Stadt Dachau:Piraten kapern SPD-Treffen

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Sozialdemokraten diskutieren übers Internet und überraschend tauchen ein paar Gäste auf.

Matthias Pöls

Unter dem Motto: "Die SPD, die Piraten und das Internet" hatte die SPD zur Mitgliederversammlung eingeladen, bei der neben 20 SPD-Mitgliedern sowie SPD-Stadträten auch sechs Dachauer Piraten anwesend waren und eifrig mitdiskutierten. Die waren über das Internet auf die Veranstaltung aufmerksam geworden und hatten sich kurzerhand selbst eingeladen.

Wohin segelt die Partei? In den sicheren Hafen Bundestag? Oder zurück auf das Meer der Bedeutungslosigkeit? (Foto: dpa)

Danach twitterte Pirat Michael Stanscheck allerdings: "Mist, SPD tarnt Mitgliederversammlung als Diskussionsveranstaltung über Internet und Piraten und wir sind dabei." Auf der Veranstaltung im Ludwig-Thoma-Haus hörte sich das noch ganz anders an. "Uns Piraten wäre es am liebsten, wenn es uns gar nicht bräuchte", sagt Dirk Waltert von den Dachauer Piraten. Denen sei nämlich die Zusammenarbeit ganz wichtig. Dabei hatte SPD-Referent Michael Kausch gerade auf die Piraten als mögliche langfristige Gefahr in der politischen Landschaft hingewiesen, weil diese wichtige Zukunftsthemen wie Internet oder Bürgerrechte besetzten - nur langfristig da die "Themenbreite noch gar nicht programmatisch erfasst ist". Allerdings liege eine Gefahr für die etablierten Parteien und gerade für die SPD in der Bildungspolitik, denn die Piraten haben besonders viele Lehrer in ihren Reihen.

So könne es passieren, dass die politische Mehrheit der SPD verloren geht, "wenn die Piraten fünf Prozent, bei der nächsten Wahl bekommen", etwa wegen thematischer Überschneidungen in der Bildungspolitik. So könnte im schlechtesten Falle "eine gesellschaftliche Mehrheit für die Einführung von Gemeinschaftschulen in Bayern sein, aber die politische Mehrheit für die Umsetzung durch eine Partei fehlt dann".

Andererseits hieß es, raubten die Piraten der SPD keine Wähler. Deren Klientel komme eher aus dem Bereich der Nichtwähler oder Kleinstparteien. "Die Erfolge der Piraten kommen durch Protestwähler, und das liegt auch an uns", so Kausch. Nur 20 Prozent der Piratenwähler hätten diese aus Überzeugung gewählt wie vor kurzem im Saarland. Es gebe eben noch keine gefestigte Parteibindung. "Doch das war damals bei den Grünen genauso", so Kausch.

Das Internet ist das Mittel zur politischen Partizipation", sagt SPD-Referent Michael Kausch am Samstagnachmittag im Ludwig-Thoma-Haus. Und das sowohl für die Bürger, sowie als ein "Mittel im Wahlkampf der Politik", so die Dachauer SPD-Ortsvorsitzende Brigitte Bokovoy.

Der Referent widmete sich den bisherigen Gemeinsamkeiten beider Programme sehr ausführlich. So sei auch die SPD gegen das Acta-Abkommen, wegen der geheimen Verhandlungen, unklaren Formulierungen und des veralteten Urheberrechts. Es sei ganz wichtig das Urheberrecht zu reformieren - eines von vielen Themen im Bereich Internet, in dem die SPD den Piraten in nichts nachstehe. Allerdings werde es nicht ausreichend kommuniziert.

Nur die Piraten hätten selbst ein Urheberrecht verletzt, meinte Kausch und versetzt den Piraten einen Seitenhieb. Deren Leitspruch "Mehr Demokratie wagen" stamme von der SPD. Dieser Slogan müsse wiedergeholt werden. Anders ausgedrückt, was geraubt wurde, müsse zurückerobert werden.

© SZ vom 02.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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