SZ-Serie "Weihnachtsgeschichten":Gans klassisch

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Die Gänse vom Hof der Kreitmeirs sind heiß begehrt. Mila, 4, (links) und Leo, 5, helfen beim Zusammentreiben der Tiere schon mit wie Profis. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Ein Jahr lang hegt Anton Kreitmeir die schnatternden Tiere - dann kommen sie in die Backröhre und auf den Festtisch.

Von Anna-Sophia Lang, Lotzbach

Mit Furcht einflößendem Fauchen, geöffnetem Schnabel und aufgeregt abgespreizten Flügeln kommt die Herde Gänse angestürmt. Anton Kreitmeir bleibt ganz locker. Mit ausgebreiteten Armen treibt er eine kleine Schar in die Ecke, dann springt er blitzschnell vor und greift eine Gans am Flügelansatz. Eine Weile schnattert sie noch hektisch auf seinem Arm, dann wird sie ruhig. 140 große, weiße Gänse laufen auf der Wiese gleich hinter Kreitmeirs Hof in Lotzbach herum. In einer Woche ist es damit vorbei. Dann liegen sie goldbraun und knusprig gebraten neben Knödeln und Blaukraut auf dem Esstisch: als Weihnachtsgänse.

Die SZ stellt in einer Serie bis Heiligabend Menschen aus dem Landkreis mit ihrer persönlichen Weihnachtsgeschichte vor. Anton Kreitmeir arbeitet eigentlich beim Landwirtschaftsministerium. Nebenher hält er auf dem Hof seiner Eltern Gänse und Enten. Die verkauft er zur Kirchweih, für Martini und an Weihnachten.

Schon vor Wochen wurde die letzte der 140 Gänse vorbestellt

Wer allerdings eines von Kreitmeirs Tieren will, muss schnell sein. Schon vor sechs Wochen wurde die letzte der 140 Gänse vorbestellt. Kein Wunder, denn die Kreitmeirs sind seit mehr als 30 Jahren im Geschäft. Die meisten Kunden bestellen schon seit Jahren bei ihnen. Und das mit gutem Grund. Kreitmeirs Gänse wachsen auf den Wiesen rund um den Hof auf. Neben dem Gras bekommen sie Weizen, Gerste und Hafer. Das Getreide baut Kreitmeir selber an, der Großteil des Weizens ist für die Würmmühle in Dachau bestimmt. Den Hafer baut er extra für die Gänse an. Außerdem bekommen sie hin und wieder Eiweiß als Ergänzung. Das ist entweder ein Produkt aus Kartoffeln aus dem Landkreis oder aus Soja. Dann achtet Kreitmeir darauf, dass es garantiert frei von Gentechnik ist.

Etwa ein Jahr dauert es, bis die Gänse ausgewachsen sind. Kreitmeir kauft sie als Küken im April oder Mai. Würde man sie hochfüttern, sagt er, wären sie wesentlich schneller bereit für die Schlachtung. Allerdings ist dann die Fleischqualität schlechter. Eine Gans wird fünf bis sechs Stunden im Ofen gegart, bis sie durch ist. Dafür braucht sie eine ordentliche Fettschicht. Fehlt die, wird die Gans trocken. Eine richtige Fettschicht, sagt Kreitmeir, setzen Gänse aber erst an, wenn es kalt wird - also in der Vorweihnachtszeit.

Die stressigste Zeit des Jahres ist für Gänsebauern nicht der Dezember

Die stressigste Zeit des Jahres ist für Gänsebauern aber nicht der Dezember, sondern die ersten vier Wochen, wenn die Gänse noch im Kükenalter sind. Dann muss darauf geachtet werden, dass keine Raubvögel kommen und die Küken holen. Außerdem haben die Jungen noch nicht das weiße Federkleid erwachsener Gänse entwickelt, das vor Feuchtigkeit schützt. Werden sie nass, drohen sie auszukühlen.

Einen besonders arbeitsamen Tag auf dem Hof hat Anton Kreitmeir aber trotzdem im Dezember. Zwei Tage vor Heiligabend werden die 140 Gänse geschlachtet. Das macht die Familie selbst. Die fertig gerupften und vorbereiteten Gänse werden gekühlt, aber nicht eingefroren, damit sie so frisch wie möglich bleiben. Am 23. kommen dann die Kunden, um die vorbestellten Gänse abzuholen. Wenn doch eines der 140 Tiere übrig bleibt, kommt am Heiligen Abend auch bei den Kreitmeirs Gans auf den Tisch. Einzuwenden hätte dagegen niemand in der Familie etwas. Im Gegenteil. Schließlich gibt es das ja sonst das ganze Jahr über nicht.

© SZ vom 17.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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