Übernahme eines Bauernhofs:Eine lebenslange Aufgabe

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Hofübergaben an die nächste Familiengeneration gestalten sich immer komplizierter. Der Hebertshausener Jungbauer Michael Böswirth hat deshalb seinen Erfahrungsschatz stetig erweitert und sich vor diesem Schritt sowohl mit seinem Vater als auch mit seinen Geschwistern ausgiebig ausgetauscht. (Foto: Toni Heigl)

Wenn ein Jungbauer einen elterlichen Hof übernimmt, stehen beide Generationen vor großen Herausforderungen. Ein junger Landwirt aus Hebertshausen blickt vor seiner Hofübernahme aber optimistisch in die Zukunft.

Von Anna-Elisa Jakob, Dachau

Den ganzen Tag auf dem Acker verbringen, in idyllischer Ruhe, inmitten von Vieh und Natur: Diese romantische Vorstellung vom Leben des Landwirts entspricht heute nicht mehr der Realität. Sowohl Bürokratie als auch Digitalisierung verändern den Arbeitsalltag der Bauern. Trotzdem bleibt der Beruf beliebt, die Schülerzahlen an den Landwirtschaftsschulen im Landkreis sind stabil. Anton Kreitmair, der Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbands, wundert das nicht - immerhin sei es der "schönste Beruf auf Erden". Dabei erhalten viele der auszubildenden Landwirte gar nicht die Möglichkeit, einen eigenen Hof zu übernehmen, dieser bleibt nach alter Tradition immer noch zum Großteil in der Familie. Wenn ein Hof keinen Nachfolger findet, so Kreitmair, liege das meist daran, dass der langjährige Familienbesitz nicht in fremde Hände gelangen soll.

Eine Modernisierung des Berufsbildes zeige sich jedoch an anderer Stelle, sagt der Präsident des oberbayerischen Bauernverbandes: Noch vor 15 Jahren sei die landwirtschaftliche Ausbildung für Frauen "nicht in Frage" gekommen, heute gebe es weit mehr weibliche Nachfolger für Bauernhöfe in Familienbesitz. Für Magdalena Eisenmann, Mitglied der Jungbauernschaft Dachau, hat sich im Landkreis jedoch wenig verändert. "Wenn es möglich ist, übernimmt traditionell immer noch der älteste Sohn den Hof", sagt sie. Weder ihr noch der Jungbauernschaft sei eine Frau bekannt, die kurz vor einer Hofübernahme steht.

Diese bieten immerhin ein hohes Potenzial für Streitigkeiten innerhalb der Familie: In einem Übernahmevertrag wird deswegen genau festgehalten, wie die alten Hofbesitzer abgesichert werden und welche Leistungen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb sie in der Rente erhalten. Es sei zwar erfreulich, dass sowohl der Lebensstandard als auch die Alterserwartung der Übergabegeneration deutlich gestiegen sind, findet Kreitmair vom Bauernverband. All das erschwere aber die Berechnungen für die Übergabe, die veränderte Finanzplanung des nachfolgenden Landwirts müsse heutzutage anders kalkuliert werden.

Der Landwirt Michael Böswirth, 25, sieht seiner Übernahme dennoch gelassen entgegen: Zu seinem Vater hat der Hebertshausener ein "sehr gutes Verhältnis", wie er sagt - auch weil ihm stets der nötige Freiraum gelassen wurde und Böswirth in seiner Jugend nie den Druck verspürte, den elterlichen Hof übernehmen zu müssen. Dazu hat er sich später bewusst und in Absprache mit seinen Geschwistern entschieden. Um sich auf den Beruf vorzubereiten, schloss er zunächst eine landwirtschaftliche Lehre ab, später seine Meisterprüfung und den Agrarbetriebswirt. Über sieben Jahre dauerte seine Ausbildung. Böswirth ist froh darüber, dass er auch abseits der Heimat Landluft schnuppern, eine "andere Perspektive" sehen und damit seinen "persönlichen und beruflichen Horizont erweitern" konnte. In rund zwei Jahren wird er den elterlichen Hof in Hebertshausen übernehmen, hierfür hat er bereits eigene Pläne zur Umgestaltung im Kopf. "Eigentlich klingt das ja viel zu romantisch", sagt Böswirth und lächelt dabei. Der Beruf des Landwirts sei für ihn aber tatsächlich eine "Berufung". Einen vielfältigeren Alltag könne er sich nicht vorstellen: Morgens macht er die Buchhaltung, mittags vermarktet er Weizen an der Börse von Chicago, nachmittags fährt er dann auf den Acker oder kümmert sich um Elektroinstallationen.

Und die Zukunftschancen? Die Hälfte der Landwirte im Landkreis betreibt ihren Hof im Nebenerwerb, erklärt Kreitmair. "Das ist eine hohe Zahl." Die Größe des Hofes ist für den Bezirkspräsidenten des Bauernverbandes allerdings nicht ausschlaggebend für den finanziellen Erfolg: Die Möglichkeiten für die Gestaltung eines Hofes seien vielfältig, jeder Landwirt müsse seinen Betrieb dementsprechend individuell anpassen. Die wichtigste Voraussetzung sei in jedem Fall eine gute Berufsausbildung und vor allem die stetige Weiterbildung. So sieht das auch Jungbauer Böswirth: Während seiner Ausbildung zum Agrarbetriebswirt lernte er, eigene Betriebskonzepte zu entwickeln und den regionalen Bedürfnissen anzupassen. Im Raum München sei zum Beispiel der Markt für "Eier direkt vom Bauernhof" sehr stark - Ferienwohnungen auf dem Hof seien hingegen "eher im Allgäu ein rentables Angebot", erklärt er.

Eine offene und zukunftsorientierte Denkweise ist für den Jungbauern der Schlüssel zum Erfolg. Das funktioniere aber nicht, wenn die ältere Generation sagt: "Das haben wir schon immer so gemacht". Auch diese Beispiele gebe es im Landkreis. "Da wurschtelt der Opa immer noch mit, und wichtige Modernisierungen können nicht umgesetzt werden", sagt Böswirth. Der Bauernverband empfiehlt: Nach der Übernahme sollten die verschiedenen Generationen auf dem Hof unbedingt getrennt leben. Früher war es üblich, dass Alt und Jung in einem gemeinsamen Bauernhaus wohnten, heute sei das nicht mehr zeitgemäß und führe schnell zu Konflikten. Der Bauernverband steht jungen Landwirten bei der Vorbereitung der Hofübernahme beratend zur Seite, sowohl bei vertraglichen als auch persönlichen Fragen. Leider gebe es viele, die diese Beratung nicht wahrnehmen, klagt Anton Kreitmair. Dabei sei bei einer Hofübernahme eine gewissenhafte Vorbereitung sehr wichtig. Einmal abgeschlossen, bindet der Vertrag schließlich ein Leben lang.

© SZ vom 29.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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