Präzedenzfall:Ein Spiel um Macht und Einfluss

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Der Zweckverband Sparkasse lehnt ÜB-Stadtrat Peter Gampenrieder wegen beruflicher Interessenkonflikte als Verbandsrat ab. Vielleicht auch deshalb, weil er ein Gegner jeder Bankenfusion ist. Jetzt geht der Fall vor Gericht

Von Benjamin Emonts

Der Dachauer Stadtrat Peter Gampenrieder (ÜB) ist zweifelsohne vom Fach: Als Diplomkaufmann bei einem global agierenden Rückversicherer kennt er sich hervorragend in der Finanzwelt aus. Doch ausgerechnet sein Beruf war nun das Problem. Der "Zweckverband Sparkasse Dachau" hat Gampenrieder im Juli dieses Jahres als Verbandsrat abgelehnt, weil er offenbar einen Interessenkonflikt zu sehen glaubte. Gampenrieder, der vom Dachauer Stadtrat mit großer Mehrheit für den Posten bestimmt wurde, will das nicht hinnehmen. Wie inzwischen bekannt wurde, hat der Stadtrat, der für die ÜB bei der Kommunalwahl als OB-Kandidat antrat, Ende August Klage gegen den Zweckverband Sparkasse Dachau eingereicht. Nun muss das Verwaltungsgericht München über seine Eignung als Verbandsrat entscheiden.

Gampenrieder, 47, will sich wegen des laufenden Verfahrens nicht umfangreich äußern, er sagt nur: "Ich bin davon überzeugt, dass ich kompatibel bin. Ich möchte das Amt übernehmen." Mit seiner Klage schafft der Dachauer eine Art Präzedenzfall. Zwar ist es schon öfter vorgekommen, dass Kandidaten für die Zweckverbandsversammlung abgelehnt wurden, doch vor Gericht gezogen ist deswegen noch niemand. Gampenrieders Klage wirft ein Schlaglicht auf das Prozedere, mit dem die Verbandsversammlung ihre Mitglieder bestellt. Das Verwaltungsgericht München wird eine richtungsweisende Entscheidung treffen, wann ein beruflicher Interessenkonflikt mit Posten in dem Gremium besteht.

Vom Hauptgebäude der Sparkasse Dachau am Sparkassenplatz blickt man auf das Rathaus (ganz hinten) - der Konflikt um die Bestellung des Stadtrats Peter Gampenrieder für den Zweckverband des Kreditinstituts kommt auch einer Zurückweisung des ganzen Stadtrats gleich. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Pikant erscheint Beobachtern die Ablehnung Gampenrieders, weil er eine Vorgeschichte mit der Sparkasse Dachau hat. Als diese vor drei Jahren mit den Sparkassen Fürstenfeldbruck und Landsberg-Dießen fusionieren wollte, gehörte Gampenrieder zu den entschiedensten Kritikern im Stadtrat. Die Fusion platzte, doch die Pläne sind deshalb nicht vom Tisch. Als Verbandsrat hätte Gampenrieder über künftige Fusionen mit zu entscheiden - als eine von 14 Stimmen in dem Gremium.

Schon daran zeigt sich, dass die Verbandsversammlung, die mindestens einmal im Jahr zusammenkommt, durchaus Gewicht hat. Der Zweckverband ist Träger der Sparkasse Dachau, seine Versammlung setzt sich zusammen aus acht Vertretern des Landkreises, drei der Großen Kreisstadt Dachau und jeweils zwei aus den Marktgemeinden Indersdorf und Altomünster. Neben ihrer Entscheidungsgewalt über Fusionen wählt die Versammlung alle sechs Jahre einen Teil des Sparkassen-Verwaltungsrats und stimmt über dessen Satzungsänderungen ab. Die Versammlung nimmt also auch eine Art Kontrollfunktion wahr.

ÜB-Stadtrat Peter Gampenrieder lässt sich nicht abweisen. Er klagt vor Gericht. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Wieso aber werden bereits gewählte Kandidaten als Räte abgelehnt? Der Vorsitzende der Verbandsversammlung, qua seines Amtes der Dachauer Landrat Stefan Löwl (CSU), betont, dass er keine persönliche Vorbehalte gegen Gampenrieder habe, man pflege ein kollegiales Verhältnis. Das bayerische Sparkassengesetz jedoch verlangt von Löwl als Vorsitzendem des Zweckverbands, die Kandidaten einer Prüfung vor ihrer Bestellung zu unterziehen. Eine Liste der Kandidaten reicht er dafür an die Regierung von Oberbayern weiter, welche eine Empfehlung abgibt. Maßgeblich bei dieser Überprüfung ist die Frage, ob die Kandidaten ausreichend qualifiziert sind. Konkret heißt es im Sparkassengesetz, dass sie eine "besondere Wirtschaftskunde und Sachkunde" aufweisen sollen. Bei der Vorsitzenden der CSU-Kreistagsfraktion, Stephanie Burgmaier, kam die Regierung in diesem Sommer beispielsweise zum Schluss, dass ihre finanzwirtschaftlichen Kenntnisse nicht genügten. Die Verbandsversammlung entschied sich in einer Abstimmung gegen die Kreisrätin. Bei Gampenrieder wiederum können mangelnde Fachkenntnisse nicht der Grund gewesen sein - bei ihm zog ein anderer Passus. Mitglieder der Versammlung dürfen laut dem Sparkassengesetz "keine Personen sein, die Unternehmer, persönlich haftende Gesellschafter, Aufsichtsrats-, Verwaltungsrats-, Vorstandsmitglieder oder Beamte oder Arbeitnehmer von Banken und anderen Unternehmungen sind, die Spareinlagen oder Depositen annehmen oder die gewerbsmäßig Kreditgeschäfte betreiben oder vermitteln". Interessenkonflikte und Pflichtenkollisionen mit den Belangen der Sparkasse seien zu vermeiden. In dieser Hinsicht hatte im Fall Gampenrieder die Regierung von Oberbayern offenbar Bedenken, die der Stadtrat jedoch zurückweist. Zwischen seinem global agierenden Arbeitgeber und dem Zweckverband Sparkasse Dachau könne er keinen Interessenkonflikt erkennen. Löwl aber gab die Empfehlung von der Regierung an die Versammlung weiter, die sich, wie üblich, die Einschätzung zu Herzen nahm und mehrheitlich gegen Gampenrieder stimmte. Offiziell wurde ihm eine "Unvereinbarkeit" attestiert.

Die genaue Begründung jedoch lässt sich nicht nachvollziehen, da die Sitzung nichtöffentlich stattfand. Auch lässt sich kein schriftlicher Beschluss einsehen. Ob Gampenrieders Vorgeschichte etwas damit zu tun hat, dass er ausgebootet wurde, darüber lässt sich folglich nur spekulieren. Interessant ist schließlich auch die Frage, wieso Gampenrieder sich auf eine vermutlich kostspielige Klage gegen den Zweckverband einlässt. Das Stimmrecht gegen Fusionen dürfte ein Motiv sein. Ein anderer Anreiz könnte sein, dass er als Verbandsrat auch in den Verwaltungsrat der Sparkasse gewählt werden kann. Die Posten dort zählen zu den attraktivsten Vertreterstellen, die Kommunalparlamente zu vergeben haben. Die Ratsmitglieder bekommen tiefe Einblicke in die wirtschaftlichen Strukturen des Landkreises und noch dazu recht üppige Aufwandsentschädigungen für ihre ehrenamtliche Tätigkeit. Im Jahr 2018 waren es für zwölf Räte immerhin 207 000 Euro.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aber dürfte noch eine Weile auf sich warten lassen. Der Vorsitzende der Verbandsversammlung, Stefan Löwl, begrüßt nach eigenen Worten, dass sich nun ein Gericht mit dem Thema befasst. Die Eignungskriterien für die Kandidaten hält Löwl generell für zu hoch. Es ließen sich kaum noch geeignete Personen finden.

© SZ vom 09.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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