SZ-Adventskalender :Psychisch krank und allein

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Maximilian T. muss starke Medikamente nehmen und kann nicht mehr arbeiten. Über Abwechslung würde er sich freuen

Von Petra Schafflik, Dachau

Ein freundliches Lächeln, ein kräftiger Händedruck, mit aufgeschlossenem Blick begrüßt Maximilian T. (Name geändert) sein Gegenüber. Dann erzählt der tatkräftig und sportlich wirkende Mann recht offen, was ihn mehrmals die Woche herführt in die Caritas-Tagesstätte für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Hier fühle er sich wohl und angenommen, weil alle anderen wie er mit Beeinträchtigungen klar kommen müssten oder in schwierigen Umständen lebten. "Da findet sich schnell eine Gesprächsbasis, da fühle ich mich einfach verstanden."

Auch wenn der 48-Jährige selbstsicher wirkt - außerhalb des geschützten Umfelds verspüre er rasch Unsicherheit. Denn seit Jahren leidet Maximilian T. an einer psychischen Erkrankung, die sein Leben auf den Kopf gestellt hat. Sein Leiden sei spontan vor mehr als zehn Jahren ausgebrochen. Es hat ihn zunehmend aus der Realität herausgeführt. "Wie ein Blitz aus heiterem Himmel", sagt er. Plötzlich war nichts mehr wie zuvor. "Ich fühlte mich beobachtet, hörte Stimmen, dann kam der Zusammenbruch." Einen konkreten Anlass habe es nicht gegeben, auch habe er nie Drogen konsumiert, das ist ihm wichtig zu betonen. Immerhin: Familie und Freunde hätten ihn aufgefangen, "aber das komplette Leben ändert sich."

Denn seitdem bestimmt die Krankheit seinen Alltag. Erst hoffte er noch auf Heilung, versuchte nach einer vorerst erfolgreichen Therapie den Weg zurück in seinen Beruf als Krankenpfleger. Doch die Belastung war zu groß, der Stress eines normalen Arbeitstags ist für ihn schlicht zu viel, das musste er sich eingestehen.

Nun ist er erwerbsunfähig, lebt von einer geringen Rente. "Meiner Hoffnung, dass ich meinen Lebensunterhalt wieder selber bestreiten könnte, hat die Krankheit einfach Grenzen gesetzt." Grenzen, die eng sind. Denn um die Erkrankung im Griff zu behalten, ist Maximilian T. auf starke Medikamente angewiesen. In die Tagesstätte kommt er daher meist erst nach dem Mittagessen, am Vormittag rauben ihm die Nebenwirkungen der Medizin Schwung und Kraft. Aber immerhin ist er so frei von Symptomen.

Gerade weil ihm die Erkrankung ein "normales" Leben nicht erlaubt, schätzt er die Abwechslung in der Tagesstätte, freut sich über das Zusammensein mit anderen Menschen, die auch an einer psychischen Belastung leiden und seine Probleme nachvollziehen können.

Auch wenn ein regulärer Job unmöglich ist, möchte sich Maximilian T. einbringen, einen Beitrag leisten, sich zumindest ehrenamtlich für die Gesellschaft engagieren. Als Schulweghelfer hat er eine passende Betätigung gefunden. Eine sinnvolle Tätigkeit, die ihn ein wenig fordert, aber ihm auch Freude bereitet. "Es ist ein gutes Gefühl, wenn mich die Kinder begrüßen", erzählt er.

An den Abenden kann es dann aber schon passieren, dass die Gedanken kreisen. Dann findet Maximilian T. willkommene Ablenkung in Filmen und Dokumentationen, die er sich im Fernsehen ansieht. "Das ist eine super Abwechslung." Doch sein altes Röhrengerät hat endgültig den Geist aufgegeben, einen neuen Fernseher kann sich der Mann nicht leisten.

Der SZ-Adventskalender will helfen. Maximilien T. ist froh und dankbar über die Unterstützung. Aber auch ein wenig traurig, dass ihn das Schicksal in die Lage bringt, dass er nicht aus eigener Kraft zurechtkommt. Bedrückt ist er auch darüber, "dass der Staat nicht ein wenig besser nach uns schaut, so dass ich diese Hilfe beantragen muss."

© SZ vom 05.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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