Renovierung:"Es wird einzigartig"

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Das Kaufhaus Rübsamen in der Dachauer Altstadt baut um. Es ist der erste große Schritt bei der Komplettsanierung des ortsprägenden Hauses. Geschäftsführer Vorwohlt ist glücklich über die Bauherren

Von Viktoria Großmann, Dachau

Es wird heller, schicker, exklusiver. Das Kaufhaus Rübsamen wird komplett renoviert. Damit macht Marcus Vorwohlt, Geschäftsführer der Kaufhaus-Kette, den Anfang beim Großumbau am Pfarrplatz. "Birgmannforum" haben die neuen Besitzer Franz und Andreas Scherm ihr Projekt getauft. Sie wollen das Gebäude, das so ortsprägend wie schwierig ist, aus seinem Schlaf erwecken. Es verfügt derzeit über etwa 2000 Quadratmeter ungenutzte Fläche. Wohnungen, Praxen und Büros sollen entstehen. Weil zu wenig Tageslicht einfällt, werden sie einen Lichthof einbauen. Fest steht schon jetzt: Der Ausblick ist fantastisch. Die Lage sowieso. Marcus Vorwohlt gibt sich begeistert von den neuen Besitzern. Deren Pläne seien auch für ihn eine "große Chance". "Dieser Umbau", sagt er, "macht nur Sinn, wenn auch wir uns neu erfinden." Filialleiterin Beate Stapfer sagt: "Es wird einzigartig."

Dann schaut sie etwas besorgt. Auf sie und ihre Mitarbeiter kommen schwierige Monate zu. Noch bis 22. Juni wird das Kaufhaus geöffnet haben. Dann werden beide Etagen komplett geschlossen. Bis zur Neueröffnung. Vorwohlt hofft auf Mitte Oktober. Im Untergeschoss, das in der Vergangenheit für alles mögliche genutzt wurde, von Möbelverkauf bis Joseph-Beuys-Ausstellung, wird es einen eingeschränkten Rübsamen-Betrieb geben. Für die Badehose, die man in Sommermonaten mal braucht. Laut Stapfer sind die Ferienmonate die ruhigsten. Sie hofft daher, dass die Kunden Verständnis zeigen werden.

Vorwohlt ist Geschäftsführer eines Familienunternehmens, das seit 1900 besteht. Insgesamt 15 Filialen gehören zum Netz, neben dem Stammhaus in Augsburg gibt es Läden in Fürstenfeldbruck, Landsberg, Friedberg und Aichach. Einige davon wurden in den vergangenen Monaten bereits modernisiert. Doch Dachau ist das größte unter diesen Häusern, das nun umgestaltet werden soll. Vorwohlt hat einen "Fashion-Loft" im Sinn.

Die alten Kaufhaus-Zeiten sind lange vorbei. Das zeigt sich nicht nur am Zusammenschluss von Kaufhof und Karstadt, sondern auch an kleineren Unternehmen wie Rübsamen. In früheren Zeiten hatte es im Haus noch ein Vollsortimenter-Kaufhaus gegeben, mit Kurzwaren- und Technikabteilung. Rübsamen machte ein reines Bekleidungsgeschäft aus dem Haus. Der dritte Stock ist schon lange ungenutzt. Eine verblichene Aufschrift erinnert noch an das Kaufhausrestaurant. Heute stapelt sich dort die Ware. Auf diese Lagerräume muss Rübsamen in Zukunft verzichten.

In den Sommermonaten wird sich die Fashiongalerie am Pfarrplatz auf das Untergeschoss beschränken. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Weniger, dafür besser ist in Zeiten des Überflusses eine Devise vieler Unternehmen, die sich auch Vorwohlt zu eigen macht. "In der Blütezeit der Kaufhäuser wollte man soviel wie möglich präsentieren", sagt Vorwohlt. "Man brauchte überall Wände." Fenster störten und wurden verbaut. Die Folge: Kaum Tageslicht. Dafür die klassische Neonröhren-Kaufhaus-Beleuchtung unter abgehängten Decken.

Vorwohlt und Stapfer stehen im zweiten Stock zwischen Kinderanoraks und Damen-Hemdchen. "Sie werden hier von vorne nach hinten durchschauen können", sagt Vorwohlt mit ausladenden Armbewegungen. Keine Wände mehr vor den Fenstern, kaum noch Wände dazwischen, vier Meter hohe Räume mit nur stellenweise abgehängter Decke und direkter Beleuchtung, viel Tageslicht - so sieht das neue Konzept aus. Industriecharme, trotzdem anheimelnd. Ganz im Stil der Zeit. Erprobt schon seit vielen Jahren in Großstädten weltweit, jetzt auch in Dachau.

Denn auch im Landkreis haben sich die Kunden verändert, sagt Stapfer. Viele Menschen im Großraum sind wohlhabend. "Wir brauchen eigentlich alle nichts", sagt Vorwohlt. Umso mehr suchten die Kunden das Besondere. "Beratung wird immer wichtiger", sagt Filialleiterin Stapfer. Beide sehen sogar eine Rückkehr der Kunden aus dem Onlineversandhandel. "Die Leute legen Wert auf gute Stoffe, sie wollen wissen, wie sich etwas anfühlt." Viel öfter als früher entscheide heute die bessere Qualität und nicht der niedrigere Preis.

Fantastische Aussichten also? Vorwohlt sieht das so. Gemeinsam mit Stapfer stellt er der Altstadt Dachaus ein überaus gutes Zeugnis aus. "Dachau ist viel besser, als es selbst immer meint", sagt der Augsburger. Stapfer, die aus München stammt und mittlerweile im Landkreis lebt, schätzt die Mischung aus Läden, Cafés und den Spazierwegen am Schloss. Für sie hat das Freizeitcharakter. Die Koexistenz mit dem Herrenausstatter Ackermann schräg gegenüber funktioniere wunderbar. "Wir schicken uns gegenseitig die Kunden."

Geschäftsführer Marcus Vorwohlt und Filialleiterin Beate Stapfer (Foto: Niels P. Jørgensen)

Noch eines sehen die beiden deutlich entspannter als die allermeisten Dachauer: die Parksituation. "Im Parkhaus sind doch meistens Plätze frei", sagt Vorwohlt. Das Kaufhaus hat auch eigene Kundenparkplätze. Stapfer fügt gelassen hinzu: "Die Leute beschweren sich immer, aber wenn sie bei uns sind, haben sie ja offenbar einen Platz gefunden." Für Vorwohlt zählt, dass derzeit die gesamte Altstadt wegen der Bauvorhaben vibriert. Ringsherum wird viel Wohnraum entstehen. An der ehemaligen Koschade-Klinik, im Rössler-Haus, im Hörhammer-Bräu, am Schlossberg und über dem Kaufhaus selbst. Dass sich ein Lebensmittelmarkt finden wird, der in das Untergeschoss einzieht, davon ist der Geschäftsmann fest überzeugt. Die Lebensmittler hätten längst erkannt, dass sie zurück in die Innenstädte müssten.

Eine Verbindung zwischen Mode-Kaufhaus und möglichem Lebensmittelmarkt wird es nicht geben. Die Rolltreppe wurde bereits heraus gerissen. Die Öffnungszeiten würden ohnehin nicht überein stimmen, sagt Vorwohlt. Den kurzen Weg außen herum würden die Kunden sicher akzeptieren. Abgesehen vom Umbaustress trübt nur eines noch die Vorfreude auf die Neueröffnung im Oktober: Auch wenn das Kaufhaus innerlich neu und verjüngt ist - von außen wird es von Gerüsten verstellt sein. Denn die eigentlichen Bauarbeiten am Haus beginnen dann erst. Mit dem Baulärm müssen Verkäuferinnen und Kunden noch einige Zeit leben. Die Bauherren Scherm hoffen auf eine Fertigstellung bis Herbst 2020.

An diesem Montag, 20. Mai, bleibt die Fashion-Galerie geschlossen. Alles wird umetikettiert. Am Dienstag beginnt der Räumungsverkauf.

© SZ vom 18.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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