Petershausen:Neue Segenskirche wird eingeweiht

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Das evangelische Gotteshaus in Petershausen zeichnet sich durch eine warme Atmosphäre aus.

Von Petra Schafflik, Petershausen

Als die Sonne ein wenig durch die Wolken bricht, zeichnet sich am Kirchenboden ein Kreuz ab. Skizziert wird dieses urchristliche Symbol allein vom Lichtschein, der durch ein "Himmelsfenster" über dem Altarraum hereinströmt. Im vollständig mit Holz gestalteten Kirchenraum wandert der Kreuz-Schatten dann mit dem Sonnenstand langsam weiter. Licht und Holz - das sind wohl die beiden prägenden Elemente der neuen evangelischen Segenskirche in Petershausen, die in diesen Tagen fertig gestellt wird. "Endlich" freut sich Pfarrer Peter Dölfel, der das Kirchenbauprojekt engagiert mit angestoßen und gemeinsam mit seiner Pfarrgemeinde Kemmoden-Petershausen begleitet hat.

Kirchen-Neubauten sind nicht gerade an der Tagesordnung: Die Segenskirche ist eines von nur zwei Vorhaben, die von der evangelischen Kirche in den vergangenen fünf Jahren in ganz Bayern realisiert wurden. Umso größer ist jetzt die Freude in Petershausen. Feierlich eingeweiht wird der Kirchen-Neubau am Sonntag, 24. Juli, zehn Uhr mit feierlichem Gottesdienst, den die Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler zelebriert, und einem umfangreichen Festprogramm.

Die Einweihung des Gotteshauses gemeinsam mit der Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler...

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(Foto: Niels P. Joergensen)

...ist eine von Pfarrer Peter Dölfels letzten Amtshandlungen in seiner Kirchengemeinde.

Er wechselt schon im Herbst dieses Jahres an eine andere Pfarrerstelle in München.

Was jetzt am Sonntag eingeweiht wird, ist eine neue Kirche und gleichzeitig ein altes Projekt. Denn seit vierzig Jahren schon besteht in der Kirchengemeinde Kemmoden-Petershausen der Wunsch nach einer Kirche im zentralen Ort Petershausen. Auch eine Planung gibt es für ein Gotteshaus schon länger. Als Teil des evangelischen Pfarrzentrums nämlich, das 1996 auch an der Rosenstraße errichtet worden ist. Weil damals aber das Geld für den Kirchenbau fehlte, wurde neben dem Gemeindehaus nur ein frei stehender Kirchturm gebaut. Eine von ehrenamtlichen Helfern errichtete Ziegelmauer stand all die Jahre als symbolischer Platzhalter für den nicht verwirklichten Kirchenbau. Ein lebendiges Gemeindeleben haben die evangelischen Christen in und um Petershausen dennoch organisiert. Auch gibt es in der Kirchengemeinde durchaus Kirchen, nämlich die kleinen Gotteshäuser Lanzenried (Markt Indersdorf) und Kemmoden (Kreis Pfaffenhofen), die beide zu den ältesten protestantischen Kirchen in Altbaiern zählen.

Doch gegen den allgemeinen Trend wächst die evangelische Gemeinde an der nord-westlichen Landkreisgrenze, verlagert sich deren Schwerpunkt vom ländlichen Raum hin zur S-Bahn-Gemeinde. "Gerade dort, wo das kirchliche Leben sich abspielt, fehlte bisher die Kirche", so der Pfarrer. Jeden Sonntag wurde der nüchterne Gemeindesaal umgeräumt für den Gottesdienst, für Trauungen oder Konfirmationen konnten die Protestanten auf die "tolle Gastfreundschaft" der katholischen Gemeinde zählen, wie Pfarrer Peter Dölfel betont. Weil der Mangel immer deutlicher spürbar wurde, haben Kirchengemeinde und Landeskirche beinahe gleichzeitig dann die Überlegungen wieder aufgenommen für eine repräsentative Kirche am seit jeher geplanten Standort. Dabei wurde nicht einfach der alte Entwurf ausgepackt, sondern der Architekt Thomas Hammer mit einer völlig neuen Planung beauftragt. Professor Hammer lehrt auch an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München.

Kirchenvorstand Friedrich Wiesender (rechts) und Pfarrer Peter Dölfel haben den Bau der evangelischen Segenskirche in Petershausen maßgeblich begleitet. (Foto: Niels P. Joergensen)

Nun, nach zweijähriger Bauzeit, präsentiert sich die Segenskirche als von außen unprätentiös, unscheinbar wirkender Bau. Entstanden ist ein Gebäude, das sich ins bestehende Umfeld von Pfarrzentrum und Kirchturm harmonisch einfügt. Die im alten Konzept vorgesehenen Fenster sind an der Fassade als Zitat des alten Entwurfs angedeutet, aber nicht realisiert. Auch die "Platzhalter-Mauer" wurde nicht zerstört, sondern als eigenständig erkennbares Detail in den neuen Entwurf integriert. Hinter einer mit schlichten Holzleisten verkleideten Eingangstür öffnet sich die Kirche dann als großzügiger Raum, der - obwohl fensterlos - eine warme Atmosphäre ausstrahlt.

Mit entscheidend dafür ist wohl der Werkstoff Holz, der Boden, Wände und Decke gestaltet. Das natürliche Baumaterial, verwendet wurde Weißtanne, wirkt dabei schlicht und modern. Aus Holz hat der Oberammergauer Holzbildhauer Hermann Biglmayr auch das Kreuz gestaltet, das den Altarraum ziert. Es erscheint in Form eines doppelt gefalteten Papiers und symbolisiert damit die christliche Botschaft. Auch die sakrale Innenausstattung der Kirche mit Altar, Ambo und Taufstein ist aus dem Holz der Weißtanne gefertigt. Bigelmayr hat diese Elemente als wuchtig wirkende Kuben mit markanter Maserung gestaltet. Tatsächlich sind die identisch großen Holzblöcke jedoch innen nicht massiv, damit leicht verrückbar und variabel nutzbar. "Flexibilität war eine unserer Anforderungen", erklärt Kirchenvorstand Friedrich Wiesender. Weshalb der Kirchenraum auch durch Verbindungstüren angebunden ist an das dahinter liegende Gemeindezentrum, um für größere Veranstaltungen gewappnet zu sein. Auch auf Kirchenbänke wurde verzichtet zugunsten leichter, vielseitig einsetzbarer Stühle.

Wenn der fast fensterlose Kirchenraum sofort freundlich wirkt, hat das auch mit einer unauffälligen, aber durchdachten Lichtführung zu tun. Das "Himmelsfenster" erhellt mit Tageslicht den Altarraum, verdeckte Lichtbänder setzen Akzente und strukturieren den Raum. Moderne Leuchten, die nach oben und unten strahlen, sind einzeln regulierbar. Auch technisch ist die neue Kirche für die Anforderungen der Zukunft vorbereitet: Die Ausstattung reicht von der in die Deckenverkleidung integrieren Leinwand hinter dem Altar bis zu Beamer und W-Lan-Netz. "Überzeugend" findet Pfarrer Dölfel das Konzept. Einzig mit der Holzbrüstung der Empore, die keinen Durchblick zulässt, musste er sich erst anfreunden. Doch die Statik ließ eine verglaste Lösung nicht zu. Nun gibt es erhöhte Sitzreihen auf dem Kirchenbalkon, um den Blick zum Altar zu ermöglichen.

Liebe zum Detail

Wenn sich die Segenskirche jetzt wenige Tage vor der Einweihung als gelungenes Bauwerk präsentiert, ist das dem überzeugenden Entwurf von Architekt Thomas Hammer zu verdanken. Einen Anteil haben aber auch die ausführenden Fachleute, die mit Akribie und Liebe zum Detail gearbeitet haben. "Eine Kirche, das ist kein beliebiges Gebäude von der Stange. Es war schon der Ehrgeiz der Handwerker, dass es etwas Besonders wird", berichtet Pfarrer Dölfel. Aber auch der Seelsorger selbst war gemeinsam mit Kirchenvorstand Wiesender oft gefragt. "Wie auf jeder Baustelle gab es tausend Kleinigkeiten, aber doch immer ein gutes Miteinander." Die Nerven aller Beteiligten wurden strapaziert, als die bereits für Juli 2015 geplante Einweihung verschoben werden musste, weil erneute Ausschreibungen und der Ausfall eines Planungsbüros den Terminplan unter Druck brachten. Einvernehmlich ging dagegen die Namens-Findung vor sich. Aus 20 Vorschlägen wählte der Kirchenvorstand den Namen "Segenskirche", den bisher im Umkreis noch kein Gotteshaus trägt.

Das Engagement von Pfarrer und Kirchenvorstand war nicht nur auf der Baustelle gefragt. Zum Kirchbauprojekt, das mit Gesamtkosten von 960 00 Euro veranschlagt ist, muss die Kirchengemeinde Kemmoden-Petershausen 320000 Euro leisten. Die Hälfte des Betrags ist schon über Spenden, Benefizveranstaltungen und den Verkauf eines speziellen "Kirchbau-Weins" hereingekommen. "Weiter Aktionen sind schon geplant", sagt Wiesender. Die müssen dann ohne Pfarrer Dölfel stattfinden, der die Pfarrgemeinde bekanntlich im Herbst Richtung München verlässt. Jetzt feiert Kemmoden-Petershausen aber erst einmal die Einweihung der Segenskirche. Beide sagen erleichtert: "Wir freuen uns."

© SZ vom 22.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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