Straßenbau in Petershausen:An Beiträgen führt kein Weg vorbei

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Die Hauseigentümer werden nach der Sanierung der Bahnhofstraße zur Kasse gebeten. (Foto: Toni Heigl)

Auf einer Infoveranstaltung in Petershausen beklagen sich Bürger über ihre Zahlpflicht bei Straßensanierungen. Ein Experte erläutert das diffizile System der Ausbaukosten und beruhigt: Für Härtefälle gibt es Sonderregeln

Von Petra Schafflik, Petershausen

Straßenausbaubeitragssatzung (SABS) - schon das Wortungetüm erschreckt. Haus- und Grundbesitzer wissen nur zu gut, dass dieses Regelwerk sie teuer zu stehen kommen kann. Dann, wenn die Straße vor ihrer Haustür saniert wird und sie auf Basis der SABS teils erkleckliche Kostenbeiträge leisten müssen. Attraktiv erscheint da eine Gesetzesnovelle von 2016, die mit wiederkehrenden Beiträgen eine Entlastung der Bürger verspricht. Gemeinderäte im Landkreis beschäftigen sich mit dieser Option. Damit in Petershausen die Bürger mitreden können, lud Bürgermeister Marcel Fath (FW) am Dienstag zum Informationsabend in die Grundschulaula. Das Interesse war groß, der Unmut über die Zahlpflicht auch. Referent Gerhard Wiens, als ehemaliger Vorsitzender Richter am Münchner Verwaltungsgericht ein ausgewiesener Beitragsrecht-Experte, hatte jedoch die Option von Straßensanierungen ohne Bürgeranteil nicht in petto. Zur Wahl stehen den Gemeinden die bisherigen Einmal- und neu auch wiederkehrende Beiträge.

"Ich verstehe gar nicht, wieso das reiche Bayern so eine Regelung einführt"

"Das ist doch nicht in Ordnung, dass ich als Anlieger für die Straße zahlen muss. Die Verkehrswege nutzen alle Bürger", sagt ein älterer Petershausener auf die Frage, warum er zum Vortrag gekommen ist. Bestimmt keine Einzelmeinung, wie Zwischenrufe im Saal erkennen ließen. In Berlin müssten Bürger auch nichts zahlen. "Ich verstehe gar nicht, wieso das reiche Bayern so eine Regelung einführt", schimpfte Erna Feicht. Doch eine Abschaffung der SABS, so dass Bürger nichts mehr zahlen müssten für Straßensanierungen, steht nicht zur Debatte. Umso wichtiger war es Referent Wiens, in durchaus humorvollem Ton das System der Straßenausbaubeiträge zu erklären. Ausführlich ging Wiens auf Einzelfälle hoher Straßenausbaubeiträge ein, die immer wieder für Schlagzeilen sorgen. Situationen wie die von "Opa Johann", der im Norden von München laut einem Zeitungsbericht 99 000 Euro für einen Gehweg hätte zahlen müssen. Tatsächlich ging es um 40 000 Euro, auch wurde die gesamte Straße saniert, so Wiens. Mitleid hatte der Referent mit dem Rentner nicht, denn der Senior erhielt den Gebührenbescheid für ein riesiges Grundstück, das 2,2 Millionen Euro wert ist. Um die Gebühr zu zahlen, müsste der Rentner "nur wenige Quadratmeter verkaufen", erklärte der Referent.

Das Publikum war nicht einverstanden. "Das ist Enteignung", schimpften Zwischenrufer. Aber Eigentum verpflichte, so Wiens. "Oder sollen andere für Opa Johann mitzahlen?" Für Härtefälle, wie die arme Rentnerin, die im wertlosen Häuschen in der Oberpfalz sitzt, könnten Beiträge auf Lebenszeit gestundet werden. Noch nie habe ein Bürger sein Haus aufgeben müssen, weil er die Straßenausbaubeiträge nicht zahlen konnte. "Wir leben in einem Sozialstaat", betonte Wiens. Sparen könnten die Bürger in Sachen Straßensanierung aber dennoch. Wenn sie sich in die Planung einbringen, wenn es darum geht, ob eine "Schloss- oder Badstraße" gebaut wird. Eine frühzeitige Information der Bürger schreibt die Satzung nun ausdrücklich vor.

Aber wie steht es nun um wiederkehrende Beiträge, über deren Sinn oder Unsinn die Gemeinden grübeln. Auf den ersten Blick entlasten sie die Bürger. Wo Anlieger für eine Straßensanierung vor der Haustür im Landesdurchschnitt 10 000 Euro zahlen, käme dieselbe Baumaßnahme bei wiederkehrenden Beiträgen nur auf 200 Euro, die fünf Jahre lang fällig werden.

Größte Krux des neuen Systems sind die Abrechnungseinheiten

Die Einzelbeträge sinken drastisch, weil in einem Solidaritätsmodell die Kosten auf viel mehr Schultern verteilt werden. Mitzahlen müssten Bürger aber immer wieder, wenn eine Straße in ihrem "Abrechnungsgebiet" erneuert wird. Gewinner dieses Systems sind Anlieger, die eine neue Straße zum günstigen Tarif erhalten. Verlierer wären Bürger, die zahlen, aber dennoch an einer unsanierten Straße wohnen. Das könnte zu Unmut führen. Größte Krux des neuen Systems sind aber die Abrechnungseinheiten. Denn die simple Gleichung: Alle Petershausener zahlen für Petershausener Straßen geht nicht auf. Komplexe Vorgaben regeln, welche Straßenzüge eine Abrechnungseinheit bilden können. Und dennoch bleibt die Abgrenzung "nicht rechtssicher, risikobehaftet und eine hohe Belastung für die Verwaltung", erklärte Verwaltungsjurist Wiens.

Sein Fazit: "Widerkehrende Beiträge bieten wunderschöne Vorteile, aber gravierende Nachteile." Und weil es zu dem nagelneuen Gesetz noch keine Rechtsprechung gibt, rät der Experte, "es derzeit nicht zu machen". Sondern lieber die einmaligen Straßenausbaubeiträge "verträglicher zu gestalten." Konkret könnten Beiträge mit Vorauszahlungen über mehrere Jahre verteilt oder per Verrentung als Ratenzahlung auf bis zu zehn Jahre aufgeteilt werden. Auch Rathauschef Fath tendiert zum Status quo. "Die Bildung der Abrechnungseinheiten ist enorm kompliziert in Petershausen, die Verwaltung schon jetzt enorm belastet." Für Bürger-Rückmeldungen sei er nun offen, so Fath. Der Gemeinderat will vor der Sommerpause entscheiden.

© SZ vom 16.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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