Stundenlange Diskussion:Optionen für die Ortsentwicklung

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Flächenverbrauch, leer stehende Häuser, alte Gebäude: Altomünsters Bürgermeister Anton Kerle plädiert für Mehrfamilienhäuser in Neubaugebieten und würde historische Ensembles gern sanieren. Doch viele Besitzer sperren sich gegen einen Verkauf

Von Horst Kramer, Altomünster

Nach rund drei stündiger Diskussion wirkte Bürgermeister Anton Kerle (CSU) durchaus ein bisschen erschöpft: "Eine derart lebhafte Bürgerversammlung hätte ich nicht erwartet." Zirka sechzig Altomünsterinnen und Altomünsterer hatten den Rathauschef im Kapplerbräu mit ihren Fragen auf Trab gehalten. Zuweilen durchaus fordernd, aber immer in einem kooperativen Ton. Die Diskussionen drehten sich im wesentlichen um Ortsentwicklungsfragen: Verkehr, Wohnraum, Infrastruktur - und natürlich um die Zukunft des Klosters.

Peter Erhorn hatte Bürgermeister Kerle vorab einen ganzen Fragenkatalog zur Stumpfenbacher Straße zukommen lassen. Der Anwohner forderte unter anderem Geschwindigkeitsmessungen und regte die Einführung eines Tempo-30-Abschnitts ein. Kerle wurde grundsätzlich: Ob Tempo 30 bei Ortsverbindungsstraßen überhaupt zulässig seien, bezweifelte er. Zudem befürchtete er bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung einen Präzedenzfall: "Dann müssten wir alle Wohngebiete mit Tempo 30 ausschildern." Zuruf aus dem Publikum: "Warum nicht?!" Der Bürgermeister argumentierte so: "Wenn überall Tempo 30 gilt, nimmt das niemand mehr wahr." Erhorn schlug Geschwindigkeitsmessungen zumindest an den Ortseingängen vor. Kerle verwies auf die Kosten, schließlich müsste dann jeder Ortsteil mit den elektronischen Anzeigetafeln ausgestattet werden. Nichtsdestotrotz sagte er zu, sich bei seinen Amtskollegen im Landkreis nach deren Erfahrungen mit den Messtafeln zu erkundigen.

Flächenverbrauch, leer stehende Häuser, Neubaugebiete - die Altomünsterer fragten den Gemeindechef auch nach der Wachstumsstrategie der Marktgemeinde. Kerle plädierte dafür, bei Neubaugebieten zukünftig verstärkt auf Mehrfamilienhäuser zu setzen. "Der Bedarf ist da, wie die Reitwiesen-Siedlung am Bahnhof bewiesen hat." Der Gemeinderat werde im Januar außerdem über ein neues Einheimischen-Modell beraten. Sabine Avenarius schlug vor, alte Gebäude im Ortszentrum zu restaurieren - eine Idee, mit der sie bei Kerle im Prinzip offene Türen einlief. Allein, die Verwaltung habe auf viele leer stehende Gebäude keinerlei Zugriff. Man könne niemanden zur Restaurierung oder zum Verkauf zwingen, so der Bürgermeister, "ein Grundstück ersetzt heutzutage das klassische Sparbuch." Der Bürgermeister appellierte an die Hausbesitzer: "Andere Gemeinden punkten mit der Lage an der Autobahn, unser Pfund sind die historischen Ensembles."

Das war das Stichwort für Fragen nach der Zukunft des ehemaligen Birgittenklosters. Eine Altomünsterin gab zu bedenken, dass die Erzdiözese nicht über eine Anlage verfügen könne, die ihr gar nicht gehöre. Kerle stellte jedoch klar: "Die Erzdiözese ist als Besitzer im Grundbuch eingetragen und hat das Recht, darüber zu verfügen." Die kirchenrechtliche Lage könne er allerdings nicht beurteilen. Für die Gemeinde sei die Entwicklung durch die Klage der selbst ernannten Postulantin Claudia Schwarz in Rom sehr ärgerlich. Unter anderem, weil in Sachen des Neubaugebiets "Am Sandgrubenfeld" nichts vorangehe. Das Areal gehört zur Hälfte der Kirche, zur Hälfte der Kommune; dort sollten rund vierzig Bauplätze entstehen. Kerle: "Alle Verträge sind geschlossen, die Planungen angelaufen. Die Gemeinde hat rund eine Million Euro investiert." Durch den Kirchenrechtsstreit sei alles blockiert. Auch Projekte für die Kirchengemeinde, zum Beispiel der neue Pfarrsaal, den das Erzbistum hinter dem alten Pfarrhaus errichten wollte. Gemeinderat Wolfgang Grimm (CSU) kommentierte bitter: "Das ist extrem unchristlich!"

Die Versammlung endete dennoch mit einer halbwegs heiteren Note. Susanne Meyer-Bremen beklagte die schlecht beheizten Museumsräumlichkeiten bei den Wochenendveranstaltungen. Museums-Vorstand Professor Wilhelm Liebhart wusste den Schwarzen Peter elegant weiterzugeben - an die Gemeindeverwaltung. Denn seitdem die Kommune das Museum an das eigene Blockheizkraftwerk angeschlossen habe, so der Historiker, könne der Museumsverein die Heizung nicht mehr selber bedienen, alles laufe zentral gesteuert ab. "Sobald der Kindergarten in der Schultreppe 3 geschlossen ist, wird es auch bei uns kalt", klagte Liebhart. Sein Rat an die Seniorin: "Rufen Sie bei Amtsleiter Christian Richter an!"

© SZ vom 06.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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