Rotoren im Landkreis:Und sie drehen sich doch

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Der Wespenbussard ist ein bedrohter Vogel. (Foto: Mauritius)

Protest gab es bisher gegen jedes Windrad im Landkreis. Lange Verfahren sind üblich, mehrmals ging es vor Gericht

Es sind schwere Vorwürfe, mit denen das Dachauer Landratsamt vor zwei Wochen konfrontiert wurde. Eine Gruppe Erdweger Bürger behauptete, das Amt habe die Genehmigung für den Bau dreier Windkraftanlagen so lange hinausgezögert, bis das Bürgerwindenergieprojekt nicht mehr rentabel war und aufgegeben werden musste. Erich Wust, Geschäftsführer der WWS Projektbau GmbH & Co. KG, welche die Windräder plante, warf dem Landratsamt vor, die Energiewende unter Berufung auf haltlose Gutachten absichtlich zu verhindern. Manche Mitglieder der Bürgerinitiative Pellheim hingegen, die ein Windrad gern verhindert hätten, halten dem Landratsamt vor, nur die Interessen des Unternehmens Hörl und Hartmann zu unterstützen und die Bürger zu missachten. Ein Überblick über die bisherigen Windenergieprojekte im Landkreis Dachau und welche Rolle dabei das Landratsamt spielte.

Dachau-Etzenhausen

Das erste Windrad des Landkreises dreht sich seit August 2013 auf einer Anhöhe im Dachauer Ortsteil Etzenhausen. Es war für viele eine Attraktion, zumindest anfangs. Für die zwei Landwirte, die das Windrad betreiben, war es vor allem ein langer Kampf bis sie die Genehmigung erhielten. Er dauerte mehr als zwei Jahre und erforderte mehrere Gerichtsverhandlungen. Das Landratsamt Dachau sah das Windenergiekonzept von elf Gemeinden des Landkreises gefährdet, das damals geplant wurde. Mit dem Teilflächennutzungsplan sollte verhindert werden, dass Windkraftanlagen näher als 900 Meter an die Wohnbebauung heranreichen und dadurch die bauliche Entwicklung der Ortschaften beeinträchtigen. Für das Dachauer Stadtgebiet war kein Standort vorgesehen. Das Verwaltungsgericht München jedoch untersagte dem Landratsamt, den Bau des Windrades zu blockieren. Das Gericht kritisierte vor allem, dass das Konzept eine "Verhinderungsplanung" sei. Das Landratsamt erteilte später die Genehmigung und wurde wiederum von der Stadt Dachau verklagt - erfolglos.

Odelzhausen

Das bislang größte Windenergieprojekt des Landkreises wurde nördlich von Odelzhausen in einem Wald nahe der Ortschaft Miegersbach realisiert. Seit Anfang 2015 drehen sich dort fünf Windräder mit einer Nabenhöhe von 140,6 Metern. Sie alle sind weiter als 1000 Meter von der Wohnbebauung entfernt. Die Gemeinde Odelzhausen hatte eigens ein Konzentrationsgebiet für Windkraft ausgewiesen und sich bewusst dem Teilflächennutzungsplan enthalten. Gegen das Projekt formierte sich die Bürgerinitiative "Unser Wald", die Lärm, gesundheitsschädlichen Infraschall, störenden Schattenwurf und auch mangelnde Wirtschaftlichkeit durch zu geringe Windstärken befürchtete. Das Landratsamt hatte keine entscheidenden Einwände.

Erdweg

Im Buchwald zwischen den Ortschaften Welshofen, Orthofen und Wiedenzhausen sollten ursprünglich drei Windkraftanlagen entstehen - als Bürgerprojekt. Auch hier formierten sich zahlreiche Gegner des Projekts im Verein "Unser Buchwald". Die Windkraftanlagen machten Lärm, verbreiteten gefährliche Infrarot-Strahlung und bedrohten seltene Vogelarten wie den Wespenbussard, argumentierten sie mit mehreren Gutachten. Das Landratsamt stellte sich jahrelang unter Berufung auf verschiedene Gutachten quer und erteilte erst vor wenigen Monaten unter Auflagen die Genehmigung für den Bau. Die Erdweger Bürger gaben ihr Vorhaben wegen der zeitlichen Verzögerung und sinkenden Einspeisevergütungen jedoch auf. Der Projektentwickler WWS zog die Genehmigungsanträge für zwei der drei Windräder zurück. Das einzig verbliebene wird nun wohl von einem Großkonzern errichtet.

Dachau-Pellheim

Das Tier, von dem manche noch immer glauben, dass es vom Windrad der Ziegelei Hörl und Hartmann gestört wird, heißt Rotmilan. Nur 800 Meter von der nächsten Wohnbebauung entfernt, darf das Windrad im Dachauer Ortsteil Pellheim gebaut werden. Die Anwohner, die das Windrad nicht wollen, sind sich sicher, dass genau dort der Vogel brütet. Gesehen wurden Rotmilane in jedem Fall. Jedoch konnten die Gutachter keinen Horst finden. Im Gebiet aufgesammelte Vogeleischalen wurden untersucht und eindeutig nicht dem Rotmilan zugeordnet. Hinauszögern wollten den Bau zunächst auch Stadt und Landkreis. Die Stadt Dachau hatte das Landratsamt gebeten, den Genehmigungsantrag um ein Jahr zurückzustellen, bis der Flächennutzungsplan für alle Gemeinden fertig wäre. Die Unternehmer wandten sich an das Verwaltungsgericht München. Dieses stufte das Windrad als Nebenanlage des Betriebs ein, denn es soll in erster Linie diesen mit Strom versorgen. Damit galt die 10-H-Regelung hier nicht. Ende Dezember kam der positive Bescheid vom Landratsamt. Einen Monat später reichte der Verein für Landschaftspflege und Artenschutz Klage gegen das Windrad ein, diese hatte jedoch keine aufschiebende Wirkung. Der Bau der 207 Meter hohen Anlage darf beginnen.

© SZ vom 14.05.2016 / emo, vgr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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