Ganztagszug an der Grundschule:In der Zwickmühle

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Der erfolgreiche Ganztagszug an der Grundschule Schwabhausen ist unerwartet in Gefahr geraten. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Grundschule Schwabhausen gilt als Pionier der Ganztagsklassen. Doch nun ist der Ganztagszug an der wegen eines geburtenschwachen Jahrgangs gefährdet.

Von Petra Schafflik, Schwabhausen

Der erfolgreiche Ganztagszug der Grundschule Schwabhausen gerät unerwartet in Gefahr: Im kommenden Schuljahr kann Rektorin Nicola Lachner voraussichtlich keine erste Klasse im Ganztag einrichten. Das Interesse am rhythmisierten Ganztagsunterricht ist zwar mit 19 Anmeldungen ungebrochen. Doch weil ein geburtenschwacher Jahrgang eingeschult wird, reichen die Schülerzahlen mit nur 52 Erstklässlern insgesamt nicht aus. Die bürokratische Hürde, die Kontinuität verhindert, heißt "Verbot der Klassenmehrung". Schulleiterin und Eltern wollen aber das Ganztagskonzept nicht aussetzen, zumal im darauffolgenden Jahr die Schülerzahlen wieder steigen. Es wurde bereits eine entsprechende Petition an den Bayerischen Landtag gerichtet. Auch einige Erstklässler aus Nachbarorten, die als Gastschüler in den Schwabhausener Ganztagszug kommen, könnten die Zwangspause verhindern. "Wir bleiben optimistisch", sagten Rektorin Lachner und Elternsprecherin Nicole Sachon.

Schwabhausen ist Pionier in Sachen Ganztag an Grundschulen, dort wurde bereits 2009 eine erste Ganztagsklasse eingerichtet. Schulleiterin Lachner mit ihrem Team hat viel Herzblut investiert, die Gemeinde das Schulhaus umgebaut, das Modell läuft seither erfolgreich. Doch nun wird ein geburtenschwacher Jahrgang zum Problem. Mit 52 Erstklässlern können im kommenden Schuljahr nur zwei erste Klassen eingerichtet werden, fünf Schüler fehlen für eine dritte Klasse im ersten Jahrgang. Ein Ganztagszug wird damit unmöglich, erklärt Rektorin Lachner. Nur 19 Familien wünschen sich den Ganztag, die übrigen 33 Kinder können aber nicht in eine einzige Klasse gesteckt werden. Noch einige Eltern mit Nachdruck von den Vorteilen des Ganztagsunterrichts zu überzeugen, sei keine Alternative. "Das widerspricht der Wahlfreiheit der Eltern." Einfach wie bisher drei Klassen zu bilden - 19 Schüler im Ganztag, 33 Kinder in zwei Regelklassen mit 16 und 17 Schülern - ist nicht erlaubt. Das "Verbot der Klassenmehrung" besagt, dass wegen des Ganztagszugs nicht mehr Klassen gebildet werden dürfen, als ohne dieses Angebot eingerichtet würden. Das Schwabhausener Problem ist kein Präzedenzfall. Das Kultusministerium erklärt auf Nachfrage, dass immer wieder "in Ausnahmefällen in einzelnen Jahrgangsstufen keine gebundene Ganztagsklasse gebildet werden kann, sofern die Einrichtung der Ganztagsklasse zu einer Klassenmehrung führen würde". Konkrete Zahlen, wie oft an Grundschulen dieses Problem auftritt, lägen aber nicht vor, teilt das Kultusministerium mit.

Eine unmögliche Situation, findet Elternsprecherin Nicole Sachon. Ihr Sohn besucht bereits die Ganztagsklasse, doch ihrer Tochter, die jetzt in die Schule kommt, solle das "tolle Angebot" verwehrt bleiben. "Wir hoffen, dass unsere Petition Erfolg hat und die Schule eine Ausnahmegenehmigung erhält." Es gehe nur um ein Jahr. Laut Geburtenstatistik steigen die Schülerzahlen wieder. Bereits 2016 gibt es 67 Erstklässler. Den Ganztagszweig für ein Jahr auszusetzen, davon halten Eltern und Rektorin Lachner nichts. "Die Außenwirkung wäre fatal." Der Ganztagszweig würde zu einem fakultativen Angebot, das von Zufällen abhängt. "Da fehlen Verbindlichkeit und Planungssicherheit." Auch das mit Engagement aufgebaute Konzept stünde in Frage. Das Team aus Fachkräften und Pädagogen, das die Schüler in der Mittagspause betreut und zusätzlich zum Unterricht musische und kreative Angebote leitet, wäre nicht vollständig zu halten. "Personal müsste entlassen werden", so die Rektorin.

Die Zwangspause wäre auch deshalb kontraproduktiv, weil das Interesse am Ganztagszug in Schwabhausen gestiegen ist. Kopfschütteln löst aus, dass einerseits die Staatsregierung ein flächendeckendes Ganztagsangebot bis 2018 ankündigt. Andererseits in Schwabhausen ein gut funktionierendes System nun blockiert wird. Auch Bürgermeister Josef Baumgartner (FW) bedauert die Entwicklung, doch fehlten der Gemeinde Einflussmöglichkeiten. "Wir können nur appellieren."

© SZ vom 16.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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