Talentiade 2019:Großer Spagat zwischen Sport und Schule

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Eigentlich ist Anna Metes sehr bodenständig, außer beim Turnen, etwa wenn sie zu ihren Sprüngen ansetzt. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Anna Metes beherrscht ihren Köper am Boden, im Wasser und in der Luft. Doch die größte Herausforderung der Turnerin ist, Sport und Schule unter einen Hut zu bringen.

Von Anna-Elisa Jakob, Dachau

Anna Metes bindet sich die Haare zu einem strengen Pferdeschwanz nach hinten, ein paar Minuten später setzt sie zu ihrem ersten Sprung in der Jahnhalle des TSV Dachau an. Fragt man die 17-jährige Turnerin, woher sie ihre Motivation nehme, um mindestens einmal am Tag zu trainieren - freitags erst in der Halle des TSV, direkt im Anschluss für den SV Lohhof - und am Wochenende für Wettkämpfe lange Anfahrtszeiten auf sich nimmt, wirkt sie beinahe etwas überrascht. "Das ist mein Alltag", sagt sie und fügt hinzu: "Ich bin mit dieser Einstellung aufgewachsen."

Die Nachwuchsturnerin stammt aus einer Sportlerfamilie, die Eltern beide leidenschaftliche Turner, mit ihrer größeren Schwester konnte sie stets gemeinsam trainieren - "mein Vorbild", nennt sie Anna Metes.

Sie turne, seit sie laufen kann, erzählt die 17-Jährige. Mit sechs Jahren wechselte sie zum TSV Dachau. Nebenbei fing sie bereits mit fünf Jahren mit dem Wasserspringen an. Mit sieben Jahren holte sie die erste Medaille bei den Bayerischen Meisterschaften, später kamen mehrere Goldmedaillen bei den Bayerischen und Süddeutschen Meisterschaften hinzu.

Diese sportliche Leidenschaft musste Anna Metes 2018 jedoch aufgegeben, es gab Differenzen mit der Trainingsleitung - und der Standort in München war der einzige in der Umgebung, der Wasserspringen überhaupt anbot. Im gleichen Jahr fand sie jedoch zu einer anderen Sportart, wurde in den Bayernkader des SV Lohhof für "TeamGym" aufgenommen, qualifizierte sich hier für die Europameisterschaften und wurde für den Deutschlandkader ausgewählt.

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"TeamGym" ist eine Sportart aus Skandinavien und vereint Bodenturnen, Akrobatik und Trampolinspringen. "Sie ist ein Multitalent", sagt Udo Grönbold, Leiter der Turnabteilung des TSV Dachau, der die junge Turnerin aufgrund ihrer herausragenden Leistungen für die SZ Talentiade vorgeschlagen hat. Außerdem hätte sie ein besonderes Gespür für die Mannschaftsführung, erklärt Grönbold: "Sie kann die Mannschaft mitreißen - und das ist wichtig."

Gerade steckt die junge Turnerin mitten in den Abiturprüfungen am Isar-Sport-Gymnasium in München, einer Ganztagsschule. Das sei ein großer Vorteil, findet Anna Metes. Die meisten Aufgaben hatte sie nach der Schule bereits erledigt und konnte sich dem Training widmen. In der Oberstufe wurde es jedoch deutlich schwieriger, Sport und Schule zu vereinbaren, teilweise ließ sie das Training dafür ausfallen. "Die Schule steht dann doch - leider - an erster Stelle", sagt die 17-Jährige und lacht. Der nächste und über den Aufstieg entscheidende Ligawettkampf im Turnen fällt auf einen Samstag im Juni, genau einen Tag nach ihrer Abiturverleihung. Am Tag der Notenvergabe sollte sie außerdem mit ihrem Team auf dem Weg zu einem Wettkampf in Schweinfurt sein. All das sieht die Nachwuchsturnerin als beinahe alltägliches Hindernis, abhalten lässt sie sich dadurch aber nicht: "Das löse ich schon, da bin ich optimistisch."

Trotz ihrem Ehrgeiz und dem großen sportlichen Willen, den sie zeigt, wirkt Anna Metes bodenständig und bedacht. Ihre nächsten Ziele: den einen Sprung noch etwas besser ausführen, die nächste Qualifikationsrunde mit ihrem Team schaffen. "Es ist toll, dass sie diese hohe Leistung in allen Bereichen bringt, obwohl sie nicht die optimalen Trainingsvoraussetzungen hat", sagt Udo Grönbold. Sonja Grönbold, die Trainerin der jungen Turnerin beim TSV Dachau, erklärt: "Allein der Auf- und Abbau in unserer Halle kostet die Turnerinnen rund eine halbe Stunde Trainingsverlust."

Für den TSV Dachau tritt Anna Metes im Mehrkampf an - eine Kombination aus Turnen, Leichtathletik und Schwimmen. In der nächsten Altersklasse, die sie mit ihrem 18. Geburtstag erreicht, werden hier in jeder Kategorie drei neue Disziplinen hinzukommen - unter anderem das Wasserspringen. "Da kommt mir natürlich meine Vorerfahrung zugute", sagt Anna Metes. Sie ist zufrieden.

An dieser Stelle scheint es, als schließe sich der sportliche Kreis um die Nachwuchsturnerin, als werde ihr Urvertrauen in den Sport, ihre Ausdauer und Geduld ganz besonders belohnt. "Mein Ziel ist, dass der Sport mein Beruf wird", erklärt die 17-Jährige. Vielleicht mit einer Ausbildung zur Physiotherapeutin, zuvor mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr beim SV Lohhof - hier möchte sie ihren Trainerschein machen. Eines steht für sie aber in jedem Fall schon fest für die Zeit nach dem Abitur: "Dann werde ich endlich noch mehr Zeit in der Turnhalle verbringen.

© SZ vom 25.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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