Schulsozialarbeit:Krisenmanagement zwischen Pausenbrot und Prügelei

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Seit zehn Jahren gibt es an der Mittelschule Dachau-Süd Jugendsozialarbeit. Dominik Ulbrich ist für Schüler und für Lehrer unverzichtbare Vertrauensperson

Von Hannah Becker, Dachau

"Es beginnt beim geklauten Pausenbrot und hört auf bei Kindeswohlgefährdung und Suizidgedanken", sagt Sozialpädagoge Dominik Ulbrich über seine Arbeit an der Mittelschule Dachau-Süd. Seit fünf Jahren ist er dort als Jugendsozialarbeiter für den "Kinderschutz München" im Dienst. Der Träger betreut die Jugendsozialarbeit an der Mittelschule heuer seit zehn Jahren. Anlass, um während einer Feierstunde ein Resümee zu ziehen, aber auch, um wieder einmal die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit nach außen hin zu verdeutlichen, sagt Arnold Schweitzer, Bereichsleiter für Bildung, Beratung und Erziehung.

Schweitzer hat einen besonderen Bezug zur Mittelschule Dachau-Süd, denn vor Ulbrich war er selbst fünf Jahre lang zuständig für die Jugendsozialarbeit dort. Ein dauerhaftes Gesprächs- und Hilfsangebot habe seiner Ansicht nach einen großen Mehrwert für die Jugendlichen. Der Bedarf sei groß und würde außerdem zunehmen, sagt auch Dominik Ulbrich. Die Ressourcen der Elternhäuser würden zunehmend knapp. Verantwortlich dafür sei die Tatsache, dass immer mehr Mütter oder auch Väter alleinerziehend seien oder mehrere Jobs ausübten, um über die Runden zu kommen. Für die Betreuung und Erziehung der Kinder bleibe da oft beim besten Willen nicht genug Zeit und Energie.

Shazad (links) und Efecan gratulieren Dominik Ulbrich, Ilona Brezing und Arnold Schweitzer (hinten, von links) zum Jubiläum. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Neue Herausforderungen bringt auch der technische Fortschritt mit sich. Medienkompetenz wird immer wichtiger für die Schüler. "Die kennen sich ganz wunderbar aus, wie man hässliche Sachen bei WhatsApp verschicken kann", kritisiert Ulbrich, die potenzielle rechtliche Tragweite sei den Jugendlichen dagegen oft nicht bewusst. Mit Hilfe von Workshops und Medienprojekten, die in Zukunft noch weiterentwickelt und vertieft werden sollen, greift die Jugendsozialarbeit das Thema auf. Auch externe Referenten werden zu diesem Zweck eingeladen. Der Vernetzungsgedanke ist dem Kinderschutz München wichtig. "Es soll um das Beste für das Kind gehen und nicht um ein persönliches Ego", betont Arnold Schweitzer.

Bei Problemen, die ein anderer Ansprechpartner eventuell besser angehen kann, vermittelt Dominik Ulbrich die Schüler auch gerne weiter. Seine Aufgabe sei erst einmal, als Ansprechpartner vor Ort zu sein. "Wenn die Jugendsozialarbeit konstant als Person anwesend ist, kann man nachhaltiger arbeiten", sagt Schulleiterin Ilona Brezing. Sie schätzt die Kooperation mit Ulbrich sehr. Die beiden kamen 2014 beinahe gleichzeitig an die Schule und arbeiten seither eng zusammen. Brezing beschreibt den Jugendsozialarbeiter als nicht wegzudenkenden Teil der Schulfamilie: "Er gehört fast zum Schulinventar." Wichtig für ihn ist es, auch für Lehrkräfte ein Ansprechpartner zu sein. Diese bemerkten Probleme oft als erstes, etwa, wenn ein Schüler im Unterricht stört, sich zurückzieht oder ausgegrenzt wird. Oft wenden sie sich dann an Ulbrich, bitten ihn, den betreffenden Jugendlichen zum Gespräch zu sich einzuladen, oder holen ihn sogar in Krisensituationen sofort dazu. Regelmäßig klopft es an seine Bürotür mit den Worten "Dominik, ich brauch dich ganz dringend!"

Der Bedarf sei an Jugendsozialarbeit sei groß und würde außerdem zunehmen, sagt Dominik Ulbrich. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Jugendsozialarbeit in der Mittelschule Dachau-Süd ist ein Erfolg auf ganzer Linie: Etwa 440 längerfristige Einzelfallhilfen wurden durchgeführt, über 100 Projekte in den Klassen und vor allem unzählige Einzelgespräche bei kleineren Problemen, als Vertrauensperson im Schulalltag. Diese konstante Partnerschaft will der Kinderschutz München möglichst genau so auch in Zukunft aufrecht erhalten. Auch Schulleiterin Brezing ist das ein Anliegen: "Es ist einfach undenkbar, keine Jugendsozialarbeit mehr an der Schule zu haben."

© SZ vom 08.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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