Tourismus:Leere Betten

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Während in der Stadt und im Landkreis die Zahl der Übernachtungen rückläufig ist, werden zunehmend mehr Tagesausflügler registriert. Der Regionalentwicklungsverein Dachau Agil nimmt Tourismuskonzept in Angriff

Von Walter Gierlich, Dachau

Die ersten sieben Monate dieses Jahres sind für den Tourismus in Bayern nicht allzu gut gelaufen: Obwohl es bei der Zahl der Gästeankünfte ein Plus von 1,4 Prozent gibt, verzeichneten Hotels und Gasthöfe im Freistaat von Januar bis Juli nach Angaben des statistischen Landesamts bei der Zahl der Übernachtungen ein leichtes Minus um 0,1 Prozent im Vergleich zu 2013. Und dabei ist der kühle und verregnete August noch gar nicht eingerechnet. Noch deutlich schlechter fällt die Bilanz für diesen Zeitraum im Landkreis Dachau aus: minus 3,8 Prozent bei den Gästeankünften und minus 3,2 Prozent bei den Übernachtungen. Ganz anders sieht es im Landkreis und vor allem der Stadt Dachau mit Tagestouristen aus: Hier sind steigende Zahlen zu verzeichnen, wie Christine Unzeitig bestätigt, die Projektleiterin Naherholung und Tourismus des Regionalentwicklungsvereins Dachau Agil.

Die Zahlen der Statistiker kann Michael Groß, der Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands, aus eigener Erfahrung bestätigen. "Wir merken es schon das ganze Jahr, dass die Belegung schwächer ist", sagt er. 57 Beherbergungsbetriebe, wie es im Bürokratendeutsch des Landesamts heißt, gibt es im Landkreis, darunter 13 in der Stadt Dachau. Im Gesamtjahr 2013 zählte man knapp 280 000 Übernachtungen im Landkreis, davon knapp 89 000 in Dachau selbst. Doch seinen Urlaub verbringt niemand im Landkreis. "Da müssen wir realistisch sein", sagt der Dachau-Agil-Vorsitzende und Haimhausener Bürgermeister Peter Felbermeier. Lediglich Menschen, die beruflich hier zu tun haben oder Wochenendpendler blieben länger, bestätigt Christine Unzeitig. Und auch Hotelier Groß sagt, dass die meisten touristischen Gäste nur eine Nacht bleiben - oft Radler oder Durchreisende auf dem Weg in den Urlaub, an Wochenenden auch Besucher, die zu Familienfeiern in den Landkreis kämen. So erklärt sich denn auch, dass die Besucher seit Jahren durchschnittlich nur 2,1 Tage im Landkreis zubringen.

Zwiespältig argumentiert Groß, wenn es um die Nähe zur Landeshauptstadt geht: "Wir leben einfach von München", sagt er einerseits. Andererseits macht er den Bauboom in der Metropole verantwortlich für den Rückgang der Besucherzahlen im Landkreis Dachau: "In München schießen die Hotels raus ohne Ende." Und die Betriebe in der Innenstadt hätten Auslastungsquoten von 90 bis 95 Prozent. Trotzdem will der Wirte-Kreisvorsitzende nicht jammern, wie er betont. Die Nähe habe natürlich auch ihre Vorteile, besonders zur Oktoberfestzeit oder bei großen Messen.

Die kurze Entfernung nach München sieht auch Unzeitig im Segment der Tagestouristen als Positivfaktor: Viele Besucher aus der Landeshauptstadt oder den umliegenden Landkreisen kämen zu ihr ins Zollhäusl am Karlsberg, wo Dachau Agil sein Tourismusbüro unterhält, um sich zu informieren. Das bestätigt in ihren Augen eine Untersuchung, die die Katholische Universität Eichstätt 2012 im Auftrag der Stadt durchgeführt hatte. Danach lockt nicht nur die KZ-Gedenkstätte jährlich etwa 800 000 Besucher nach Dachau. Auch die Altstadt ist Ziel vieler Tagestouristen. 27,7 Prozent der auf den dortigen Straßen befragten Personen waren der Studie zufolge Tagesbesucher, die Galerien, Museen, Konzerte oder das Schloss anschauen wollten. Damit, so die Eichstätter Forschungsgruppe, habe Dachau vergleichbare Städte in der Region München klar hinter sich gelassen. Deren Anteil an Tagestouristen liege durchschnittlich nur bei 15 Prozent.

Ein touristischer Anziehungspunkt im Landkreis ist Altomünster mit seiner prächtigen Klosterkirche und dem historischen Ortsbild. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Doch nicht nur die Stadt hat Sehenswertes zu bieten. Deswegen nahmen auch die Landkreisgemeinden im vergangenen Jahr über Dachau Agil ein Tourismuskonzept in Angriff. Im Landkreis hatte zuvor allein die Marktgemeinde Altomünster mit ihrer prächtigen Klosterkirche, zwei Brauereien und dem historischen Ortskern Anstrengungen zur Besucherwerbung unternommen und ein Touristen-Informationsbüro unterhalten. Nun hat auch der Landkreis - in guter Zusammenarbeit mit der Stadt, wie Unzeitig ausdrücklich versichert - die ersten Schritte auf dem Weg zu einem umfassenden Marketingkonzept unternommen. Im vergangenen Jahr habe Dachau Agil das Informationsbüro im Zollhäusl eröffnet. Auf Tourismusmessen werbe man gemeinsam mit der Stadt um Tagesbesucher, berichtet Unzeitig. Und mehrere Flyer habe man auch bereits erstellt, die besonders bei Radfahrern und Wanderern gefragt seien: etwa über den Sieben-Klöster-Weg, den meditativen Wanderweg oder den Altbairischen Oxenweg. Und noch eine Gruppe informiert sich nach Auskunft Unzeitigs recht lebhaft bei ihr im Zollhäusl: Zugezogene, die wissen wollen, was es an ihrem neuen Wohnort und dessen Umgebung so alles anzuschauen gibt.

© SZ vom 10.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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