Schwabhausen:Lachen wir trotzdem

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Max Uthoff und ein Kabarett, das die Stimmung durchaus "in den Keller fährt", wie er selbst sagt. (Foto: Jørgensen)

Max Uthoff auf der Kleinkunstbühne der Post in Schwabhausen und sein kabarettistischer Beitrag zum Thema "Wut"

Von Renate Zauscher, Schwabhausen

"Bleiben Sie heiter, das ist ganz wichtig": Am Ende eines Programms, in dem der Kabarettist Max Uthoff dem Publikum seine bitterböse Sicht der Dinge erklärt, klingt dieser Ratschlag wie blanker Zynismus. Heiter angesichts einer Welt, die von allen guten Geistern verlassen ist, in der Merkel und Gabriel herrschen, dazu der Kapitalismus und eine überhebliche, geldgierige Elite? Auch Uthoff selbst blickt auf diese Welt nicht etwa mit gelassener Heiterkeit sondern stattdessen mit dem heiligen Zorn eines barocken Bußpredigers, der die Menschen aufrütteln will.

Kritisch war Max Uthoff immer schon. In seinem Programm "Gegendarstellung" aber, mit dem der gelernte Jurist am Donnerstag auf der Bühne der Schwabhausener Post stand, verwandelt er sich zum Wutbürger im wahrsten Sinn des Wortes. Ja, Uthoff ist wütend: auf die Politik, die bundesdeutsche vornehmlich, egal wie deren Protagonisten heißen. Merkel etwa regiere indem sie nichts tut ("damit können alle sehr gut leben"), und Gabriel ist ganz einfach "too big to fail". Seehofer ist Merkels "humoristischer Sidekick" und Söder wird als "Mann mit vielen Talenten" beschrieben, dem "nichts peinlich ist": Er kann "gleichzeitig kläffen, speichellecken und Stöckchen holen".

Gut kommen aber auch die Grünen nicht weg: Die nämlich sind laut Uthoff "inzwischen ganz rechts angekommen" und bilden "das ideologische Kirschkernkissen für den gesunden Schlaf des Wohlstandsbürgers". Und die AfD? "Nichts als "Etikettenschwindel" konstatiert Uthoff, "neoliberaler geht's kaum".

Bitterböse sind auch Uthoffs Kommentare zur sogenannten "Flüchtlingskrise": Wir, die Deutschen, hätten "schwer unter ihr zu leiden", schließlich sei der Sportbetrieb vorübergehend wegen der Belegung einiger Turnhallen beeinträchtigt gewesen. Und was die Menschen angeht, die bei der Flucht ihr Leben verlieren: Die Überquerung des Mittelmeers stelle ein probates "Auswahlverfahren für den deutschen Arbeitsmarkt" dar, weil nur die wirklich Tüchtigen die Überfahrt überlebten.

Im zweiten Teil seines Programms beleuchtet Uthoff die Welt aus ökonomischer Sicht und kommt zu dem Schluss, dass der Kapitalismus als solcher, dass deutsche Waffenexporte, unsinnige und falsche ökonomische Prämissen der Spardiktate gegenüber Ländern wie Griechenland, der religiös verbrämte Mythos vom "freien Markt" oder unsere Geiz-ist-geil-Mentalität für ein Gutteil des Übels in der Welt - darunter auch die großen Fluchtbewegungen - verantwortlich sind. Da klingt Uthoff dann nicht mehr wie der Zyniker, als der er bekannt ist, sondern wie der sprichwörtliche Prediger in der Wüste, der sehr nachdrücklich etwa vor den Gefahren warnt, die durch TTIP oder CETA drohen.

Auch dort, wo es Max Uthoff offensichtlich mit der Kritik sehr bitterernst ist, greift er in seinen scharfsinnigen Analysen, seinen in höchster Redegeschwindigkeit vorgetragenen Monologen immer wieder auf höchst amüsante Bilder und Vergleiche zurück. Deshalb vor allem liebt ihn sein Publikum: Weil es selbst dann noch lachen kann, wenn ihm dieses Lachen doch eigentlich im Halse stecken bleiben müsste. In Schwabhausen stellte Uthoff zuletzt fest, dass er "die Stimmung wohl ein bisschen in den Keller gefahren" habe. Ja, hat er - und trotzdem wurde er mit großem Jubel aus Schwabhausen und der Post verabschiedet.

© SZ vom 04.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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