Ungewöhnliche Berufskarriere:Einsatz an der Nähmaschine

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Birgit Bergmeier-Grimm entwarf Polizeiuniformen und Sicherheitskleidung für Rettungskräfte auf der ganzen Welt - sogar ABC-Schutzanzüge. Jetzt gestaltet die Dachauer Designerin hochwertige Handtaschen aus Filz

Von Richard Möllers, Dachau

Früher hat Birgit Bergmeier-Grimm Sicherheitskleidung für Polizisten entworfen. Jetzt designt sie Taschen mit ihrem eigenen Label: "Taschen fürs Leben". Die hochwertigen Taschen aus Filz stellt sie in Handarbeit her. Dabei legt sie großen Wert darauf, das alle verwendeten Materialien ausschließlich aus Deutschland kommen. Sie wolle einen attraktiven Mix aus zeitloser, schicker und natürlicher Mode anbieten, erzählt sie. Und doch stellt sich die Frage, wie sich so ein radikaler Wechsel vollziehen kann, von der Uniform, die vor allem robust und praktisch zu sein hat, ins Fach hübscher Damenhandtaschen.

Birgit Bergmeier-Grimm schneidert mit Begeisterung ihre "Taschen fürs Leben". (Foto: Niels P. Joergensen)

Bergmeier-Grimm hatte schon immer ein Faible für Malen, Handarbeit und Natur. "Das lag einfach schon immer in meinen Genen", sagt sie. Nach ihrer Gesellenzeit bei dem traditionsreichen Münchner Unternehmen Lena Range wurde sie gefragt, ob sie einen Arbeitsmantel aus Gore-Tex für die Polizei entwickeln könne, und so landet sie nach ihrem Abschluss an der deutschen Meisterschule für Mode bei der Firma HF Sicherheitskleidung in der Nähe von Ingolstadt. Dort entwarf sie als freiberufliche Mitarbeiterin Kleidung für Polizei, Feuerwehr, Notärzte und den Forstbereich, außerdem war sie für die Produktion verantwortlich. Die Sicherheitskleidung unterliegt strengen Standards: Beispielsweise müssen die Prototypen Tests wie den "Gore Regenturm" durchlaufen; eine Puppe trägt das Kleidungsstück, das dann unterschiedlichen Widrigkeiten, von Nieselregen bis hin zu waagrecht windgepeitschten Schauern, standhalten muss. Zahlreiche Sensoren registrieren das Eindringen von Feuchtigkeit. Ist das Kleidungsstück undicht, muss der Prototyp weiter optimiert werden, bis er den Anforderungen entspricht. Mehr als 20 Jahre lange stattete sie Einsatzkräfte rund um die Welt mit Funktionskleidung aus. Es gab auch Aufträge ausländischer Sicherheitsbehörden, beispielsweise aus Tunesien, Singapur und der Slowakei.

Birgit Bergmeier-Grimm kann sich bei ihren Taschen-Kreationen frei entfalten. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Später wurde ihre Arbeit zunehmend technisch, sie stellte ABC-Schutzkleidung, also Schutz vor biologischen und chemischen Kampfstoffen für das Militär her. Irgendwann wird ihr dieses Umfeld zu anstrengend und zu riskant: "Zum Teil wurde mein Handy abgehört, man durfte im Auto nicht alles frei sagen, weil auch das verwanzt war, und vor allem am Flughafen musste ich immer höllisch auspassen", sagt Bergmeier-Grimm. Jetzt will sie endlich mal auch ihre kreative Seite ausleben.

Das Konzept von Birgit Bergmeier-Grimm sind schlichte, zeitlose Eleganz, nachhaltige Materialen und alles hundert Prozent made in Germany. (Foto: Niels P. Joergensen)

Zunächst stellt sie eine Tasche für den Geburtstag ihrer Freundin her, es folgten weitere Prototypen. Und schließlich die Frage: Warum das Ganze nicht professionell aufziehen? Und so ist es nun gekommen. Geprägt ist der Arbeit der 53-Jährigen, die entfernte Verbindungen zum alten Adel (Franz von Thun) hat von ihrem Vorbild Jil Sander, nach dem Motto "schlichte Eleganz". Aber wie kommt man darauf, so etwas Ausgefallenes wie Wollfilz als Material für Frauenhandtaschen zu verwenden? "Naja", sagt Birgit Bergmeier-Grimm und lacht. "Ein einfaches Material kann ja jeder." Beim Schneiden des Stoffes muss sie besonders genau sein. Aber die Sorgfalt zahlt sich aus, denn durch das Wollfett der Schafe ist der Stoff besonders abweisend gegen Dreck und Wasser. Zudem wirkten die Taschen zeitlos und seien trotzdem auf natürliche Weise schick, wirbt die zweifache Mutter. Die Henkel- und Umhängetaschen passen nicht nur zur Tracht, sondern sind auch im Büro und in der Freizeit einsetzbar. Die Designerin hofft, dass auch im Modebereich langsam ein Umdenken bei den Konsumenten stattfindet, weg von billigen Massenprodukten aus Discountern hin zu mehr Bewusstsein für nachhaltige und ökologisch produzierte Waren mitt fairer Bezahlung.

Offenbar hat sie damit einen Nerv getroffen. Schon jetzt fragten die Leute immer öfter nach, ob ein Produkt denn in Deutschland hergestellt wird, sagt Bergmeier-Grimm. "Bei mir ist die komplette Tasche zu 100 Prozent made in Germany. Kunden mit der Einstellung: Lieber nur eine Tasche, die habe ich dafür ein Leben lang, sind bei mir richtig", sagt die 53-Jährige stolz. Schon jetzt arbeitet "Taschen fürs Leben" mit einigen lokalen Läden zusammen, darunter Trachten Ullmann, Schiela und "Down Town" in Dachau.

© SZ vom 04.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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