Sommerkonzert in Schönbrunn:Arien und Tanzeinlagen zum Dahinschmelzen

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Statt draußen vor romantischer Schlosskulisse muss das Salonorchester Karl Edelmann sein Sommerkonzert in der Klosterkirche geben. Doch das tut der Musiknacht keinen Abbruch: Die Musiker brillieren, das Publikum fordert Zugabe

Von Sonja Siegmund, Röhrmoos

Wenn der Kulturkreis Röhrmoos zur alljährlichen Sinfonischen Sommernacht einlädt, ist an einem lauen Juliabend auf dem Schönbrunner Marienplatz für hunderte Musikfreunde jeden Alters Open-Air-Feeling garantiert. Doch an diesem Samstag regnete es und so wurde die 14. Sommernacht kurzerhand in die benachbarte Klosterkirche Sankt Joseph verlegt.

Für das Salonorchester Karl Edelmann sicherlich keine allzu große Umstellung, ist das Ensemble doch für seine musikalische Vielseitigkeit und Experimentierfreude weithin bekannt. Vor allem zur Ballsaison spielt das zehnköpfige Orchestergruppe von ausgebildeten Musikern in ganz Bayern zum Tanz auf (zwei Violinen, Violoncello, Kontrabass, Flöte, Klarinette/Saxophon, Trompete, Posaune, Akkordeon, Schlagzeug). Viele der Stücke komponiert oder arrangiert Karl Edelmann, Gründer und Kontrabassist des Tanzorchesters, selbst. Sein Debüt in Schönbrunn gab der vielseitige Musiker mit dem Salonorchester, gemeinsam mit zwei Gesangssolisten.

Karl Edelmann selbst brilliert am Kontrabass. Zusammen mit seinen Musikern beweist er Spontaneität, Vielseitigkeit und Experimentierfreude. (Foto: Toni Heigl)

Mit dem von Edelmann komponierten "Pfaffenwinkler Festmarsch" stimmte das Ensemble so fröhlich auf den Abend ein, dass die Besucher fast das wetterbedingte Ambiente in dem Gotteshaus vergessen machte. Ebenso beschwingt ging es im Dreivierteltakt auf die Reise an den Donaustrand nach Wien mit der gleichnamigen Polka (Johann Strauss) und dem "Morgenblätter"-Walzer von dessen Sohn. Zwischen den Musikstücken gab Albrecht Hampl, der Querflötist im Salonorchester, kurzweilige Informationen zu den Komponisten und Musikstücken.

Trotz Regens in der Sommernacht ist das Konzert des Salonorchesters Karl Edelmann ein Volltreffer. (Foto: Toni Heigl)

Erster Höhepunkt war der Auftritt der Sopranistin Anna-Maria Bogner, die mit ihrem Gesangspartner Richard Wiedl die Herzen des Publikums im Sturm eroberte. Was wäre die goldene Ära der Operette ohne den berühmten "Vogelhändler" von Carl Zeller (1842 bis 1898). Ganz gleich, ob die Sopranistin Bogner als "Christl von der Post" musikalisch glänzt oder Tenor Wiedl mit "Wia mei Ahnl zwanzig Jahr" in Erinnerungen schwelgt, diese Evergreens ließen die Besucher dahinschmelzen. Und wer vergisst nicht für kurze Zeit alle Sorgen, wenn Bogner und Wiedl zusammen den Vogelhändler-Dauerbrenner "Schenkt man sich Rosen in Tirol" singen? In die noch heile Welt des späten 19. Jahrhunderts entführte das Salonorchester auch mit der flotten Waschermadl-Polka (Karl Edelmann) und dem schwungvollen Hoch- und Deutschmeister-Marsch (Dominik Ertl).

Das Konzert musste vom Schlosspark in die Schönbrunner Klosterkirche verlegt werden. (Foto: Toni Heigl)

Als Salonmusik wird vorwiegend die Bearbeitung von Opern- und Operettenarien sowie von Gesellschaftstänzen bezeichnet. Zudem besteht sie aus poetischen Instrumentalstücken, die eine Geschichte erzählen oder Atmosphäre schaffen sollen. So schrieb Franz Schubert Musik für die biedermeierlichen Salons in Wien, die heute als Konzertmusik aufgeführt wird. Franz Liszt glänzte als Klaviervirtuose in den Salons, der Komponist Jacques Offenbach begann seine Karriere als Saloncellist. Im 18. und frühen 19. Jahrhundert galt der Salon als Inbegriff des kulturellen Lebens. Wer gesellschaftliche Ambitionen hatte, veranstaltete in den großbürgerlichen Stadtwohnungen gastliche Soireen. Um 1900 wurde die Salonmusik kleinbürgerlicher und war in Cafés und Hotelhallen zu hören. Mit der Entwicklung des Radios verschwand die Salonmusik langsam, zugunsten neuerer Varianten der Unterhaltungsmusik.

Den zweiten Teil des Schönbrunner Konzerts eröffneten die Salonmusiker mit dem romantischen Walzer No. 2, den Dimitri Schostakowitsch 1926 komponiert hat. Bei der Liebesarie "Meine Lippen, sie küssen so heiß", aus Franz Lehars Spätwerk "Giuditta", konnte Anna-Maria Bogner ihre schöne Sopranstimme wunderbar zur Geltung bringen. Mit seinen tänzerischen und komödiantischen Qualitäten als Buffo-Tenor brachte Richard Wiedl bei "Komm Zigan" und "Komm mit nach Varasdin" aus Emmerich Kalmans "Gräfin Mariza" sein Publikum einmal mehr zum Dahinschmelzen. Einen grandiosen, musikalischen Kontrastpunkt setzte die Konzertmeisterin und erste Violinistin Regina Graf mit Vittorio Montis ausdrucksstarkem Czardas.

Als Zugabe spielten Orchester und Solisten einen Part aus der Strauss-Operette "Fledermaus" mit Tanz- und Freudensprungeinlagen von Tenor Wiedl. Das wirklich Besondere an diesem Abend war bei aller Virtuosität des Orchesters die charmante Fröhlichkeit, die Herzlichkeit, sowie das Strahlen der Musiker und Solisten. Damit ließ sich das Publikum gerne auf die Fortsetzung der Schönbrunner Sommerkonzerte 2020 einstimmen mit hoffentlich realem Open-Air-Feeling.

© SZ vom 15.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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