Theatersommer:Don Quichotte ganz anders

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Warum der Theatersommer in Bergkirchen mit einem hinlänglich bekannten Stoff beginnt und doch als Uraufführung durchgeht

Von Dorothea Friedrich, Bergkirchen

Eigentlich sollte man sich als berichterstattende Besucherin bei einer Theaterprobe mucksmäuschenstill verhalten. Geht aber nicht, wenn ein gar nicht ältlicher Klepper mit Karacho die Bühne rockt und singt "Caramba-ta, caramba-ta, ich bin 'ne tolle Tante, Caramba-ta, caramba-ta, von Namen Rosinante". Die Bühne befindet sich in der Sporthalle des TS Lauterbach. Der Klepper ist ein sehr temperamentvoller Schauspieler namens Ansgar Wilk, für den richtigen Takt sorgt Komponist und Musiker Max I. Milian am Schlagzeug. Regisseur Herbert Müller ignoriert das Kichern und Lachen der Besucherin und konzentriert sich ganz auf seine Schauspieler. Schließlich ist in wenigen Tagen Uraufführung von "Don Quichotte - ein Musicaletto nach dem Roman von Miguel de Cervantes.

Uraufführung ist nicht zu hoch gegriffen. Denn für den zweiten musikalischen Theatersommer Bergkirchen haben das Team des Hoftheaters und Robert Scheingraber Cervantes weltberühmten Roman um den Ritter von der traurigen Gestalt bearbeitet. Damit reihen sie sich in die lange Reihe von Autoren und Komponisten, Theater- und Ballettmenschen, Malern und Filmleuten ein, die der Faszination dieses Stoffs erlegen sind. Im Ohr und im Gedächtnis sind beispielsweise Richard Strauß sowie Mitch Leigh und sein Musical "Der Mann von La Mancha".

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(Foto: Toni Heigl)

Am Samstag wird der Bergkirchener Theatersommer eröffnet.

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(Foto: Toni Heigl)

Herbert Müller vom Hoftheater führt Regie.

Egal, um welche der vielen Fassungen des Cervantes-Romans es sich handelt: In allen zieht Don Quichotte durch die Welt, um für seine Dame Dulcinea, in Wirklichkeit ein einfaches Mädchen, jede Menge absonderliche Abenteuer zu bestehen. Er kämpft gegen das Unrecht und bekanntlich gegen Windmühlen.

In der Bergkirchner Adaption dieses Stoffs der Weltliteratur hat Max I. Milian zur Textversion von Herbert Müller die kongeniale Musik geschrieben - mit Versatzstücken aus Schlagern und Georges Bizets Oper "Carmen". Robert Scheingraber hat die musikalische Leitung übernommen, Festspielchor und Festspielorchester Bergkirchen sind wie im vergangenen Jahr bei Nestroys Lumpazivagabundus wieder dabei.

Vor 400 Jahren, im April 1616, starb der spanische Nationaldichter. Grund genug also, das sommerliche Musiktheater einem Helden der anderen Art zu widmen. Aber ist der selbsternannte Ritter, der unbeirrbar für seine Ideale kämpft, wirklich die lächerliche Figur, als die er oft dargestellt wird? "Nein", sagt Guido Drell, der die Hauptrolle spielt und dafür eine Menge akrobatischer Fähigkeiten aufwenden muss, "Don Quichotte macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt". Steckt also ein wenig Pipi Langstrumpf in dem durchs Kastilien des frühen 17. Jahrhunderts ziehenden Träumer? "Vielleicht. Er kann ja die Welt nicht ändern, also versucht er, andere mit in das Boot seiner Ideen zu ziehen." Auch wenn Don Quichotte buchstäblich gegen Windmühlen kämpft, weil er sie für Riesen hält? "Er versucht, die Welt in seinem Sinn ins Gute, ins Ritterliche zu ändern. Das ist die Botschaft", sagt Drell. Das klingt sehr aktuell und gar nicht mehr komisch. "Ja, ich kann ja auch heute Hass und Gewalt nicht ignorieren, aber ich persönlich kann als Künstler mit meinen Mitteln dagegen angehen", sagt Drell, setzt sich seinen imposanten Helm auf - und widmet sich nach dem ernsten Zwischenspiel wieder den erheiternden Seiten seines temporären Alter Ego.

Auf der für Hoftheater-Verhältnisse geradezu riesigen Bühne geht es nun richtig zur Sache. Sancho Pansa (Tobias Zeitz) animiert mit Wort und Tat Menschen und Pferd zu einem Tänzchen. Der schon etwas gealterte Esel Rubio (Herbert Müller) philosophiert vor sich hin. Der Gutmensch Don Quichotte fällt auf einen Betrüger herein und stolpert öfter mal über seine eigenen Beine. Die zur edlen Dame Dulcinea beförderte Wirtstochter Aldonza (Lisa Wittemer) behält in dem Trubel als einzige den Blick für die Realität. Noch fehlt das Bühnenbild, das aber bereits auf dem eigens abgedeckten Fußboden der Sporthalle ausgebreitet ist. Noch kommt die Musik vom Band, noch sind die Kostüme nur angedeutet. Aber es sind ja noch ein paar Tage bis zur Premiere. Die ist am Samstag, 16. Juli, um 20 Uhr in der Sporthalle Lauterbach. Bis Sonntag, 7. August, finden ständig Aufführungen statt.

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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