Schwabhausen:Nichts für Weicheier

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Wie der ehemalige Lehrer Hans Klaffl den Ruhestand meistert, begeistert nicht nur ehemalige Kollegen

Von Renate Zauscher, Schwabhausen

40 Jahre Schule: Albtraum oder Traumjob? Auf jeden Fall genügend Material für einen, der seine jahrzehntelangen Schulerfahrungen kabarettistisch verarbeitet und dies mittlerweile aus der Perspektive des Ruheständlers tut, den das eigentlich "nix mehr angeht". "Schul-Aufgabe" heißt deshalb auch das aktuelle Programm von Hans Klaffl, mit dem der frühere Musiklehrer an einem Münchner Gymnasium am Sonntag in der Post in Schwabhausen auf der Bühne stand.

"Es gibt ein Leben nach der Schule", behauptet Klaffl, wohl um sich selbst Mut zu machen. Aber er weiß auch: Das Dasein eines Ruheständlers ist "nichts für Weicheier". Am besten ist Klaffl deshalb nach wie vor dort, wo er aus den Erfahrungen des aktiven Lehrers schöpft und nicht aus denen des Pensionisten, dem die Zielgruppe von einst verloren ging und der jetzt nach Ersatzbefriedigung sucht.

Vor der "Schul-Aufgabe" und dem "wohlverdienten Ruhestand" ist der Lehrer schließlich am Puls der Zeit: Scheißklassik? Kein Bock. Mozart? Ist der nicht doch ein Zeitgenosse von Bushido? Singen? Keine Lust, Alter! Und der stete Refrain von Elternseite: "Sie hören von meinem Anwalt!" Dazu noch das G 8 und die ministeriell befohlene "Entrümpelung" des Lehrstoffs. Wie das gehen soll? Ganz einfach nach dem Motto: "Beethoven: tot! Weg damit!"

Dass Klaffl 40 Jahre Schuldienst überstanden hat und "immer noch aufrecht gehen kann", hat er sicher seinem Humor zu verdanken und seinem rebellischen Geist, mit dem er wohl immer schon Behördenvorgaben, Elterndrohungen und Schülerdesinteresse getrotzt hat. Und wohl auch echter pädagogischer Leidenschaft, die hinter aller ironischen Kritik bei ihm zu spüren ist. Man kann sich gut vorstellen, dass es in Klaffls Unterricht lustig gewesen ist: Seine schnellen Pointen lassen ahnen, dass er auch im Klassenzimmer mit souveränem Witz auf alle Herausforderungen reagiert hat.

Und jetzt also das zwar vorhersehbare aber dennoch nur schwer zu verkraftende Ende der Lehrerkarriere. Was tun? To-do-Listen aufstellen - und nach anderen Wirkungsbereichen suchen. Im Supermarkt kann man oberlehrerhaft fehlerhafte Rechtschreibung auf Reklamezetteln bemängeln, im Baumarkt dem Fachberater besserwisserisch auf die Nerven gehen und im Wartezimmer des Arztes die Leiden der Mitmenschen lautstark diagnostizieren. Kommt aber alles nicht so wirklich gut an, weiß Klaffl.

Bleibt also noch die Möglichkeit, den Ruheständler-Blues auf eine Bühne zu bringen. Klaffl tut das mit den Mitteln seiner Profession, spielt Keyboard und Bass und singt dazu mit kraftvoller Stimme. Damit und mit seinen gesprochenen Texten begeisterte er am Sonntag ein sehr lachfreudiges Publikum im bis auf den allerletzten Platz besetzten Post-Saal. Was nicht weiter verwundert: Zu Klaffls großer Fangemeinde gehören auch seine ehemalige Kollegen. Sie dürften zahlreich auch nach Schwabhausen gekommen sein und sich in seiner Parodie auf das Schulleben lustvoll wiedererkannt haben.

© SZ vom 23.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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