Stadtrat Dachau:Diskussion um zweite Schulküche

Lesezeit: 3 min

Die Mittelschule Dachau Süd meldet Bedarf an. Der Zulauf zum Fach Soziales, das Kochunterricht umfasst, sei riesig. Doch der Oberbürgermeister findet keine Mehrheit, einen entsprechenden zweiten Raum zu finanzieren

Von Petra Schafflik, Dachau

Nur Wunsch oder doch echter Bedarf? An ein germanistisches Oberseminar erinnerte am Dienstagabend streckenweise die Debatte im Stadtrat. Im Kern ging es um die Frage, ob die Mittelschule Süd bei der geplanten Sanierung und Erweiterung des Gebäudes eine zweite Schulküche bekommen soll. Die Stadträte im Bauausschuss hatten dies vor zwei Wochen noch mehrheitlich abgelehnt. Nur Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD), die SPD-Fraktion und Wolfgang Moll (parteilos) wollten damals schon die 120 000 Euro für eine zweite Küche ausgeben.

Auf diese Entscheidung reagierte Schulleiterin Ilona Brezing "bestürzt". Schriftlich legte sie den Stadträten dar, dass eine zweite Lehrküche angesichts steigender Schülerzahlen nicht einfach nur wünschenswert, sondern "unabdingbar" sei. Für die CSU Anlass, die gerade noch abgelehnte Küche jetzt als "Bedarfsanmeldung" zu sehen, wie Schulreferentin Katja Graßl sagte. Dennoch folgte die Mehrheit im Stadtrat nach intensiver Debatte nicht dem Vorschlag der SPD, nun Geld für eine zweite Küche bereit zu stellen. Vielmehr soll die Verwaltung die aktuelle Küchenbelegung prüfen und herausfinden, ab welcher Schülerzahl zwei Lehrküchen staatlich gefördert werden. Zeit geht dadurch nicht verloren, da Raumreserven im Konzept ermöglichen, eine zweite Küche noch in der Bauphase nachträglich einzuplanen.

Hauswirtschaftslehrerin Petra Glink (ganz links) kocht mit Schülern. Der Unterricht ist an der Mittelschule Dachau Süd sehr gefragt und kann teils nur theoretisch stattfinden. (Foto: Toni Heigl)

Wenn die Mittelschule Dachau Süd jetzt umfassend erweitert, saniert und aufgestockt wird, entstehen 26 Klassenzimmer statt der bisherigen 17, dazu sieben Fachräume, Schülerbibliothek, neuer Verwaltungstrakt und Hortbereich. Auch eine Schulküche gehört zum Raumprogramm, das der zuständige Bauausschuss Mitte Mai verabschiedet hat. Doch eine Lehrküche reiche nicht für die steigende Zahl von Schülern, mahnt Schulleiterin Brezing. Laut Statistik werden statt aktuell 360 Kindern in fünf Jahren bereits 460 Mädchen und Buben die Schule besuchen. Dazu kommt: "Der Zulauf auf das Fach Soziales ist riesig, da steigt der Bedarf überproportional." Ähnlich große Schulen hätten zwei Küchen, wie die Mittelschule Markt Indersdorf. Oder weichen an andere Standorte aus, wie die Mittelschule Ost, die einen Teil ihrer Schüler in der zur Zeit leer stehenden Ludwig-Thoma-Schule kochen lässt. Dass die Mittelschule Süd gerne eine zweite Küche hätte, war den Stadträten im Bauausschuss bekannt. Doch gibt es staatliche Fördergelder nur für eine Lehrküche. Was über dieses Pflichtprogramm hinausgeht, kann die Stadt realisieren, aber auf eigene Kosten. "Das halte ich auch für sinnvoll", erklärte OB Hartmann erneut. Prompt beantragte SPD-Fraktionsvorsitzende Christa Keimerl, die 120 000 Euro für die zweite Küche nun bereitzustellen. Doch die CSU will nicht einfach den Geldbeutel aufmachen: "Wenn wir allen Wünschen nachgeben, schaffen wir einen Präzedenzfall", fürchtet Familienreferentin Elisabeth Zimmermann.

Damit der Wunsch zum nachvollziehbaren Bedarf wird, soll die Verwaltung noch mehr Daten beschaffen: Wie sich die Schülerzahlen in Dachau Süd entwickeln, ab welcher Schülerzahl eine zweite Küche staatlich gefördert würde, wie die aktuelle Schulküche konkret belegt ist. Kai Kühnel (Bündnis für Dachau) interessiert, "wie viele Schulen im Landkreis zwei Küchen haben?" Markt Indersdorf gilt Kühnel nicht als Vorbild, dort würden Grundschule, Kinderhaus und Volkshochschule die Kochgelegenheiten gemeinsam nutzen. Auch wie intensiv die Lehrküche in Dachau Süd derzeit belegt ist, interessiert die Stadträte. Maximilian Ernst vom Bauamt der Stadt erklärte, das staatliche Förderprogramm umfasse "immer nur eine Schulküche." Vergleichbare Schulen im Landkreis oder der Region München verfügten bei 460 Schülern nur über eine Lehrküche. "Andere Daten liegen uns nicht vor."

Schulleiterin Ilona Brezing erklärt auf Nachfrage der SZ, die Küche sei im laufenden Schuljahr mit 360 Schülern "durchgehend belegt." Montags starte Kochen erst um 9.45 Uhr, weil die Lehrer zum Wochenbeginn frische Lebensmittel einkaufen. Dann laufe der Betrieb täglich von acht bis 16.30 Uhr, freitags bis 13 Uhr. "Wir fahren hier Vollauslastung, die Schüler geben sich die Klinke in die Hand." Mit den Schülern der fünften und sechsten Klassen könne das Fach Ernährung nur im Klassenzimmer bearbeitet werden, weil in der Lehrküche kein Platz ist, um praktisch zu werkeln. "Wir arbeiten schon mit Notlösungen." Die Schulleiterin möchte keine Ansprüche stellen, sondern nur warnen. "Nicht, dass wir nach dem Umbau in eine neu sanierte Schule einziehen und sofort wieder ein Raumproblem bekommen."

Dies sind Fakten, die dem Stadtrat bei seiner Entscheidung so detailliert nicht vorlagen. Im Gremium konnte sich die SPD-Fraktion nicht durchsetzen mit ihrem Antrag, die Finanzmittel für eine zweite Küche jetzt einfach noch rasch bereit zu stellen. Vielmehr wurde die Verwaltung beauftragt, Belegungszahlen der Küche mit echten "Kochstunden" zu beschaffen. Das Vorhaben wird dadurch nicht verzögert, da der Stadtrat das Raum- und Finanzierungskonzept insgesamt billigte.

© SZ vom 02.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: