Projekt:Zuwachs im Zukunftswald

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Kinder und Jugendliche aus den Übergangsklassen der Karlsfelder Mittelschule pflanzen am Wasserwerk ihr eigenes Bäumchen. Eine elektronische Kamera dokumentiert, wie die Pflanzen wachsen

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Hütte bauen, Moose, Federn und Schneckenhäuser im Wald einsammeln und auch noch Bäume pflanzen - das ist zweifelsohne viel besser als im stickigen Klassenzimmer zu sitzen, dem Lehrer andächtig zuzuhören oder in Büchern zu lesen. Die Kinder und Jugendlichen aus den drei Übergangsklassen der Mittelschule Karlsfeld hatten jedenfalls ihre Freude daran, im Wald ihre neue Heimat zu entdecken und dabei noch ein gutes Werk für die Umwelt zu tun. Seit 2008 gibt es am Karlsfelder Wasserwerk den so genannten Zukunftswald. Etwa 3500 Pflanzen haben Schüler dort bereits hingesetzt. "Es ist ein wunderbares Projekt für Karlsfeld ", lobte Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) die Aktion, die nun schon seit Jahren erfolgreich läuft. Am Freitag ist der Wald erneut gewachsen. Jeder Schüler durfte sein eigenes Bäumchen pflanzen: Wildobst, Makkaroni und Elsbeeren - 50 neue Triebe stehen nun dort. "Vielleicht bringt ihr eurem Baum, wenn es heiß ist, mal etwas Wasser vorbei", ermahnte Förster Franz Knierer die Zehn- bis 16-jährigen.

Bürgermeister Stefan Kolbe (2. v. li) und Firmenchef Ralf Hasler (3. v. li) graben zusammen mit Förster Franz Knierer (links) ein Loch für eine neue Zaubereiche im Zukunftswald. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Jugendlichen kommen aus den verschiedensten Ländern. Die meisten aus Kroatien und Bosnien. Ihre Eltern haben hier Arbeit gefunden, jetzt müssen die Kinder erst einmal Deutsch lernen, bevor sie regulär unterrichtet werden können. Aber es sind nicht nur Migrantenkinder, auch einige Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien sind in den drei Klassen untergekommen. Für sie ist die Vegetation hier fremd. Und auch die Tiere, die im Wald leben, sind für viele neu. Knierer zeigte ihnen, wie Sommer- und Winterfell eines Fuchses aussieht, wie mächtig ein Hirschgeweih sein kann. Überrascht zeigte sich eine Waldpädagogin, dass ein Junge aus dem Irak auch den Kuckuck aus seiner Heimat kannte.

Ganz ohne Anleitung müssen die Mittelschüler eine Hütte bauen: Für die Jungs und Mädels ist das aber kein Problem. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Highlight des Tages war allerdings die neue Wetterstation mit Kamera. Die Karlsfelder Elektronikfirma Lacon hat sie der Gemeinde gestiftet, ebenso wie einen Baum. Bürgermeister Kolbe und Förster Knierer halfen Firmenchef Ralf Hasler beim Pflanzen der Zaubereiche. Die Schüler schauten begeistert zu. "Es ist mir ein Herzensanliegen, ein anderes Bewusstsein zu entwickeln", erklärte Hasler den Jugendlichen. Er selbst habe für sich einen "positiven Lebensplan" entworfen: Er wolle die Luft, die er verbrauche, etwa durch Autofahren oder heizen, wieder zurückgeben, indem er Bäume pflanzt. Und weil der Fußabdruck jedes einzelnen inzwischen so groß ist, hat Hasler ausgerechnet, dass er in seinem Leben 10 000 Bäume pflanzen muss. Zur Veranschaulichung für die Schüler erzählte er ihnen die Geschichte von Asterix und Obelix in der Trabantenstadt. "Die Römer wollen in Gallien eine Stadt bauen, dazu fällen sie hunderte Eichen. Als Obelix das sieht, blutet ihm das Herz." Genauso gehe es ihm, wenn er an die Autobahnen denke, für die tausende Bäume umgelegt würden, sagte Hasler. Einen Zaubertrank wie Miraculix aus den Asterix-Heften könne er zwar nicht mixen, die die Bäume über Nacht wieder riesengroß wachsen lassen, aber er wolle eben auch etwas für die Umwelt tun, so der Firmenchef. Vor allem sei es ihm ein Anliegen, dass Bäume nicht mehr als Störkulisse wahrgenommen werden. Deshalb habe seine Elektronikfirma nun für die Schüler eine Kamera installiert, die die Zaubereiche im Blick haben wird. Die Daten würden in eine Cloud gesendet, ebenso wie die von der Wetterstation auf dem Pumpenhaus des Wasserwerks. So können die Schüler auf der Homepage von Lacon jeden Tag sehen, wie ihr Baum wächst, das Wetter beobachten und sogar Prognosen für die nächsten Tage abrufen. Die Gemeinde wird den Mittelschülern dafür Tablets zur Verfügung stellen. "Wenn ihr erwachsen seid, in etwa 30 Jahren, könnt ihr im Zeitraffer sehen, wie sich euer Baum im Laufe der Jahre entwickelt hat", erklärte Hasler den Jugendlichen. Im Biologieunterricht sollen die Beobachtungen dann thematisiert werden. Außerdem will Schulleiter Hakan Özcan durch derartige Aktionen die Schüler dazu bringen, dass sie sich über die Grenzen des Schulhauses hinaus engagieren.

© SZ vom 04.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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