Rahmenkonzept im Landkreis:Millionen-Projekt für den Nahverkehr

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Tangentialverbindungen, Zehn-Minuten-Takt und Ruftaxis: Der Landkreis baut das Angebot massiv aus. Ziel ist, den Fahrplan bis 2019 so attraktiv zu gestalten, dass Autofahrer auf Bus und Bahn umsteigen

Von Robert Stocker, Dachau

Wie bringt man möglichst viele Pendler von den Straßen im Landkreis? Autofahrer steigen wohl nur auf Bus und Bahn um, wenn der öffentliche Nahverkehr (ÖPNV) attraktiver wird. Genau das ist das Ziel des Nahverkehrsplans, den der Landkreis und die Stadt Dachau derzeit erarbeiten. Der Kreisausschuss verabschiedete jetzt ein Rahmenkonzept, das die Standards für die Leistungen festlegt. Dabei geht es um den ÖPNV-Anschluss im gesamten Landkreisgebiet, um den Fahrtakt der Busse oder auch die Zahl der Haltestellen. Spätestens Anfang 2018 will der Kreistag konkrete Verbesserungen beschließen. Sie sollen zum Jahresfahrplan 2019 umgesetzt werden. Die Kosten werden auf drei bis vier Millionen Euro pro Jahr geschätzt.

Zigstausende Pendler sind täglich unterwegs

Die Einwohnerzahl des Landkreises wächst so stark, dass die Verkehrsinfrastruktur kaum noch Schritt halten kann. Zigtausende Pendler sind täglich unterwegs, Staus in Dachau und Karlsfeld, auf der B 304 und B 471 sind die Regel. Deshalb sollen Autofahrer Bus und Bahn stärker nutzen. "Ziel ist ein deutlicher Ausbau des Angebots", betonte Albert Herbst, Leiter des Sachgebiets öffentlicher Nahverkehr am Landratsamt. "Und das wird zusätzliches Geld kosten." Für Landrat Stefan Löwl (CSU) besteht die Herausforderung darin, "möglichst viele Menschen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewegen". Es gehe um flexible Bedienungsformen und die Frage, wo welches Angebot richtig sei. Für die Planer des Rahmenkonzepts ist klar, dass Leistungsverbesserungen in Dachau und Karlsfeld und entlang der S-Bahn-Achsen den größten Nutzen haben. Denn das Verkehrsaufkommen in Dachau und Karlsfeld ist besonders hoch. Tangentialverbindungen mit Bussen sollen diesen Raum entlasten. Laut Rahmenkonzept fungiert Dachau als Oberzentrum, in dem an Schultagen ein Zehn-Minuten-Takt im Kernbereich gelten soll. Im zentralen Gebiet von Karlsfeld ist ein 15- bis 20-Minuten-Takt vorgesehen, in Kommunen an Verkehrsachsen wie Bergkirchen oder Petershausen ein 20- bis 60-Minuten-Takt.

Von jedem Punkt des Landkreises aus soll die Fahrzeit nach Dachau maximal 60 Minuten betragen

Auch in Gemeinden im ländlichen Raum soll der Fahrplan der Busse dichter werden. In einer Kommune mit mehr als 3000 Einwohnern sind 42 Fahrten (hin und zurück) pro Linie und Tag geplant, in Gemeinden mit 1000 bis 3000 Einwohnern 24 und in Kommunen bis 1000 Einwohner 14 Fahrten. An Samstagen und in der Ferienzeit soll das Angebot nicht schlechter als an Schultagen sein. Dann sollen Ruftaxis Busse ersetzen. Von jedem Punkt des Landkreises aus soll die Fahrzeit nach Dachau maximal 60 Minuten und in die Münchner Innenstadt maximal 90 Minuten betragen. Der Freistaat gibt einen Richtwert vor, der die Standards für einen guten öffentlichen Nahverkehr festlegt. "Unsere Leistungen sollen über dem Richtwert liegen", sagte Herbst. Dazu gehört beispielsweise auch, dass Busse an Werktagen künftig bis 22 Uhr verkehren.

Kreisrat Michael Reindl regte an, Verbesserungen auch kurzfristig umzusetzen. Dabei müsse der ländliche Raum berücksichtigt werden. Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler zeigte sich verwundert, dass die Zahlen zum motorisierten Individualverkehr des Jahres 2015 noch nicht vorliegen. Landrat Löwl verwies darauf, dass sie der Bund zentral erfasst. Sie sollen bis zur Sommerpause kommen. CSU-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Offenbeck glaubt, dass der Landkreis im Detail immer wieder nachbessern müsse. "Es kann sein, dass wir den Anforderungen hinterherhecheln."

"Wir wollen, dass man sich den Zweitwagen sparen kann"

Die ÖDP hatte vor zwei Jahren den Antrag gestellt, das Bussystem im Landkreis zu überarbeiten und besonders die Anbindung zur S-Bahn zu verbessern. Die Partei forderte in dem Antrag, in jedem Ort von hundert Einwohnern an mindestens eine stündliche Busanbindung zur S-Bahn oder zu einer überregionalen Buslinie einzurichten. Die Wartezeit beim Umstieg zur S-Bahn sollte nicht länger als zehn Minuten betragen. Georg Weigl zeigte sich verärgert, dass der Antrag bisher nicht behandelt wurde. "Wir wollen, dass man sich den Zweitwagen sparen kann", sagte der ÖDP-Kreisrat. "Wenn unsere Anstrengungen ignoriert werden, können wir auch zu Hause bleiben." Landrat Löwl entgegnete, dass in Gemeinden von dieser Größe jetzt 14 Fahrten pro Tag vorgesehen sind. "Ein Stundentakt in Orten mit hundert Einwohnern ist nicht finanzierbar", sagte CSU-Kreisrat Offenbeck.

Auch Sebastian Leiß erinnerte daran, dass die Freien Wähler Dachau vor zwei Jahren zum Nahverkehrskonzept Anträge stellten, die noch nicht behandelt wurden. Das Rückgrat des ÖPNV sei die Bahn, häufig gebe es eine Verzahnung von Bus und Bahn. Dabei müsse man sich auf den südlichen Landkreis konzentrieren, hier gebe es den besten Kostendeckungsgrad. Dennoch stimmten Weigl und Leiß für das Rahmenkonzept. Weigl: "Ich bin dafür, aber sauer bin ich."

© SZ vom 11.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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