Tierheim:Ausgesetzt und weggeworfen

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Die steigende Zahl misshandelter Haustiere wirft die Frage nach ihrer rechtlichen Bewertung neu auf.

Matthias Pöls

Der Welpe war an einen Gartenzaun in Dachau-Ost angebunden und saß in einem kleinen Karton, zitternd vor Kälte - bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. "Für einen acht Wochen alten Hund ist das höchst gefährlich", sagt Silvia Gruber, Vorsitzende des Tierschutzvereins Dachau. Niemand weiß, wie lange der Welpe ausgesetzt war. Aber es hätte nicht lange gedauert, und er wäre gestorben. Aufmerksame Spaziergänger befreiten den Hund und brachten ihn in das Tierheim in der Rosswachtstraße. Fälle von Tiermisshandlung wird es immer geben, aber was die Dachauer Tierschützer wirklich besorgt, ist, dass sich die Fälle von ausgesetzten Vierbeinern seit Wochen häufen: Selbst bei diesen eiskalten Temperaturen gibt es noch herzlose Tierbesitzer. Als ob sie nicht wüssten, dass es sich dabei um Lebewesen handelt, die fühlen und also auch Schmerz empfinden können.

Im Dachauer Tierheim bekam die ausgesetzte Mischlings-Hündin erstmal einen Namen. Tierpflegerin Jessica Hearn und ihre Kollegen tauften die kleine Welpin auf "Senta". Senta wurde an einem Gartenzaun gebunden und in einer kleinen Schachtel verpackt in Dachau-Ost gefunden. (Foto: DAH)

Pro Woche kommen rund zehn neue Tiere in das Dachauer Tierheim. Fast immer handelt es sich dabei um ausgesetzte Katzen. Manchmal werden die Tiere unter absurden Begründungen abgegeben. "Die Katze ist komisch, wurde uns erzählt", berichtet Gruber. Deshalb müsste sie ins Tierheim. Dabei hätten die Besitzer nicht einmal gewusst, dass es sich bei der Katze in Wahrheit um einen Kater gehandelt habe. "Der Kater sei zudem unkastriert gewesen. Und: "Natürlich markiert ein Kater dann sein Revier." Momentan seien unter den vielen Zugängen häufig auch Abgabetiere. Das sind Tiere, welche die Besitzer nicht mehr halten wollten oder könnten. Die Gründe reichten von Trennung vom Partner, über Umzug bis zur Erkrankung eines Haustieres, sagt Gruber. Mancher erwarte vom Tierheim auch geradezu, dass die Arztrechnung übernommen wird.

Laut Tierschutzgesetz ist jeder Tierhalter dazu verpflichtet, sein Tier artgerecht zu halten. Das beinhaltet auch die medizinische Versorgung und natürlich, dass der jeweilige Tierhalter über die entsprechenden Sachkenntnisse verfügt und diese auch anwendet. Allerdings ist es trotz mangelnden Wissens über eine artgerechte Tierhaltung häufig sehr leicht, ein Tier in Besitz zu nehmen. Tiere sind nach bürgerlichem Recht - und dagegen protestieren viele Tierschutzverbände - Gegenstände, über die der Eigentümer verfügen kann. Schriftsteller und Philosophen kämpfen für die Rechte von Tieren. Aber im Alltag trennt sich mancher Mensch skrupellos von seinem Besitz. Am Donnerstag wurden drei junge Hasen im Tierheim abgegeben. Ein Indersdorfer Hausbesitzer hatte sie gefunden, als sie durch seinen Garten hoppelten. Er sagte: "Die muss jemand über meinen Zaun geworfen haben." Direkt zum Abtransport zur Müllkippe stand eine Schachtel mit drei lebendigen Farbratten. Eine Frau fand die Kiste am Freitag neben einem Müllhäuschen in Schwabhausen. Doch bei dieser Geschichte gibt es immerhin einen positiven Aspekt. "Die Dame hat einen Horror und Ekel vor Ratten", sagt Gruber. Als die Mitarbeiter des Tierheims sie fragten, wie viele Tiere in der Schachtel sind, habe sie nur gesagt: Ich weiß es nicht, ich habe nicht reingeschaut. Trotzdem habe sie ein Herz für die Tiere, wollte nicht, dass diese elendig erfrieren und verenden. Der Frau taten selbst die für sie "ekligen" Ratten leid.

Im Dachauer Tierheim leben zur Zeit 88 Katzen, 17 Hunde und 39 Kleintiere. Sie werden allein durch ehrenamtlich helfende Hände versorgt. Die Mitarbeiter haben einige Tiere sogar selbst mit der Flasche aufgepäppelt. Für sie ist es völlig unverständlich, warum jemand ein Lebewesen einfach aussetzt, besonders dann wenn es kaum Überlebenschancen hat. Der kleine Welpe kam völlig durchgefroren im Dachauer Tierheim an und ist kaum größer als eine normale Fußbodenfliese. Nachdem die Mitarbeiter des Tierheims das Hündchen ein bisschen aufgewärmt hatten, bekam es einen Namen: "Senta".

© SZ vom 29.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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