Tourismus im Landkreis Dachau:Die Rückkehr der Reiselust

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Hotelier Anton, Tochter Maria und Ehefrau Angelika Burgmeier im Traditionshaus Burgmeier, das auf eine 350-jährige Geschichte zurückblickt. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Bettenbuchungen im Landkreis erreichen nahezu wieder das Niveau vor der Pandemie. Aber die Situation ist anders als vor der Krise: In einigen Pensionen sind Geflüchtete aus der Ukraine einquartiert. Und die steigendenden Nebenkosten machen auch den Hoteliers zu schaffen.

Von Eva Waltl, Dachau

Die Reiselust ist in den Landkreis zurückgekehrt: Die Stadt Dachau meldet Rekordzahlen, Hoteliers zeigen sich zufrieden - wenngleich sich der Hotelalltag verändert hat. Drei Dachauer Hoteliers erzählen über das Jahr nach Corona, aktuelle Schwierigkeiten und ihre Hoffnungen für die kommende Saison.

"So viele Hotelgäste wie nie zuvor", so beschreibt Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) die Tourismus-Lage der Stadt im vergangenen Jahr. Seit 2003 zeichnet die Stadt die Übernachtungszahlen auf und 2022 sei ein "Spitzenjahr mit 161.952 Übernachtungen von Januar bis November 2022" gewesen, so der OB. Das sind etwa 200 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr, in dem noch die Pandemie grassierte. Der Aufwärtstrend zeigt sich nicht nur in der Stadt, sondern macht sich im gesamten Landkreis bemerkbar. "Die Übernachtungszahlen haben sich gegenüber den jeweiligen Vorjahresmonaten außerordentlich positiv entwickelt", erklärt Annika Baumbach, stellvertretende Geschäftsführung des Regionalentwicklungsvereins Dachau Agil.

Im Sommermonat August, Hochsaison für den Landkreis, gab es 2022 sogar 125 Prozent mehr Übernachtungen als im Corona-Jahr zuvor.: "Zahlen, die nahezu das Niveau vor der Pandemie erreichen", freut sich Baumbach. Der Tourismus hat sich also wieder erholt, in Hotels checken Gäste ein und aus. Erfreut zeigen sich auch Hotelbetreiber, wenn auch nicht alle gleichermaßen euphorisch.

"Es ist nicht ungewöhnlich, dass ich sechs Monate lang dieselben Gäste habe"

Carmen Manal leitet seit acht Jahren das Bavaria Safari Hotel in Dachau. 2014 hat sie den Familienbetrieb von ihrem Vater übernommen. Auch sie freut sich über eine hohe Auslastung, mit normalem Hotelbetrieb und Tourismus hätte dies aber nichts gemein: "Wir mussten das Hotel aus der Not heraus in eine Pension umwandeln", sagt Manal. Aktuell sind 21 der 31 Zimmer belegt, also eine Auslastung von mehr als 65 Prozent. In ihrem Hotel beherbergt Manal derzeit größtenteils Dauergäste: Wohnungssuchende und Flüchtlinge aus der Ukraine, die oftmals über viele Monate hinweg in der Unterkunft bleiben. "Es ist nicht ungewöhnlich, dass ich sechs Monate lang dieselben Gäste habe", so Manal. Einige Familien leben schon seit etwa einem Jahr in dem Hotel. Auch Katzen und Hunde konnten in das Hotel im Dachauer Gewerbegebiet einziehen. "Das war mir ein besonderes Anliegen", sagt sie.

Der Hotelalltag habe sich verändert. Die Gäste nehmen weniger Serviceangebot in Anspruch, erledigen viele Dinge selbst: "Die Dauergäste verursachen weniger Kosten." Das trage dazu bei, dass Manal weitermachen kann, obwohl sie von den explodierenden Nebenkosten nicht verschont bleibe. Durch die Dauergäste habe sie weniger Frühstückskosten, weniger Reinigungskosten und weniger Personalkosten. Manal beschäftigt aktuell eine Reinigungskraft, die sie auch während der Pandemie halten konnte. Neues Personal einzustellen traue sie sich bislang noch nicht. Außerdem hält sie zehn Zimmer aktuell frei, falls doch wieder ein bisschen normaler Betrieb einzieht.

"Die Zahlen sind besser, aber es ist kein Vergleich zu den Jahren vor Corona."

Anton Burgmeier übernahm das familiengeführte Hotel Burgmeier in der Hermannstraße in Dachau Anfang 2020, im "schlechtesten Moment überhaupt", erinnert er sich. Mitte März kam der erste Lockdown und der Hotelbetrieb stand still. Es folgten Monate der Ungewissheit. Kein guter Start für den damals 34-Jährigen. Wie er es doch geschafft hat, dass das Hotel heute noch Gäste beherbergen kann? "Ich hatte Glück", sagt er. Vor allem weil er in diesem Zeitraum keine großen Investitionen machte und einen "gut laufenden Betrieb" von seinen Eltern übernehmen konnte.

Heute hat sich das Hotel größtenteils von der Pandemie erholt. Die außergewöhnlich guten Übernachtungszahlen der Stadt Dachau kann Burgmeier aber nicht gänzlich nachvollziehen: "Ja, die Zahlen sind besser, aber es ist kein Vergleich zu den Jahren vor Corona", sagt er. Auch im Hotel Burgmeier nächtigten übergangsweise Flüchtlingsfamilien. "Eine ukrainische Familie lebte vier Monate bei uns", erzählt Burgmeier. Im vergangenen Juli hätte sie endlich eine richtige Wohnung gefunden und sei umgezogen.

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Im Normalbetrieb kommen nun Geschäftsreisende und Urlauber, die sich die Stadt ansehen oder ihre Familie vor Ort besuchen. Burgmeier ist zufrieden, obgleich er in den kalten Monaten Januar und Februar die Zunahme an Übernachtungsbetten in der Stadt besonders bemerkt. Fast 1000 Betten sind im Vergleich zu 2019 im Landkreis hinzugekommen. Die Nachfrage, erzählt Burgmeier, sei aber nicht derart gestiegen. "Große Hotelkomplexe haben viel mehr Budget für Werbung, da können wir nicht mithalten", bedauert er die Entwicklung, die langfristig dazu führe, dass immer mehr kleine, familienbetriebene Hotels ihre Türen schließen müssen.

In den Dachauer Gewerbegebieten sind in den vergangenen Jahren drei große Hotelkomplexe hinzubekommen. 2021 musste das Traditionshotel Central in der Dachauer Innenstadt schließen, weil sich kein neuer Pächter fand - und auch weil Gäste ausgeblieben. Burgmeier ist dennoch optimistisch gestimmt, denn die Stärke der kleinen Hotels liegt gerade in ihrer Größe: "Schöne Zimmer gibt es bestimmt überall, aber die persönliche Umsorgung der Gäste und den familiären Umgang können kleine Hotels mehr bieten."

Die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Tourismus spürt man auch im Hotel Modi an der Schleißheimer Straße. Geschäftsführer Grigorios Dimitriou übernahm mitten in der Pandemie. (Foto: Toni Heigl)

Weniger beschwerlich erlebt Dimitriou Grigorios, Geschäftsführer des Hotel Modi, den aktuellen Hotelalltag. 2017 eröffnet er das Hotel in der Schleißheimer Straße in Dachau, ein einheimischer, mittelständischer Betrieb mit 54 Zimmern. Den positiven Trend könne er "absolut bestätigen." Nach der langen Coronapause reisen unter der Woche vermehrt regionale Geschäftsreisende an und am Wochenende viele Urlauber, Skifahrer, Holländer oder Hamburger, die nach Österreich oder Italien weiterreisen. 2022 war ein Erfolgsjahr für das Hotel: "Wir hatten teilweise eine Auslastung von fast 80 Prozent", freut sich Grigorios Dimitriou. Diese hohen Zahlen erklärt er sich auch mit den positiven Bewertungen für das Hotel, die Gäste auf Internetportalen hinterlassen. Zuträglich seien auch die gute Stimmung unter den Angestellten und freilich die Lage, denn die Nähe zu München sei für Business- und Individualreisen sehr attraktiv. Das Hotel Modi hat sich das Ziel einer nachhaltigen Zukunft auf die Flagge geschrieben. "Wir nutzen Sonnenenergie, haben eine E-Ladestation und achten auf langlebige Materialien", so Grigorios. Doch die Preissteigerungen und die hohen Nebenkosten machen auch ihm zu schaffen: "Es ist extrem und geht von der Kaffeelieferung bis zur Wäschereinigung", klagt er.

Auf eine Besserung der Situation hoffen alle drei Hoteliers, wenngleich der Blick in die Zukunft ein positiver ist. "Die Prognosen für die Reiseintensität sind hervorragend!", bestätigt Baumbach. 2023 könne erneut ein Rekordjahr werden, auch weil Bayern nach wie vor eines der beliebtesten Urlaubsziele der Deutschen sei und ein guter Zwischenstopp für Durchreisende. Die Hotelbetreiber sind gewappnet für einen Gästeansturm, doch ein wenig Skepsis bleibt. "Solange der Krieg in der Ukraine anhält, wird sich an unserer Situation wohl nichts verändern", sagt Manal. Falls doch, möchte sie die Zimmer des Hotels renovieren und wieder zum regulären Hotelbetrieb zurückkehren, aber "momentan sehe ich da kein Hinkommen." Burgmeiers Blick ist ein wenig zuversichtlicher, immerhin hat er 350 Jahre Hotelgeschichte auf seiner Seite: "Die Generationen vor mir haben bereits Krisen überstanden. Ich mache alles, um den Betrieb gut in die nächste Generation zu überbringen."

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