Schläger vor Gericht:Letzte Chance

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31-jähriger Dachauer kommt mit Bewährungsstrafe davon

Von Benjamin Emonts, Dachau

Anthony F. (Name geändert) hat inzwischen einen kleinen Sohn, er hat geheiratet und einen Job gefunden, mit dem er ganz passabel verdient. Und: Anthony F. hat mittlerweile dem Alkohol und den Drogen abgeschworen, wie er vor Gericht mehrfach betonte. Angesichts dieser Lebensumstände bescheinigte Amtsrichter Clemens Albert dem 31-jährigen Dachauer eine günstige Sozialprognose - und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten zur Bewährung. Anthony F. war sichtlich erleichtert.

Keine 30 Minuten vorher hatte die Staatsanwältin ebenfalls eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten gefordert - allerdings ohne Bewährung. Argumente dafür hatte die Staatsanwältin genug. Vorrangig waren da die zwei zu verhandelnden, vorsätzlichen Körperverletzungen, welche der Angeklagte über seinen Anwalt einräumen ließ. Demnach hat der 31-Jährige im Juli 2012 volltrunken in einer Bar randaliert und einen Türsteher mit der Faust voller Wucht ins Gesicht geschlagen. Der Geschädigte schilderte vor Gericht, dass Anthony F. völlig von Sinnen gewesen sei und zunächst psychopathisch auf eine unbeteiligte Gruppe eingeprügelt habe. "Als ich dann helfen wollte, habe ich voll eine auf die Zwölf bekommen." Als die Polizei eintraf, habe der Angeklagte weiter wild um sich getreten. "Die Situation war so sinnlos und krank, dass ich nicht anders konnte, als Anzeige zu erstatten", erinnerte sich der Türsteher.

Weiter gestand der Angeklagte, nur drei Monate später eine fremde Frau vor einer Diskothek in Dachau mit der Faust ins Gesicht geschlagen zu haben. Einem ärztlichen Attest zufolge zog sich die Frau eine Kieferprellung und eine Platzwunde an der Oberlippe zu. Die damalige Freundin des Angeklagten bestätigte seinerzeit den Übergriff bei der Polizei - auch sie sei regelmäßig von dem Dachauer geschlagen und bedrängt worden. Der Anwalt des Dachauers erklärte schließlich: "Mein Mandant hatte damals große Alkoholprobleme. Er wurde immer aggressiv und gewalttätig."

Der Angeklagte überreichte dem Gericht eine Therapiebescheinigung und gab an, seit vier Monaten keinen Schluck mehr getrunken zu haben. Der Gerichtsverhandlung war der 31-Jährige zunächst aus dem Weg gegangen, indem er zwei Jahre zu seinem Bruder ins Ausland geflüchtet war. Selbst dort aber landete er nach kurzer Zeit für mehr als vier Monate im Gefängnis, weil er in die krummen Falschgeldgeschäfte seines Bruders verwickelt worden sei. "Das war eine Schocktherapie. Ich bin zum ersten Mal vom Alk weggekommen und habe mich selbst kennengelernt."

Doch auch in Deutschland hat der Dachauer bereits 17 Vorstrafen gesammelt, viele davon wegen Körperverletzung. Er stand schon vor der Verhandlung unter offener Bewährung. "Es ist eine Grenzentscheidung", erklärte Richter Albert sein Urteil. "Wenn Sie wieder straffällig werden, fällt ein riesiges Kartenhaus zusammen - und Sie landen mehrere Jahre in Landsberg."

© SZ vom 11.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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