Verbrechen im Landkreis Dachau 2019:Absurde Überfälle und ein schrecklicher Mord

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Im Landkreis Dachau ist 2019 einiges passiert: Eine 34-Jährige hat im Streit ihren Lebensgefährten erstochen, mehrere junge Männer haben sich - mit unterschiedlichem Erfolg - als Räuber versucht. Ein Überblick

Von Anna-Elisa Jakob, Dachau

Ein blutiger Mord, ein Räuber, der sich als Schwein maskiert und einer, der von Drogen benebelt dem Rapper aus einem Video nacheifert: Die Taten, die in diesem Jahr im Landkreis Dachau passierten, waren teils tragisch, teils skurril, manche auch auf erschreckende Weise komisch. In Verhandlungen rückten Motive ans Licht, die von menschlichen Abgründen und Abwegen erzählen. Eine Auswahl der Verbrechen, die den Landkreis 2019 bewegt haben.

Tödliches Familiendrama

Rund 6000 Einwohner hat Petershausen, die Glonn plätschert ruhig durch die Gemeinde, im Sommer feiert man Feste, im Winter ausgelassen Fasching. Genau zu dieser Zeit, am Faschingssamstag vorigen Jahres, erschütterte ein Doppelmord die Gemeinde: Ein Mann hat zwei Frauen mit geistiger Behinderung in seine Wohnung gelockt, sie vergewaltigt und anschließend getötet. Und nun, nur ein Jahr später, passiert in dem eigentlich friedlichen Ort erneut eine Bluttat, diesmal ein grausames Familiendrama: Eine 34-Jährige soll im Streit mit ihrem Lebensgefährten zum Küchenmesser gegriffen und diesen erstochen haben. Die Schreie im Haus der Familie alarmieren die Nachbarn, Polizei und Rettungskräfte werden gerufen. Trotz Reanimation kann der Mann nicht mehr gerettet werden. Die Kinder des Paares sind zur Tatzeit auch im Haus.

Vatermord auf Anweisung

Eine Familie aus dem Landkreis sitzt abends gemeinsam am Tisch, plötzlich schlägt der Sohn dem Vater eine 1,5 Kilogramm schwere Hantel auf den Hinterkopf. Ereignet hat sich das schon vor rund zehn Jahren, in diesem Jahr kommt der Fall vor Gericht. Die Annahme: Der damals zwölfjährige - und damit strafunmündige - Sohn hatte den eigenen Vater umbringen sollen, auf Anweisung seiner Mutter. Die Ehe steckte damals wohl in einer Krise, es ging um Streitigkeiten und Affären.

Zur Anklage kam der Fall, da der Vater, ein Polizeibeamter, einige Jahre nach dem Vorfall einen Nervenzusammenbruch hatte, und seinem Chef von dem angeblichen Mordkomplott in der Familie erzählte. Dieser meldete den Fall, der Sohn wurde einem Strafrichter vorgeführt - und schilderte detailliert, wie die Mutter ihn zur Tat angestiftet hatte. Die Ehe war damals von Streitigkeiten und Affären geplagt. Nun, vor Gericht, sagt der Sohn nicht aus, der Vater spricht von seiner Gattin als "herzensguter Frau". Sie selbst, die laut Schilderungen anderer zu Zeiten der Ehekrise sehr konkrete Pläne zur Ermordung ihres Mannes geschmiedet haben soll, sagt vor Gericht, in der Partnerschaft laufe es wieder gut. Man werde auch wieder gemeinsam in den Urlaub fahren. Das Landgericht München spricht die Angeklagte frei.

Gangsterrapper auf Abwegen

Die Pistole, die der 21-Jährige dem Mitarbeiter einer Dachauer Tankstelle an einem Abend im Dezember 2018 an den Kopf hält, ihn auffordert, die Kasse zu leeren und sich mehrere Zigarettenschachteln aus dem Regal nimmt, ist die Spielzeugpistole seines Bruders; das stellt sich später heraus. Der junge Dachauer ist vermummt, die Tankstelle ist ihm vertraut, er hat bereits mehrere Male dort eingekauft. Genau aus diesem Grund steht allerdings auch wenig später die Polizei vor der Tür seines Elternhauses, der Mitarbeiter hat den Täter an seiner Stimme erkannt. In der Verhandlung stellt sich heraus, dass es dem 21-Jährigen wohl nicht um die Beute ging, geplant hatte er die Tat auch nicht. Benebelt durch fünf Joints, die er vor dem Raub geraucht haben will, sah er sich ein Rapper-Video nach dem anderen an. Bis ihn eines besonders inspirierten - was ihn nun eine Haftstrafe von rund drei Jahren und mehrere hundert Euro kostet.

Räuber mit Schweinemaske

Schon wieder Dezember, schon wieder eine Tankstelle, doch diesmal hat der Täter wenig Ähnlichkeit mit einem Gangsterrapper, er setzt lieber auf animalische Tarnung: Sein Gesicht ist verdeckt von einer Schweinemaske. Der auf etwa 20 Jahre geschätzte Täter überfällt mit einer Pistole bewaffnet eine Tankstelle in Karlsfeld, erbeutet Bargeld und flieht damit in Richtung Dachau. Erst kurz zuvor ist eine andere Tankstelle im nahegelegenen Untermenzing überfallen worden, auch hier trägt der Täter eine Schweinemaske. Am Abend des 23. Dezember wieder ein Überfall mit vorgehaltener Pistole: Diesmal trifft es ein Schnellrestaurant in Karlsfeld, doch die Kassiererin hält die Waffe für eine Attrappe, Gäste halten den Täter bis zum Eintreffen der Polizei fest. Er ist 16 Jahre alt.

Wie Kain und Abel

Ja, dieser Fall aus dem Landkreis ähnelt durchaus der Geschichte aus dem Alten Testament - einzig die Schneeschaufel passt nicht zur Bibel. Zwei Brüder wohnen gemeinsam auf einem Hof, man streitet sich häufig, muss aber dennoch miteinander auskommen. Immer wieder gibt es heftige Streitereien, doch im Januar eskaliert eine Auseinandersetzung - und hier kommt die Schneeschaufel zum Einsatz. Einer der Brüder räumt den Hof mit dem Traktor von Schnee frei, er türmt dabei einen großen Haufen hinter dem Auto seines Bruders auf. Das lässt bei dem 60-jährigen Autobesitzer sämtliche Sicherungen durchbrennen: Er schlägt seinem Bruder mit einer Schneeschaufel so stark auf den Kopf, dass dieser eine klaffende Wunde und ein Schädelhirntrauma erleidet. Der Täter wird wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt.

Der Wiederholungstäter

Noch vor ein paar Minuten hat der 22-Jährige vor dem Richter im Dachauer Amtsgericht gestanden, er musste sich dafür verantworten, ohne gültige Fahrerlaubnis mit dem Auto unterwegs gewesen zu sein. Allerdings scheint der Prozess den jungen Hilgertshausener nicht weiter beeindruckt zu haben. Nach der Verhandlung spaziert der 22-Jährige aus dem Gerichtssaal geradewegs zu seinem Auto, nimmt auf dem Fahrersitz Platz und will den Nachhauseweg antreten. Ein Polizist, der gerade gegen den jungen Autofahrer ausgesagt hat, sieht die Szene - und nimmt ihm erneut die Autoschlüssel ab.

© SZ vom 30.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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