Festival:1100 Menschen feiern beim Puch Open Air

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Auf die ganz großen Namen de rIndie-Szene haben die Veranstalter bewusst verzichtet. Aber das Publikum weiß auch Gruppen wie "Zombie Zombie" zu schätzen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Das Puch Open Air auf der Schweinewiese ist inzwischen legendär. Auch in seinem 30. Jubiläumsjahr verteidigt das Festival seinen familiären Charme.

Von Victor Ünzelmann, Petershausen

Langsam füllt sich der Hang unter den Obstbäumen. Wer noch Platz findet, sichert sich ein Stückchen Wiese mit Blick auf die Bühne. Hin und wieder trägt der Wind eine strenge Duftwolke vorbei und erinnert daran, dass sich in direkter Nachbarschaft ein Schweinestall befindet.

Als sich am Nachmittag der Flickenteppich an Picknickdecken über die ganze sonst als Schweineweide genutzte Wiese ausgebreitet hat, geht es los: Rita Braga betritt die Bühne. Alleine unterhält sie das Publikum mit ihrer verspielten, skurrilen Musik. Die Künstlerin kommt aus Lissabon und singt ihre Lieder auf portugiesisch, englisch, französisch, hindi, serbisch und deutsch. Ihre Lieder tagen Titel wie "Das Delfinwunder", "Gringo in São Paulo" oder "Für eine Nacht voller Seligkeit".

1100 Menschen feiern beim Puch Open Air

Unter den etwa 1100 Gästen kann man so ziemlich jede Altersgruppe finden. Auffallend viele junge Familien sind darunter. Eigentlich kein Wunder, denn das Puch Open Air hat viele Stammgäste die schon seit Jahrzehnten auf das Festival kommen, manche von ihnen sind mittlerweile Eltern. Wie Paul Heil, der 49-Jährige ist aus Lauf bei Nürnberg angereist. Er kommt schon seit den Neunzigern auf das Puch Open Air, damals hat er in Freising studiert und ist mit Freunden aus dem Studium auf dem Rad von Freising zum Festival gefahren. Er freue sich immer wieder auf das Festival, denn hier finde der Freundeskreis wieder zusammen, der sich über die Jahre verstreut hat. Es sind aber nicht nur langjährige Besucher gekommen. Thomas Reichhold ist 21 Jahre ist das erste mal auf dem Independent-Festival, ihm gefällt die familiäre Atmosphäre.

Die Stammgäste machen zwischen 500 bis 800 Personen aus, die jährlich auf das Festival kommen, schätzt Hubert Lehmair. Den Lehmairs gehört der Hof auf dem das Festival stattfindet. Vor 30 Jahren organisierte Hubert Lehmair zusammen mit Freunden das erste Puch Festival. Er erzählt wie sich das Format entwickelt hat: "Als wir anfingen, haben wir ein paar Anhänger hingestellt und haben eine Bühne daraus gezimmert mit einer Plane als Dach. Nach zwei bis drei Jahren gab es schon so einen Zuspruch, dass wir locker einen Acker mit 20 Hektar hätten mieten können und sagen, da kommen jetzt 20 000, mit Mando Diao als Headliner! - Aber das wollten wir nie."

"International Music" mit vollem Einsatz. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Im vergangenen Jahr seien etwa 2000 Besucher auf dem Gelände gewesen, die Organisatoren habe sich aber dafür entschieden, "zwei Gänge zurückzuschalten". Das haben sie umgesetzt, indem sie nicht etwa weniger Tickets verkauft hätten, sie haben "Bands geholt, die nicht so ziehen", wie Hubert Lehmair sagt. Auch durch die Wahl des Personals hat das Puch seinen familiären Charme und seine ruhige Atmosphäre bewahrt. Die Leute hinter der Bar seien Freunde und Bekannte, mittlerweile sei schon die "zweite Generation" am Schaffen. Was neu ist im Jubiläumsjahr? Hubert Lehmair verweist auf die Installationen der Künstlergruppe "Tam Tam" aus München. In einer Waschmaschine wurde eine Nebelmaschine versteckt und auf dem Hang platziert, eine Gerätschaft, die vor allem die jungen Besucher fasziniert.

Durch das Programm führt Radiomoderator Noe Noack, mit charmanten Ansprachen kündigt er die Bands an. Nach Rita Braga der nächste Act: "Salewski plays Chansons". Die Tanzfläche beginnt sich zu füllen. Auf einmal verstummt die Musik, ein Stromausfall, wie sich herausstellt, der Aggregator ist überhitzt. Alles Absicht, beteuert Moderator Noe Noack, das hat Tradition in Puch: Einmal haben die Schweine an den Stromkabeln gezogen, woraufhin die Lichter aus gingen. Die Band lässt dich nicht beirren und zieht nach zehn Minuten ihre abgedrehte Show durch. Ihnen folgt das Trio von International Music. Mittlerweile ist es dunkel geworden, Lichterketten erleuchten das Gelände. Zeit für Zombie Zombie: Mit verschiedensten Percussion-Instrumenten, Saxofon und Synthesizern erzeugen die drei eine düstere, tranceartige Atmosphäre - und legen dann voll los. Mit wummernden Techno-Beats heizen sie der Mange ein, die Tanzfläche ist voll. Die Boxen des "Elemental Wave Soundsystems" kommen voll zum Tragen und lassen den ganzen Körper vibrieren.

Als sichtbare Attraktion gibt es eine rauchende Waschmaschine. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Headliner des Festivals ist die Band Frittenbude. Mit einer eindrucksvollen Licht-Show und einer soliden Bühnenperformance reißen sie das Publikum mit. Schlusslicht bildete die Künstlergruppe Fak aus Johannesburg. Alles im allem ist das Festival ein Erfolg, was sonst. Bleibt nur die Frage, ob es nächstes Jahr wieder ein Puch Open Air geben wir. Hubert Lehmair ist da zuversichtlich: "Ich gehe davon aus", sagt er.

© SZ vom 23.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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