Streit um den besten Standort:Ärger ums fünfte Gymnasium

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Beim Richtfest für den zweiten Bauabschnitt für die neue Realschule in Odelzhausen erzürnt Landrat Stefan Löwl die Gäste. In einer Presseerklärung am Tag danach erklärt er, dass die Randgemeinden keine Chance auf diese Einrichtung haben.

Von Horst Kramer, Odelzhausen

Landrat Stefan Löwl befeuert die Diskussionen um das fünfte Gymnasium im Landkreis und entfacht so den Unmut der Odelzhausener. Eigentlich sollte es ein Nachmittag der Freude werden, schließlich wollte man das Richtfest für die zweite Baustufe des neuen Schulkomplexes in Odelzhausen feiern. Doch Löwl lenkte die Aufmerksamkeit der etwa 500 geladenen Gäste weit in die Zukunft, in dem er den "sehr attraktiven Schulstandort" in höchsten Tönen lobte. Schüler aus den Nachbarlandkreisen sowie aus Ortsteilen der Gemeinden Erdweg, Altomünster und Schwabhausen kämen inzwischen nach Odelzhausen, um zu lernen. "Ich kann den Wunsch nach einem Gymnasium nachvollziehen", sagte er. Im Publikum wurde es unruhig.

Doch dann forderte er die Anwesenden auf, den Zahlen der Experten zu vertrauen. Mehr noch: Löwl forderte "Respekt" vor deren Arbeit. Es war allen klar, welche Zahlen der Landkreischef meinte: die Bevölkerungs- und Schülerzahlprognosen, die der Augsburger Diplomstatistiker Christian Rindsfüßer im September dem Kreistag vorgelegt hatte. Der Petershausener Bürgermeister Marcel Fath (FW) und der Odelzhausener Rathauschef Markus Trinkl (parteifrei) hatten diese angezweifelt.

Kurz darauf verließ der Landrat den Feierort, die Odelzhausener blieben ratlos, einige sogar verärgert zurück. Bärbel Riedel, eine der Elterbeirätinnen der Realschule, die sich vor Jahren zusammen mit der jetzigen Elternbeiratsvorsitzenden Manuela Steinert mit Vehemenz erst für eine Gemeinschaftsschule, dann für eine Realschule eingesetzt hatte: "Da hat sich der Landrat selber widersprochen. Er kann nicht erst das große Einzugsgebiet loben, um dann hinterher zu sagen, dass die Schülerzahlen für ein Gymnasium nicht reichen." Genau in dieselbe Kerbe hieben hinterher auch Bürgermeister Markus Trinkl und der Grünen-Kreisrat Roderich Zauscher. "Über diese Zahlen werden wir auf der Kreistagssitzung diskutieren", versprach Zauscher.

Landrat drängt zur Eile

Der Ärger entlud sich offenbar am Abend: Trinkl und Löwl telefonierten. Undiplomatisch muss es dabei hergegangen sein, hieß es. Aber wohl deutlich. Jedenfalls lud der Landrat kurzfristig zu einem Pressegespräch zum Thema Gymnasium.

Die drei bisherigen Landkreisgymnasien stehen vor dem Kollaps, die beschlossene vierte höhere Schule in Karlsfeld ändert daran gar nichts, resümierte Löwl. Ursache der Misere sei vor allem die schnelle Rückkehr zum neunstufigen Gymnasium (G9) noch im laufenden Schuljahr. Der Landrat rechnete vor: "Im Jahr 2025 (dem ersten G9-Abitur-Jahrgang - Anmerkung der Redaktion) haben wir 19 bis zwanzig Klassen mehr an unseren Gymnasien." Also rund 480 bis 500 Schüler zusätzlich. Dabei sei das Bevölkerungswachstum im Landkreis sowie die höheren Übertrittsquoten noch nicht berücksichtigt. "Deswegen ist Eile geboten", sagte Löwl.

Wichtig ist aus Sicht des Landratsamts, dass das fünfte Gymnasium die beiden Dachauer Schulen sowie das Markt Indersdorfer Gymnasium merklich entlastet. "Ein Gymnasium am Landkreisrand kann das nicht leisten", konstatierte Hauptabteilungsleiter Gerhard Weber, der mit zur gekommen war. Es gäbe detaillierte Berechnungen von der Kreisbehörde zur Schülerzahlreduktion, die sich durch jeden der möglichen Standorte an der S2 und der A8 für die drei etablierten Schulen ergäben. Das Resultat sei für die Randgemeinden niederschmetternd: Weder ein Gymnasium in Petershausen noch in Odelzhausen trügen zu einer wesentlichen Verbesserung der Situation in Dachau oder Indersdorf bei. So das Fazit des Landrats.

Sogar von einem sechsten Gymnasium ist schon die Rede

Doch wenn dem so ist, warum wurden Gemeinden wie Petershausen oder Odelzhausen überhaupt zu ihren Gymnasialwünschen befragt? Wo sie doch von vorneherein keine Chance im Standortwettbewerb hatten? "Das war nicht unsere Idee, sondern eine Vorgabe des Kreistags", verteidigte Weber das Vorgehen. "Anscheinend wollte sich mancher Kreispolitiker Ärger zu Hause ersparen."

Die Entscheidung, die der Kreistag am kommenden Freitag zu treffen hat, fällt demnach wohl zwischen den drei Dachau nahen Standorten Bergkirchen, Hebertshausen und Röhrmoos. Eine wichtige Rolle spielt dabei die kurzfristige Verfügbarkeit eines Baugrundstücks, erklärte Löwl. Aber natürlich spielten auch die Schülerzahlen eine Rolle.

Dass in näherer Zukunft über ein weiteres, sechstes Gymnasium zu entscheiden sein wird, hält der Landrat übrigens für sehr wahrscheinlich. Weber macht klar: "Wenn am Freitag eine Entscheidung pro Bergkirchen fällt, ist allerdings klar, dass dann auf lange Zeit ein Standort Odelzhausen keine Chance mehr hat."

Löwl bringt die Wahl auf den Punkt: "Für die Kreisräte aus dem Westen stellt sich nun die Frage: Wollen sie den Spatz in der Hand oder die Taube auf dem Dach?" Der sichere Spatz heißt Bergkirchen, die unsichere Taube Odelzhausen.

© SZ vom 23.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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