Soziales Engagement:Wie ein Hund im Pflegeheim Menschen hilft

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Andrea Kleist und Hündin Chanouk richten sich nach den Vorlieben der Wohngruppe. (Foto: Toni Heigl)

Ehrenamtliche des Malteser-Hilfsdienstes gehen mit ihren Haustieren in Pflegeheime - und helfen so gegen Vereinsamung.

Von Clara Nack, Röhrmoos

Manche der Bewohner trauen sich noch nicht, selbst auf Chanouk zuzugehen. Wenn die Hündin jedoch auf sie zukommt, fallen die Barrieren und die Mitglieder der Wohngruppe im Franziskuswerk Schönbrunn streicheln sie gerne.

Hundebesitzerin Andrea Kleist hat ihre Labrador-Hündin Chanouk zum Therapiehund für den Malteser Hundebesuchsdienst ausbilden lassen. Seit drei Wochen besuchen Hündin und Helferin nun regelmäßig die Wohngruppe.

Ein Jahr dauerte die Ausbildung für Mensch und Tier. Tolerant muss das Tier sein und natürlich kontaktfreudig. Die Menschen legen zusätzlich die Helfergrundausbildung der Malteser ab und arbeiten danach ehrenamtlich. Karl-Michael Brand, stellvertretender Kreisbeauftragter des Malteser Hilfsdienstes in Dachau, erzählt, das Projekt sei erst vor etwa einem Jahr in die Gänge gekommen. Früher hatte man Rettungshunde kurz vor dem Ende ihrer Ausbildung in die Wohnheime mitgenommen, um sie an Menschen zu gewöhnen. "Wenn die Hunde zu Besuch waren, dann war das wie ein kleines Volksfest, weil die Bewohner sich so auf die Hunde freuten", erinnert sich Brand.

Die Hunde können Reaktionen hervorrufen, die Pfleger nicht erzielen

Mal gibt es einen ausgiebigen Spaziergang, mal zeigt der Labrador seine Tricks. (Foto: Toni Heigl)

Von anderen bundesweiten Malteser Hilfsdiensten hatte man von dem Projekt des Hundebesuchsdienstes gehört und mit den Tieren bisher nur positive Erfahrungen gemacht. Fest entschlossen es auch im Landkreis Dachau auszuprobieren, wurde eine Ausschreibung veröffentlicht.

Neun Teams aus Mensch und Hund legten im April ihre Prüfung für zwei Jahre ab und begannen im Frühjahr auch mit der Auftragsakquise. Die Therapiehunde können nun sowohl bei alten und dementen Menschen als auch bei Menschen mit Behinderung und Kindern eingesetzt werden und dabei Reaktionen hervorrufen, die Pfleger, Angehörige oder Ärzte oft nicht mehr erzielen.

"Hunde nehmen Reaktionen des Menschen wahr, die wir nicht bemerken. Der Mensch reagiert dann jedoch wieder deutlicher auf die Hunde", erklärt Brand. Die ausgebildeten, geselligen Hunde sind das beste Mittel gegen die Einsamkeit mancher Bewohner von Pflegeheimen oder Kinder- und Jugendpsychiatrien. Manche der älteren Bewohner hatten früher selbst ein Haustier und erinnern sich durch den Kontakt an diese Tage, während ihnen das Erinnern sonst schwerfällt.

Gemeinsam mit den Bewohnern löst Chanouk kleine Aufgaben

Andrea Kleist aus Erdweg ist selbst Tierärztin und betreibt eine Hundeschule in Moosach. Das Franziskuswerk besuchen sie und Chanouk alle 14 Tage. Bewohnerin Hannelore findet schon nachdem sie Hündin Chanouk zum ersten Mal streichelte und an der Leine über das Gelände führen durfte, dass die Besuche zu selten sind. Sie wünscht sich häufigere Spaziergänge, die im Sommer so lange ausgedehnt werden können wie Mensch und Hund Lust und Kraft haben.

Wenn es hinauf in die Aufenthaltsräume der Wohngruppe geht, dann löst Chanouk gemeinsam mit den Bewohnern kleine Aufgaben. So soll sie die Anzahl ihrer Leckerlis würfeln, die sie danach von Bewohnerin Ingrid bekommt. Manchmal sollen auch die Senioren Aufgaben lösen, die Chanouk in Tennisbällen versteckt bringt.

"Ich habe mich dazu entschieden, Chanouk ausbilden zu lassen, weil ich das Thema des Hundes im sozialen Einsatz wahnsinnig interessant finde", erzählt Andrea Kleist. "Chanouk ist ein Apportierhund, sie kann grundsätzlich alles holen und bringen. Was Spiele angeht, können wir uns noch einiges einfallen lassen."

Die Tricks, die Andrea Kleist ihrer Hündin privat für weitere Spiele beibringt, hebt sie sich lieber für den Winter auf, wenn es zu kalt für ausgiebige Spaziergänge ist. Chanouk holt den Schaumstoff-Würfel jedoch auch selbst aus der Tasche ihrer Besitzerin und signalisiert, dass sie definitiv noch nicht fertig mit Spielen ist. Manchmal müsse man den Hund natürlich auch aus einer Situation herausretten, wenn die Nähe der Bewohner zu viel oder zu eng wird. Kleists Hündin ist "kein Hund zum Dazulegen".

Zum Abschied tritt die Hündin doch noch an das Bett

Sie lässt sich gerne streicheln und entfernt sich, wenn es ihr zu viel wird. "So gut sollte man seinen Hund kennen, um zu wissen wofür er geeignet ist. Ich denke, wir werden eher unsere Besuche mit älteren Menschen intensivieren", sagt Kleist. Andere Hunde schmusen stattdessen gerne mit fünf kleinen Kindern gleichzeitig. Solche Besuche übernehmen dann andere Teams der Malteser.

Zum Abschied tritt die Hündin doch noch an das Bett eines Bewohners im Franziskuswerk, der nicht aufstehen kann. Sie genießt ihre Streicheleinheiten. Auf dem Weg nach draußen verabschiedet sie sich von ein paar Bewohnern, die sich nicht getraut haben, alleine auf die Hündin zuzugehen. Sie haben jedoch die ganze Zeit zugesehen und Chanouk hat bei jedem von ihnen etwas bewirkt. Wenn die Teams das nächste Mal zu Besuch bei ihren Gruppen sind, erinnern sich Mensch und Tier schon aneinander.

© SZ vom 05.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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