Prämierte Landwirte:Was für ein Käse

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Die Familie Gasteiger aus Bergkirchen macht in ihrem Betrieb einiges anders als in der konventionellen Landwirtschaft. Die Milchkühe bekommen nur das, was auf dem Maisingerhof wächst. Nun hat das Landwirtschaftsministerium die Gasteigers für ihren Käse ausgezeichnet

Von Clara Nack, Bergkirchen

Familie Gasteiger taufte den Gewinnerkäse nach dem "Geschmack des Ampertals". (Foto: Niels P. Jørgensen)

Auf dem Maisingerhof kennt man alle Kühe beim Namen. Streicheleinheiten gehören für die Tiere genauso zum Alltag wie die Milchproduktion. Auch zur Familie Gasteiger, die den 30 Hektar großen Hof alleine bewirtschaftet, dürfen sich die 35 Damen zählen. Wo die Milch für den Käse mit dem Namen "Ampertaler" herkommt, kann man genau zurückverfolgen. Vielleicht auch ein Grund, weshalb der Käse einer Jury so hervorragend schmeckte, dass der Maisingerhof in Bergkirchen nun den zweiten Platz im Wettbewerb "Bayerische Käseschätze gesucht" erreicht hat. Den Preis lobt das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Zusammenarbeit mit der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) seit 2017 aus. Die Gewinner profitieren hauptsächlich dadurch, dass ihr Produkt durch den Preis bekannter wird.

Was als familiäre Spaßbewerbung mit Versuchskäse begann, dessen Rezeptur man selbst gerade erst entwickelt hatte, wurde mit einer guten Platzierung in der Kategorie "Naturschnittkäse" ausgezeichnet. Nicht nur die Auszeichnung ist im Landkreis Dachau dieses Jahr einmalig. Als Querdenker der Region füttert Landwirt Franz Gasteiger auch nur das, was er selbst angebaut hat. Andere Landwirte dagegen müssen Futter für ihre Tiere zukaufen. "Dabei setzen wir auf die in Vergessenheit geratene Luzerne, einst die Königin der Futterpflanzen. Während die umliegenden Landwirte auf Wiesengras schwören, bauen wir das an, was auf unseren Böden am besten wächst und am nachhaltigsten bewirtschaftet werden kann", erklärt er. Die in Italien verbreitete Luzerne ist genauso unter dem Namen "Ewiger Klee" bekannt und erweist sich auch bei Hitze als sehr ertragsstark.

Die Milch des Maisingerhofes holt zum einen die Molkerei zur Weiterverarbeitung ab, die übrige Rohmilch wird über einen Milchautomaten auf dem Hof direkt vermarktet. Kunden kommen deshalb von weit her, etwa aus München, um sich das unbehandelte Gold aus dem Milchautomaten selbst abzufüllen. Dabei können sie auch gleich noch ein Stück Käse, Heu für den eigenen Betrieb oder ein Eis mitnehmen. Der Selbstbedienungshofladen funktioniert auf Vertrauensbasis. Ein Konzept, das man nicht nur in Bayern, sondern selbst in Neuseeland kennt, wo auch niemand die Haustür zusperrt. Sogenannte "Honesty Boxes" locken die Stammkundschaft der Region an, aber auch Touristen kaufen bei heißen Temperaturen gerne das Eis, sobald es am Wegesrand zu haben ist.

Im hofeigenen Laden begann alles mit dem Milchautomaten, aus dem Claudia Gasteiger frische Milch zapft. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Während Landwirte 30 Kilometer weiter über Ernteausfälle und staubtrockene Böden klagen, bestätigen die Gasteigers, im Landkreis Dachau dieses Jahr sehr gut weggekommen zu sein - beschweren könne man sich nicht. Umdenken müsse man jedoch schon. "Mit der Bepflanzung und damit auch der Fütterung müssen wir uns dem Klima anpassen. Dieses Jahr sind wir zwar verschont geblieben, aber es wird eher stetig heißer als kühler. Wir werden sehen, was wir in zehn Jahren anpflanzen", sagt Franz Gasteiger und blickt zu seinem Sohn Thomas, der einmal die Nachfolge auf dem Hof antreten wird. Für diesen Fall hat Familie Gasteiger hinter dem Haus ein kleines Versuchsfeld angelegt, wo sie neue Futtersorten testet.

Wie auch die Bewerbung zum "bayerischen Käseschatz" zeigt, geht es den Gasteigers nicht vordergründig darum, Profite zu erzielen. Triumphieren bedeutet für die Gasteigers, neue Herausforderungen anzunehmen und Gegebenheiten nicht einfach auf sich zukommen zu lassen, bis irgendwann die viel diskutierten staatlichen Dürrehilfen benötigt werden.

Die Gasteigers müssen sich und ihren Hof immer neu erfinden. Claudia Gasteiger hat daher im Dezember vergangenen Jahres einen Kurs zur Erlebnisbäuerin abgeschlossen und hat seitdem Kindergartengruppen und Sehbehinderte auf dem Hof begrüßt. Für die Gruppe der Sehbehinderten baute sie die gesamte Farm mit Umzugskartons in Miniatur nach, damit sich die Gäste einen Überblick verschaffen konnten. "Im kleinen Kreis wollen wir weiter dazu einladen und Veranstaltungen und Führungen organisieren. Nachdem wir letztes Jahr unser erstes Hoffest und einen Kindergeburtstag gefeiert haben, fragen immer mehr Gruppen an", erzählt die Landwirtin.

Den Gewinnerkäse gibt es ab sofort auch im hofeigenen Laden zu kaufen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Außer den einzelnen Begrüßungsritualen mit den Kuhdamen Erna, Emma und Charlotte kann sich vor allem die lange Tradition des Hofes sehen und erzählen lassen. Bereits in vierter Generation unter dem Namen Gasteiger geführt, ist der Hof schon seit 350 Jahren in der Hand der Familie. Familie Gasteiger konnte die Ursprünge des Gründungshofes an der Maisach bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen. Eingeheiratete Ehemänner gaben dem damals "winzigen" Hof ihren Familiennamen. Der Familienstammbaum setzte sich durch die Töchter des gründenden Bauers jedoch weiterhin fort.

Auf den Namen ihres Hofes, der an den Ursprungsstandort an der Maisach erinnert - ein Zufluss der Amper - ist die Familie stolz. Verändert hat sich hauptsächlich, dass Familie Gasteiger nur noch Kühe hält, anstatt wie früher Schweinezucht und Ackerbau zu betreiben. Bei der Ernte hilft, wer gerade so über den Weg hüpft. Es sei so üblich, dass sich die ansässigen Landwirtschaftsbetriebe hier gegenseitig unter die Arme greifen. Den Gewinnerkäse stellt ein mobiler Käser in seinem Käsemobil fix vor Ort her und lässt ihn dann bei sich "zum Geschmack des Ampertals" heranreifen. Die Familie hat diverse Rezeptvorschläge, der Käse eignet sich nämlich hervorragend zum Überbacken. "Wir kochen eigentlich nur mit unserem Käse. Alles wird damit bestreut oder belegt. Ich empfehle ihn ja für Lasagne", sagt Tochter Christiane Gasteiger.

Wenn es nächsten Sommer noch heißer wird, muss eben wieder ein wenig umgedacht werden. Hat eine Kuh Magenbeschwerden oder gibt es Nachwuchs, sorgt sich die Familie und es wird ein Name gefunden. Wenn Tochter Christiane sich auf einen Abend mit Freunden verabredet, hat sie immer ein paar Milchflaschen in der Handtasche dabei. Sollte die nächste Gruppe anrufen, verwandelt Claudia Gasteiger den Hof wieder in einen individuellen Parcours.

Von der Auszeichnung ihres Käses erfuhren die Gasteigers erst eine Stunde, bevor die Dachauer SZ an die Tür klopfte. Flexibilität wird auf dem Maisingerhof nicht nur groß geschrieben, sondern ist Teil des Erfolgs.

© SZ vom 28.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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