Streitthema Landschaftsschutz:Die Fronten bröckeln

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Der Bund Naturschutz schließt ein Bürgerbegehren gegen das geplante Karlsfelder Gewerbegebiet aus. Seine Forderungen nach einem umfassenden Landschaftsschutzgebiet scheitern im Gemeinderat nur haarscharf

Von Gregor Schiegl und Manuel Kronenberg, Karlsfeld

Lange sah es so aus, als würde der Konflikt um das geplante Karlsfelder Gewerbegebiet im Grünzug in einem neuen Bürgerentscheid eskalieren. Doch auf beiden Seiten gibt es Bewegung, eine Kraftprobe an der Urne wird immer unwahrscheinlicher. Auf der Mitgliederversammlung des Bunds Naturschutz (BN) am Freitag sprach sich Kreisvorsitzender Roderich Zauscher erstmals klar gegen einen Bürgerentscheid aus. Jetzt noch einmal abstimmen zu lassen, sei nicht sinnvoll, sagte er. In der breiten Phalanx der Gewerbegebietsgegner ist der Bund Naturschutz der größte und wichtigste Akteur.

2010 gab es bereits eine Abstimmung über ein Gewerbegebiet im Grünzug. Damals setzten die Gegner sich mit Zweidrittelmehrheit durch. Diesmal ist der Umgriff des geplanten Gebiets deutlich kleiner, die Gemeinde steht finanziell mit dem Rücken zur Wand. Ob die Abstimmung genau so ausginge, wie 2010 ist völlig ungewiss. Einen Teilerfolg haben die Naturschützer allerdings errungen. In ihrem Werben für ein möglichst umfassendes Landschaftsschutzgebiet im Grünzug zwischen Dachau und Karlsfeld haben sich die politischen Kräfteverhältnisse deutlich verschoben.

Nach einem Treffen mit Vertretern des Bunds Naturschutz ist die Karlsfelder SPD-Fraktion überraschend auf den Kurs der Naturschützer und des Bündnisses für Karlsfeld geschwenkt. In der jüngsten Gemeinderatssitzung unterstützten sie die Pläne des BN, die über den Antrag der Gemeinde deutlich hinausgehen. Karlsfeld hat bereits selbst ein Landschaftsschutzgebiet beantragt, um die verbliebenen Moosreste dauerhaft zu erhalten, aber auch, um die Gegner des Gewerbeprojekts zu beschwichtigen, die in dem Sieben-Hektar-Bauprojekt an der Stadtgrenze zu Dachau die Initialzündung zur Zerstörung der letzten Reste des Dachauer Mooses sehen.

Das Konzept des BN sieht zusätzliche Flächen vor, die teilweise intensiv landwirtschaftlich genutzt werden. Im Gemeinderat scheiterte der Antrag zwar mit neun zu elf Stimmen. Aber das Ergebnis hätte auch anders ausfallen können: Die CSU-Gemeinderäte Wolfgang Mühlich und Wolfgang Offenbeck sind selbst Besitzer landwirtschaftlicher Flächen in dem Gebiet und durften nicht mitstimmen. Die CSU, die die Pläne kritisch sieht, hätte damit keine Mehrheit mehr gehabt - hätten nicht auf der anderen Seite ebenfalls zwei SPD-Vertreter gefehlt und FW-Mann Anton Flügel.

CSU-Fraktionssprecher Bernd Wanka betonte, er teile das Ziel, das Moos dauerhaft vor Bebauung zu schützen. Gegen ein möglichst weit gefasstes Landschaftsschutzgebiet gebe es aber "noch eine ganze Reihe von Bedenken". Landwirte und Gärtnereibesitzer könnten in der Ausübung ihrer Arbeit behindert werden, befürchtet Wanka. Diese Sorge teilen die anderen Fraktionen nicht. Den Erlass der Satzung zum Landschaftsschutzgebiet arbeite der Kreistag aus, sagte SPD-Fraktionschefin Hiltraud Schmidt-Kroll. "Der Kreistag kann die Interessen sicher unter einen Hut bekommen." Ihre Kollegin vom Bündnis, Mechthild Hofner warb ebenfalls für eine Zustimmung: "Den Beschluss kann man ohne Angst mittragen. Niemand wird in seiner Existenz gefährdet." Aus Sicht der Christsozialen sind die Forderungen nach einem umfassenden Landschaftsschutzgebiet vor allem Forderungen nach einem "Vertrauensbeweis". Durch den Flächennutzungsplan sind die Moosflächen als Grünland geschützt - aber nur solange die Gemeinde den Plan nicht ändert. Und in diesem Punkt sehen manche Gewerbegebietsgegner tatsächlich eine Gefahr.

Die Absage an die Pläne des BN wertet Zauscher nicht als Rückschlag. Er habe schon mit einer Ablehnung gerechnet, sagte er. "Ich habe gedacht, dass sie deutlich höher ausfällt." Dass es nun so viele Befürworter im Gemeinderat gibt, freue ihn. Noch sei nichts entschieden. "Ich glaube, unsere Idee wird mehr und mehr akzeptiert." Zauscher ist überzeugt, dass auch die restlichen Bedenken, die es beispielsweise in der Landwirtschaft gebe, noch ausgeräumt werden könnten. Wichtig sei, die Probleme immer wieder anzusprechen. "Das ist alles eine Frage des Drucks."

© SZ vom 21.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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