Röhrmoos:Kino für die Ohren

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Wegen des schlechten Wetters musste das Bundespolizeiorchester in die Kirche umziehen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bundespolizeiorchester München bei Sinfonischer Sommernacht

Von Dorothea Friedrich, Röhrmoos

Die Sinfonische Sommernacht Schönbrunn war in Vor-Corona-Zeiten eine ziemlich große und für die vielen ehrenamtlichen Organisatoren auch ziemlich aufwendige Angelegenheit. War es doch für den Kulturkreis Röhrmoos und viele befreundete örtliche Vereine Jahr für Jahr Ehrensache, den Konzertbesuchern mit hochkarätiger Musik, mit Speisen- und Getränkebuden, mit Parkplatzeinweisern und dergleichen einen unvergesslichen Abend zu schenken. So ähnlich hatte sich auch das Kammerorchester des Bundespolizeiorchester München seinen Auftritt am vergangenen Samstag vorgestellt, wenn auch coronabedingt in kleinerem Maßstab. "Ein sinfonisches Fest" sollte dieser Abend werden, wie Dirigent Christian Lombardi sagte. Das wurde es auch, wenn auch anders als geplant. Denn das Wetter machte einen dicken Strich durch die schöne Rechnung mit großem Publikum und vielen Spenden für die Schulbücherei der neuen Johannes-Neuhäusler-Schule des Franziskuswerks Schönbrunn.

Doch in der Ausweichspielstätte, der Schönbrunner Kirche Sankt Josef, erlaubten die strengen Abstands- und Hygieneauflagen gerade mal 80 Zuhörer. Was angesichts der Massenansammlungen bei diversen Sportereignissen zwar brav befolgt, aber nicht wirklich akzeptiert wurde. "Kultur wird regelrecht stranguliert", sagte ein Mann mit Blick auf die wenigen, wie verloren wirkenden Menschen im großen Kirchenraum. Doch Dirigent Lombardi und sein Orchester ließen das leise Grummeln im Hirn ob der behördlich verordneten Rigidität schnell verschwinden. Strahlten sie doch pure Freude und Begeisterung über diesen Auftritt nach der langen Zwangspause aus. Und das Publikum strahlte zurück. Denn dieses sorgsam zusammengestellte Programm war wahrer Labsal für die nach Live-Tönen gierende Seele.

Gewissermaßen zum "Warmhören" spielte das Orchester die Ouvertüre zur "Fledermaus" von Johann Strauß Sohn. Wippende Füße und leises Mitsummen waren bei diesem Hit aus der Operettenwelt unvermeidlich. Wie mitreißend wäre diese fabelhaft und harmonisch gespielte Fassung für sinfonisches Blasorchester erst Open Air gewesen? Doch solche Gedanken verflogen schnell bei Anton Dvořáks "Serenade für Bläser" d-Moll. Sie ist in ihrer Vielseitigkeit ein echtes Gusto-Stückerl unter den Harmoniemusiken, vor allem wenn Könner wie diese Kammerorchester-Musiker mit ihren Tönen eine ganze musikalische Welt malen: ein bisschen ironisch angefärbte Marschmusik zu Beginn und zum Finale ein genüsslich ausgebreitetes Spektakel voller Romantik und bukolischer Lebensfreude und reiner Wohlklang im Menuett. Da konnten sich die Zuhörer nur in der Musik verlieren. Die Bläserserenade Es-Dur von Richard Strauss war da gewissermaßen die Fortsetzung dieses Kinos für die Ohren.

In einer sinfonischen Sommernacht darf ein jahreszeitlich adäquater Klassik-Evergreen nicht fehlen. Das Kammerorchester des Bayerischen Bundespolizeiorchesters München hatte sich für Felix Mendelssohn Bartholdys "Sommernachtstraum" entschieden. Eine gute Wahl, denn dieser entpuppte sich in der überraschenden Bearbeitung für sinfonisches Blasorchester als kleines Gedankenpuzzle. Warum? Weil die Musikerinnen und Musiker "Sommernachtstraum-Splitter", so Dirigent Lombardi, zu einem stimmigen Ganzen neu zusammengefügt hatten. Da wollte der Beifall kein Ende mehr nehmen. Zumal die Zugabe, "Fly my to the Moon", den Zuhörern noch ein paar weitere Minuten Träume von besseren Zeiten schenkte.

© SZ vom 20.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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