Umzugspläne:Ein Rathaus am Fuße des Karlsbergs

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Der alte Zweckbau mit Flachdach, in dem sich jetzt die Artothek befindet, müsste dem Neubau für das Bürgerbüro am Max-Mannheimer-Platz weichen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

OB Florian Hartmann favorisiert die Idee, Teile der Verwaltung auf das Gelände des ehemaligen Moorbads neben der Stadtbücherei zu verlegen. Eine Kehrtwende der SPD - sie hatte einen Grundsatzbeschluss durchgesetzt, wonach alle Abteilungen in der Altstadt bleiben sollen

Von Viktoria Großmann, Dachau

Eine über Jahre andauernde Diskussion könnte ein schnelles und überraschend einfaches Ende finden: Wenn nämlich das Bürgerbüro und weitere Abteilungen des Dachauer Rathauses in die untere Stadt auf das Gelände des ehemaligen Moorbades ziehen. "Wir favorisieren derzeit dieses Grundstück", hatte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) nebenbei am Dienstag in der Pressekonferenz zum Haushaltsbudget der Stadt Dachau gesagt. Im Bauetat für die Jahre bis 2021 ist Geld für die Rathauserweiterung eingeplant, insgesamt 13 Millionen Euro. Für 2018 wird Geld bereit gestellt, damit geprüft werden kann, ob sich das Grundstück an der Münchner Straße eignet: baulich, baurechtlich, flächenmäßig.

Schon lange ist absehbar, dass die Stadtverwaltung mehr Platz braucht. Dachau hat nun mehr als 47 000 Einwohner, mit diesen wachsen die Aufgaben des Rathauses. Dazu kommen, wie der OB regelmäßig berichtet, immer neue Aufgaben, die vom Land an die Kommunen übertragen werden. Konferenzräume werden als Büros genutzt, im Bürgerbüro werden nicht einmal mehr Richtlinien für die angemessene Größe der Arbeitsplätze eingehalten. Stellen im Rathaus, so heißt es, könnten nicht besetzt werden, weil keine Büros übrig sind. Das ehemalige Moorbadgelände ist nicht zum ersten Mal im Gespräch. Ebenfalls zur Diskussion stand das Postgelände am Bahnhof sowie eine Aufteilung des Bürgerbüros auf die verschiedenen Stadtteile. Nie gab es eine Einigung. Diese besteht auch jetzt nur in einem Punkt: Die Zeit drängt.

"Ich glaube nicht, dass die Altstadt verwaist"

Der Beschluss zur Prüfung des Areals war im vergangenen Haupt- und Finanzausschuss nicht öffentlich gefasst worden. Voran getrieben offenbar von der SPD - für die das eine Kehrtwende bedeutet. Die Fraktion hatte erst vor zwei Jahren einen Grundsatzbeschluss durchgesetzt, laut dem das Rathaus mit allen Abteilungen unbedingt in der Altstadt verbleiben sollte. Die Mitarbeiter wie auch die Bürger sollten kurze Wege haben. Zugleich sollte das Bürgerbüro zur Belebung der Altstadt beitragen. Das hatten andere Fraktionen noch nie so gesehen, auch die SPD rückt nun davon ab. Angesichts des massiven Wohnbaus an der Konrad-Adenauer-Straße sagt etwa Bündnis-Stadtrat Kai Kühnel: "Ich glaube nicht, dass die Altstadt verwaist."

Die SPD hätte die Rathauserweiterung gern auf dem früheren Rössleranwesen gesehen. Doch der Kauf wurde mit den Stimmen der CSU sehr zum Ärger und Befremden der SPD verhindert. Damit blieb für eine Rathauserweiterung in der Altstadt nur eine Option - der Karlsberg. Das angrenzende Grundstück, auf dem heute eine Shisha-Bar steht, gehört der Stadt. Das Gebäude mit dem markanten Schriftzug "Trinkgeld" sollte abgerissen werden, dafür sollten zwei neue - eines am unteren, eines am oberen Hang - entstehen. Verbunden durch einen Aufzug, der allen Besuchern der Altstadt nutzen würde. "Wahrscheinlich müssten wir Millionen allein ins Abstützen und Sichern des Hangs stecken", äußert Hartmann nun Bedenken. Diese werden in anderen Fraktionen geteilt.

Das Wiesböck-Anwesen, ein trauriger Anblick

Trotzdem sind andere skeptischer, was die Erweiterung neben der Stadtbücherei angeht. Eine der seltenen Übereinstimmungen gibt es bei CSU und Bündnis. Beide halten das Wiesböck-Anwesen für geeigneter. Aus denselben Gründen: Es sei ein trauriger Anblick. Die Fläche an der Amper, die als Parkplatz genutzt wird, gehört wie das Moorbadgelände der Stadt. "Es schreit nach städtebaulicher Entwicklung", sagt CSU-Fraktionsvorsitzender Florian Schiller. Kai Kühnel erscheint das Moorbadgelände zu eng, das Wiesböck-Grundstück liege schon zu lange brach. Seine Fraktion hatte außerdem das derzeitige Landratsamt ins Spiel gebracht.

Das Landratsamt hat dasselbe Problem wie die Stadt. Es muss mit dem boomenden Landkreis mitwachsen. Aus Platznot wurden bereits Container aufgestellt. Auch im Landratsamt denkt man über Neubau, Umzug oder Vergrößerung am Standort nach. Das Bündnis hatte angeregt, dem Landratsamt einen Umzug an einen anderen Ort nahe zu legen. Die Stadtverwaltung könnte dann in das Siebziger-Jahre-Gebäude am Weiherweg umziehen. So einen Ringtausch hatte es auch in den Siebzigern gegeben. Damals hatte sich das Rathaus als Nachfolger in den Gebäuden an der Auffahrt zum Schloss eingerichtet.

"Das Landratsamt ist zu weit weg", findet Christa Keimerl, Fraktionsvorsitzende der SPD. Ein Bürgerbüro neben der Stadtbücherei sei praktisch und bürgerfreundlich und zudem altstadtnah, Parkplätze gebe es auch - auf dem Wiesböck-Anwesen. Dass das Bürgerbüro aus den gemieteten Räumen am Kaufhaus Rübsamen ausziehen soll, gilt als gesetzt. Welche Abteilungen des Rathauses noch umziehen sollen, ist nicht klar. Ebenfalls im Spiel ist das derzeitige Bezirksmuseum. Das könnte frei werden, sollte es irgendwann ein neues Museum auf dem MD-Gelände geben. Es würde zusätzlich zu einem Neubau gebraucht.

Nicht zu vernachlässigen am Standort neben der Stadtbücherei wäre die Adresse des Rathausgebäudes: Diese könnte statt Münchner Straße Max-Mannheimer-Platz lauten. Benannt nach dem Ehrenbürger der Stadt, dem Überlebenden verschiedener Konzentrationslager, darunter des KZ Dachau, dem unermüdlichen Zeitzeugen, der soviel dazu beigetragen hat, dass Dachau heute offen mit seiner Geschichte umgeht und zum anerkannten Lern- und Erinnerungsort geworden ist.

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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