Schrammelmusik:Wiener Schmäh

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Wienerische Lebensart präsentieren Barbara Sauter und Richard Wiedl in der historischen Postwirtschaft in Schwabhausen. (Foto: Toni Heigl)

Beim Konzertabend des Theatervereins Schwabhausen amüsiert sich das vorwiegend ältere Publikum hervorragend

Von SONJA SIEGMUND, Schwabhausen

Johann Strauss, Joseph Lanner und die Brüder Schrammel - diese Komponisten waren so etwas wie Popstars des 19. Jahrhunderts. Das Publikum lag ihnen zu Füßen, im Opernhaus, im Musiktheater oder in den Heurigenlokalen der Wiener Vorstadt. Die schönsten Duette und Arien aus der Wiener Operette, Walzer, Polkas und Schrammelmusik waren jetzt im ausverkauften Saal der historischen Postwirtschaft zu hören. Dem Theaterverein Schwabhausen ist dieses im Zwei-Jahres-Takt organisierte Konzert aus der Veranstaltungsreihe "Klingendes Schwabhausen" zu verdanken. Beim siebten Mal wählten die Organisatoren Volksmusik aus "Alt-Wien". Wie in den Jahren zuvor konnte Elisabeth Kappes vom Theaterverein wieder die Mezzosopranistin Barbara Sauter aus dem Allgäu gewinnen sowie den Buffo-Tenor Richard Wiedl, der im Landkreis Dachau wohnt. Aus der Region um Dachau kommen auch die Mitglieder des Petershausener Kammerorchesters unter Leitung von Eugen Tluck sowie das Schrammelmusik-Duo. Schon beim ersten Marsch "Wien bleibt Wien" von Johann Schrammel sang sich der stilvoll im Frack gekleidete Sänger, begleitet durch das Kammerorchester, in die Herzen des zumeist älteren Publikums. Und bald nach der schwungvollen Begrüßung im perfekt eingeübten Dialekt mit viel Witz und Charme waren Musiker, Sängerin und einige Gäste zum Heurigen-Wein eingeladen.

Dabei ergab sich Gelegenheit, den typischen Wiener Schmäh zu erleben, der als liebenswert-hintergründig, nicht ganz ernst gemeinte Form des Miteinanders umschrieben werden kann. Häufig wird der Wiener Schmäh mit der wienerischen Lebensart gleichgesetzt, mit oberflächlicher Freundlichkeit, Grantigsein und schwarzem Humor. Dazu passten auch die Anekdoten, Witze und Streitgespräche des Sängerpaares, das im übrigen optisch gut zusammenpasst und sich musikalisch vorzüglich ergänzt. Ein erster Höhepunkt für alle Operetten-Freunde dürfte das romantische Walzerlied "Draußen in Sievering blüht schon der Flieder" gewesen sein, gefühlvoll vorgetragen von Barbara Sauter im hübschen Biedermeierkleid. Johann Strauss Sohn (1825 bis 1899) hat der berühmten Tänzerin Fanny Elßler dieses gleichnamige Musikwerk in drei Akten komponiert. Bei dem Weinlied "Pfüa di Gott, Du alte Zeit" des Volkssängers Carl Lorens (1851 bis 1909) wurde Wiedl von dem Schrammelduo Martin Schärtl (Akkordeon) und Michael Brunnthaler (Kontragitarre) begleitet, Eugen Tluck spielte Geige.

Was versteht man unter Schrammelmusik? Die häufigste Antwort lautet sicherlich: Musikanten, die beim Wiener Heurigen von Tisch zu Tisch gehen, um die Gäste zu unterhalten. Schrammeln stehen indes heute als Sammelbegriff für volkstümliche Wiener Lieder, Polkas, Galopps und Märsche. Die Bezeichnung leitet sich von den Brüdern Johann und Joseph Schrammel ab, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Wiener Volksmusikszene dominierten. Ihre Auftrittsorte waren zumeist Heurigenschenken und Weinlokale der Vororte oder Wirtshäuser und Etablissements in der Innenstadt. Ursprünglich war Schrammelmusik nicht zum Tanzen, sondern zum Zuhören bestimmt. Das Original-Quartett der Brüder Schrammel war mit zwei Geigen, Kontragitarre und G-Klarinette besetzt. In Schwabhausen war ein Schrammeltrio zu hören, mit Akkordeon, Geige und Kontragitarre, der sogenannten Schrammelgitarre.

Ebenso stimmungsvoll gestaltete sich das Liebesduett Sauter/Wiedl als Gräfin Gabriele und Graf Balduin aus der komischen Operette "Wiener Blut" (ebenfalls J. Strauss Sohn). Im zweiten Konzertteil präsentierte sich Tenor Wiedl mit der Begrüßungs- Arie aus Carl Zellers "Vogelhändler-Operette" in Lederhose, Tirolerhut und Vogelkäfig. Nicht weniger Beifall erntete das Operettenpaar mit dem zum Evergreen avancierten Liebeslied "Schenkt man sich Rosen in Tirol", wobei der Sängerin im Abenddirndl und den Musikerinnen charmante Blumengeschenke überreicht wurden. Mit dem Konzertwalzer "Die Schönbrunner", Komponist Joseph Lanner (1801 bis 1843), stellte das Kammerorchester noch einmal seine Vielfältigkeit unter Beweis. Es gab stehenden Applaus in der Postwirtschaft.

© SZ vom 28.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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