Theatersommer Bergkirchen:Gestaltwandler im Liebesrausch

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Das Hoftheater Bergkirchen treibt das muntere Durcheinander in Shakespeares "Sommernachtstraum" mit rasanten und teilweise haarsträubenden Rollenwechseln auf die Spitze. Das Kammerorchester Petershausen illustriert die Handlung mit der passenden Musik

Von Anna-Elisa Jakob, Bergkirchen

Zur Ruhe kommt das Publikum in Lauterbach nicht. Wenn König Oberon auf der einen Seite des Raumes und Königin Titania auf der anderen miteinander diskutieren, sich die Köpfe der Zuschauer hin und her wenden, von der einen kleinen Bühne zur anderen. Wenn die Schauspieler auf die Hauptbühne in der Mitte rennen, trampeln, springen, wenn Hofnarr Puck mit einem lauten Knall unter der Bühne verschwindet. Wenn gegen Ende des Stückes - wie zu erwarten bei Shakespeares "Sommernachtstraum" - das Lachen in den Reihen immer lauter wird, die Hände bei manch einer Szene überrascht zusammengeschlagen werden.

Das Hoftheater Bergkirchen hat am vergangenen Donnerstag den "Musikalischen Theatersommer Bergkirchen" mit einer Premierenaufführung des Klassikers von William Shakespeare und der Bühnenmusik von Felix Mendelssohn Bartholdy eingeläutet. Bei schönem Wetter spielen die Schauspieler auf einer Außenbühne, die Zuschauer sitzen auf den steinernen Rängen ringsum, beinahe in einem verkleinerten Stil des Amphitheaters, passend zum Schauort des Stückes - Athen. Da am Abend der Premiere mit gutem Wetter allerdings nicht mehr zu rechnen ist und der Regen die Kulisse schon den gesamten Tag hinweg gewässert hat, wird die Aufführung nach innen, in die Tennishalle des TC Lauterbach, verlegt.

So lässt sich bei der Premiere nur erahnen, wie die Vorstellung im Freien, an einem lauen Sommerabend wäre: Das schöne szenische Spiel des Petershausener Kammerorchesters würde das Publikum vermutlich noch sanfter umgeben, die Kulisse vielleicht noch leichter in den geheimnisvollen Feenwald verwandeln. Wenn kurz vor Schluss die Elfen erneut die Bühne betreten, mit grünen Leuchtstäben in der Hand, wäre es draußen schon ganz dunkel, eine besondere Atmosphäre.

Doch auch in der Sporthalle gelingt das Stück, Bühnenbild und Lichttechnik fangen die Szenerie von Shakespeares ungewöhnlichem Feenwald gekonnt auf. Einzig Titania, Königin der Feen, ist in manch einer Szene nur schwer zu verstehen, wenn sie auf der Bühne am Rand des Raumes steht, das Orchester gleichzeitig ihre Zeilen musikalisch begleitet. Ein Problem, das kurz vor der Premiere bemerkt wurde, sich aber leider nicht so schnell lösen ließ, entschuldigt Gudrun Wilk, die Inspizientin. Als Zuschauer bleibt einem in diesen Momenten nicht viel anderes übrig, als sich ganz dem Spiel des Kammerorchesters hingeben, das jegliche Stimmung des Stückes musikalisch übersetzt. Das dramatische Geigenspiel der tragischen Liebesszenen, das Auftreten der Elfen begleitet von kurzen, spitzen Tönen, der angekündigte Fechtkampf zwischen den streitenden Liebhabern Lysander und Demetrius von bedrohlichem Trommelwirbel. Kurz vor der Pause spielt das Orchester mit voller Inbrunst den Hochzeitsmarsch, als sich Titania, verzaubert durch das Liebeskraut des Oberon, in wilder Leidenschaft auf den verwandelten Esel stürzt. Shakespeares Komödie ist ein ständiger Wechsel zwischen Traum und Wirklichkeit, ein Stück in einem Stück, das immer wieder die Frage nach der Wahrhaftigkeit der Liebe aufwirft.

Die Schauspieler nehmen an diesem Abend mehrere Rollen ein - so ist Lysander auch Meister Zettel in Handwerkerkleidung, spielt Pyramus, verwandelt sich in einen Esel, verführt als solcher Titania. Seine eigentliche Geliebte Hermia ist kurz auch Zofe von Titania, später Meister Schnauz, spielt als solcher die Wand zwischen Pyramus und Thisbe.

Abseits der Bühne muss ein rasend schneller Kostümwechsel stattfinden. Demetrius schlüpft von Hemd und Hose schnell ins Kleid der Thisbe, im Haar eine Blume, später wieder zurück. Und wechselt nebenbei von der wütenden Stimme des umherirrenden Demetrius in das hohe Lispeln der Thisbe, zwischendurch singt er in tiefer Stimme eine Hymne auf die verquere Liebe. Manchmal schmiegt sich seine Figur an die Wange der Helena, manchmal stößt er sie weg, als Thisbe ärgert er sich über sie, die hier den stets leuchtenden Mond spielen soll. Es gelingt das Durcheinander, das doch nicht aus seiner dramaturgischen Bahn gerät, skurril und gleichzeitig komisch bleibt.

Gegen Ende liegt das vielleicht auch an der Figur des Peter Squenz, gespielt von Jürgen Füser, der als Dichter und Regisseur im Stück die Rolle einnimmt, die der Realität am nächsten steht. Und der hier die Verzweiflung über die ständigen Versprecher seiner Schauspieler, die tragische Komik der Missverständnisse verkörpert, indem er sich verzweifelt auf die Bühne stürzt, an deren Rand festklammert, sich über die Stufen rollt. Er ist die Figur in karierter Hose, roter Krawatte und klassischer Schirmmütze, die das Chaos des Stückes zu ordnen versucht - manchmal freundlich bemüht, oft verzweifelt, letztendlich resignierend. Dass diese Inszenierung gleichzeitig auf drei Bühnen spielt, betont all das, lässt nicht nur Köpfe drehen, sondern auch Gefühle wenden und verarbeiten. Es zieht den Zuschauer in diesen Wirbel aus Emotionen, zwischen Leid und Komik - der sich schlussendlich in beglücktem Applaus entlädt.

"Der Sommernachtstraum" vor der Halle des Tennisclubs Lauterbach: Die nächsten Vorstellungen sind bereits ausverkauft, Karten gibt es nur noch für Samstag, 3. August, und die Zusatzvorstellung am Sonntag, 4. August . Kartenbestellung unter der Nummer 08131/326 400 oder mail@hoftheater-bergkirchen.de.

© SZ vom 13.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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