:Ein Zeichen für die Inklusion

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Ein Modell der geplanten Eissporthalle Dachau an der Wallbergstraße im Stadtteil Augustenfeld. Die Naturschützer halten diese Variante für die beste. Aber noch ist im Stadtrat keine Entscheidung gefallen. (Foto: Visualisierung: Ingenieurbüro Möller+Meyer Gotha GmbH)

Das Eisstadion, das der ESV Woodpeckers vorschlägt, soll Spiel- und Wettkampfort für Behindertenmannschaften aus dem ganzen Ballungsraum werden. Der Sponsor spricht von einem Imagewandel für Dachau

Von Viktoria Großmann, Dachau

Ein "Leuchtturmprojekt" für Dachau könnte es werden, ein neues Eisstadion an der Wallbergstraße in Augustenfeld. So bezeichnet es Thomas Höbel, Vorstandssprecher der Volksbank Raiffeisenbahn Dachau. Die Bank hat dem Eishockey-Verein ESV Woodpeckers eine Planungsstudie für ein neues Eisstadion finanziert. Höbel ist aber nicht nur Eishockeyfan, seine Bank nimmt sich des Projektes vor allem deshalb an, weil sie die Inklusion fördern will. Das Stadion soll vollständig behindertengerecht sein - für Besucher und für Sportler. Höbel spricht gar von einem Imagewandel für die Stadt Dachau. Schon jetzt ist Dachau der einzige Austragungsort für Sledge-Hockey-Wettkämpfe in Süddeutschland. Die neue Halle soll Trainings- und Wettkampfort für behinderte Sportler aus dem gesamten Großraum werden. Auch für den Blindenfußball soll es optimiert werden. Zudem soll es genau wie jetzt, sogar an noch mehr Tagen im Jahr, allen offen stehen, die einfach Spaß am Schlittschuhlaufen haben.

Was der ESV da in einer öffentlichen Präsentation vor dem Oberbürgermeister, Mitarbeitern des Rathauses, Stadträten und Vereinsmitgliedern in der VR-Bank vorträgt, klingt nach einer Idee, bei der alle nur gewinnen. Die Stadt könnte etwa zwei Millionen Euro sparen, weil sie als Betreiber und Bauherr der jetzt städtischen Kunsteisbahn vom ESV abgelöst würde. Der Verein bekäme einen Zuschuss vom Bayerischen Landessportverband (BLSV). Außerdem hat er den Deutschen Behindertensportverband (DBS) an seiner Seite, der zugleich das nationale Komitee der Paralympics ist. Dessen Geschäftsführer Thomas Urban arbeitet zwar in Köln, ist aber passenderweise Dachauer. Für die Winter-Paralympics 2018 konnte sich kein deutsches Eishockey-Team qualifizieren. "Uns fehlen die Trainingsorte." Der ESV-Vorschlag, sagt Urban, sei "ein Paradeprojekt für Inklusion". Joachim Kesting vom Verband Special Olympics Bayern, der geistig behinderte Sportler vertritt, spricht von "einem Glücksfall für ganz Süddeutschland". Urban hat bereits den Kontakt zu Stiftungen hergestellt, die den DBS fördern, darunter die Aktion Mensch, die bislang 1,1 Millionen Euro zugesagt hat.

Eine Halle in Augustenfeld, erklärt der Vorsitzende des ESV Stefan Steurer, würde auch dem ASV nutzen. Auf dessen Fläche steht die städtische Kunsteisbahn. Sie soll abgerissen werden, sodass an deren Stelle die neue Georg-Scherer-Halle errichtet werden kann. Die neue Kunsteisbahn soll auf einem anderen Eck des ASV entstehen. Dafür müssten nicht nur Sportflächen, sondern auch Bannwald weichen. Zudem gibt es Probleme mit dem Überschwemmungsgebiet, dass verlagert werden müsste. Am Ende geht es auf dem ASV-Gelände immer noch so eng zu, dass voraussichtlich die alte Scherer-Halle abgerissen werden muss, um ein Parkhaus zu bauen.

An der Wallbergstraße hingegen wäre laut Planungen Platz für eine einstöckige, überdachte Halle und 160 Parkplätze. Der bestehende Bolzplatz könnte neu angelegt werden. Zudem ist das Grundstück fußläufig vom Bahnhof aus zu erreichen, zwei Bushaltestellen in der Umgebung gibt es schon, nah zu den Schulen ist es auch. Da das Gebiet eher unproblematisch ist, könnte wohl auch ein Bebauungsplan schneller erstellt werden als für das durch Bannwald und Überschwemmungsfunktion eingeschränkt nutzbare ASV-Areal.

Der ESV hat sich für die Planung an ausgewiesene Experten für den Sporthallenbau gewandet. Das Büro Möller und Meyer aus dem thüringischen Gotha hat die Rennschlittenbahn Oberhof realisiert, ein Eis- und Schwimmstadion in Köln, eine Eis-Arena in Winterberg im Sauerland, ein Freizeitbad in Dingolfing. Das Stadion in Dachau soll nicht nur für den Eissport genutzt werden können. Als Multifunktionshalle soll es im Sommer etwa für Inlineskater offenstehen. Zudem könnte die Eisfläche vollkommen abgedeckt werden. Dann können andere Sportereignisse oder gar Konzerte in der Halle stattfinden. Stefan Steurer betont die energetischen Vorteile. Zum einen würde weit weniger Energie verbraucht, gleichzeitig sollen Solarpaneele auf dem nach Süden geneigten Pultdach das Haus mit Strom versorgen. Die Eislauffläche könnte von September bis April witterungsunabhängig genutzt werden und wäre einfacher zu pflegen.

Die Stadt sorgt sich um die Betriebskosten. Die sinken zwar relativ, weil das Stadion weniger Energie verbrauchen würde. Andererseits steigen sie in absoluten Zahlen, weil es an mehr Tagen geöffnet wäre. Skeptisch ist die ÜB. Franz Vieregg glaubt aus langer Erfahrung nicht an die schnelle und ungestörte Umsetzung von Plänen. Zudem erscheint es ihm ungerecht, dass die Stadt Dachau zu großen Teilen ein Stadion finanzieren soll, dass vom gesamten Umland mitgenutzt wird. Der ESV hat 230 Mitglieder, darunter drei Sledge-Hockey-Spieler. Am ersten Februarwochenende richtet er erneut bundesweite Wettkämpfe in dieser Sportart in Dachau aus.

© SZ vom 22.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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