Unterhaltung in Dachau:Ein neues Kino am richtigen Ort

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Das Cinema Dachau zieht in den Stadtteil Augustenfeld mit mehr als 2000 Neubürgern um. Nicole und Christopher Lutz planen 600 Sitzplätze mehr als bisher und wollen ein anspruchsvolleres Programm bieten. Stadträte und Oberbürgermeister sind begeistert

Von Viktoria Großmann, Dachau

Selten erlebt man Oberbürgermeister und Stadträte in einer Bauausschusssitzung so fröhlich wie in dieser Woche: Einstimmig fassen sie einen Grundsatzbeschluss für ein Kino am Bahnhof. OB Florian Hartmann (SPD) spricht von "einem Glücksfall", "eine bestechende Idee", urteilt Volker Koch (SPD), "genau der richtige Standort für ein solches Kino, insbesondere für die Jugend", sagt Gertrud Schmidt-Podolsky (CSU). Einige Anwohner in Augustenfeld hatten sich in der Bürgerbefragung zur Entwicklung ihres Stadtviertels ein Kino am Bahnhof gewünscht.

Nicole und Christopher Lutz haben mit ihrer Idee offenbar den richtigen Nerv getroffen. Die Betreiber des Cinema Dachau im Gewerbegebiet arbeiten schon seit einigen Jahren an ihrer Idee, mit ihrem Kino noch einmal neu anzufangen. Sie wandten sich an die Wirtschaftsförderung, berieten sich mit dem Kulturamt, prüften verschiedene Standorte, etwa am Wettersteinring - das wäre zumindest für Autofahrer eine bessere Lage. "Aber wir möchten ein Kino, dass gerade für Jugendliche besser zu erreichen ist", sagt Christopher Lutz. "In Zukunft könnten viele Dachauer einfach zu Fuß ins Kino gehen", ergänzt Nicole Lutz. Und viele Landkreisbewohner müssen nur eine S-Bahn-Fahrt auf sich nehmen.

Für das Ehepaar Lutz ist es ein enormer Schritt. Die Räume an der Fraunhoferstraße sind gemietet. Nun wollen sie Bauherr und Besitzer ihres eigenen Kinos werden. "Wenn nicht jetzt, wann dann?", sagt Nicole Lutz lächelnd. Die 39-Jährige ist mit dem Kinobetrieb ihrer Eltern groß geworden und hat ihn schließlich übernommen. Ihr Mann hat neben dem Studium im Cinema gejobbt - und ist dageblieben. Heute hat das Unternehmerehepaar drei Kinder. Ihr Vater, erzählt Nicole Lutz, habe selbst einst als Vorführer in einem Kino in der Königsberger Straße angefangen. Damals, als es noch Filmrollen gab und Vorführer noch ein Beruf war. Das Cinema Dachau hat 2010 auf Digitalbetrieb umgestellt. In drei Kinos wurden die Leinwände erneuert, sodass 3-D-Filme gezeigt werden können. Daran war noch nicht zu denken, als Nicole Lutz' Vater 1982 sein erstes eigenes Kino, das Astoria, in der Dachauer Altstadt im Hörhammerstadl einrichtete. 1994 eröffnete das Cinema zunächst mit drei Sälen im Gewerbegebiet. Fünf Jahre später kamen zwei weitere dazu, und das Astoria wurde geschlossen.

Heute gefällt der zweiten Betreibergeneration hier vieles nicht mehr. Die Wände halten weder Schall noch Wärme ausreichend ab. Die Heizkosten sind hoch. Im Sommer ist es in den Sälen zu heiß. Zudem liegen zwei Kinosäle abseits in einem anderen Gebäude, über der Kfz-Zulassungsstelle. Zu erreichen sind sie über den Parkplatz. Den Weg nach Hollywood stellt man sich irgendwie anders vor.

"Früher hatten wir viel öfter Besuchergruppen aus dem Franziskuswerk", sagt Christopher Lutz. Der Aufwand, das Cinema zu besuchen, ist für Menschen mit körperlicher Behinderung sehr groß. Das neue Kino soll völlig behindertengerecht sein. Auch eine geeignete Gastronomie soll es geben. Zwar ist jetzt die Burger Bar Hi Five nebenan. Doch die Öffnungszeiten von Lokal und Kino passen so gar nicht zusammen. Für ihr eigenes Kino möchten Nicole und Christopher Lutz einen Pächter finden, der die Gastronomie dem Kinobetrieb anpasst. Das neue Kino soll statt bisher fünf Säle mit insgesamt 1000 Plätzen, künftig acht Säle mit 1 600 Plätzen haben. In einem davon kann sich Nicole Lutz ein anspruchsvolleres Kinoprogramm oder auch Liveübertragungen vorstellen, wie andere Kinos sie etwa aus der New Yorker Metropolitan Opera anbieten. Zudem träumen die beiden von einem größeren Foyer, in dem zum Beispiel Kindergeburtstage gefeiert werden können.

Die Betreiber Nicole und Christopher Lutz möchten ein eigenes Kino am Dachauer Bahnhof bauen. Mit mehr Sälen, größerem Foyer und Gastronomie. (Foto: Toni Heigl)

Inspirieren lassen haben sie sich von Besuchen bei anderen privaten Kinobetreibern in ganz Deutschland. Die Kinolandschaft sei längst nicht nur in der Hand der großen Ketten. Es gebe noch andere Einzelkämpfer, sagt Nicole Lutz zuversichtlich. Für die Planungen haben sich die beiden eine ausgewiesene Kino-Expertin gesucht: die Münchner Innenarchitektin Anne Batisweiler und ihr Team waren unter anderem für das Mathäser in München und das Cineplex Germering verantwortlich.

Man könnte sagen, Nicole und Christopher Lutz wollen zur richtigen Zeit an den richtigen Ort. In Augustenfeld wird ein neues Wohngebiet für mehr als 2000 Menschen gebaut. Gerade möchte die Stadt ihr Grundstück an der Ostseite des Bahnhofs überplanen, weil dort ein Parkhaus Platz finden soll. Nun soll daneben auf bis zu 3000 Quadratmeter Grundfläche auch das Kino entstehen. Weichen müssen dafür die Schrebergärten. Mit dem Grundsatzbeschluss von dieser Woche wird das Bauamt mit der Arbeit am Bebauungsplan für das Grundstück beginnen. Das 25-jährige Bestehen des Cinema in Dachau Ost wird die Familie Lutz noch feiern. Auf das 30. wollen sie wohl eher nicht mehr warten.

© SZ vom 27.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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