"Poetischer Herbst" in Hebertshausen:Löffel und Klarinetten

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Markus Winnefeld und Thiemo Jörgensen. (Foto: Dorothea Friedrich)

"O lecker mio" vereint Ohren- und Gaumenschmaus

Von Dorothea Friedrich, Hebertshausen

Es darf geschlemmt werden, denn der "Poetische Herbst" ist angesagt. Und der widmet sich in diesem Jahr bekanntlich dem Thema "An Guadn - Der Landkreis Dachau bittet zu Tisch". Am vergangenen Sonntag hieß das: herbstlicher Brotsalat mit Wildkräutern und Balsamessig. Ravioli mit gerösteter Kürbis-Frischkäse-Füllung und Rote-Bete-Butter. Topfencreme mit Kürbis-Birnen-Kompott, Kerne-Crunch und Kürbiskernöl. Was wie ein Auszug aus der Speisekarte eines Gourmet-Tempels klingt, servierten die Köche Markus Winnefeld und Thiemo Jörgensen etwa 30 hochzufriedenen Gästen in Rainer Schreiers Küchenhaus in Hebertshausen ganz nach dem Motto des Abends "Oh lecker Mio - kulinarische Herbstimpressionen". Für den musikalischen Part hatten die Organisatorinnen, Kathrin Krückl vom Dachauer Forum und Kreisheimatpflegerin Birgitta Unger-Richter, das Trio Coll'A'Parte mit Hans Blume, Hans Ernst, Cornelia Gödel und einem ganzen Sortiment verschiedenster Klarinetten eingeladen. Der feinen, beschwingten Choreografie dieses lukullischen Abends folgt auch die Musikauswahl. Hans Blumes Eigenkompositionen "Tag- und Nachtstücke" läuten den jeweils nächsten Gang ein, sind zugleich eine Aufforderung, nicht auf Stühlen und Bänken hocken zu bleiben, sondern - selbstredend unter fachlicher Aufsicht der beiden Köche - aktiv ins diffizile Zubereitungsgeschehen einzugreifen. Da stellt sich ganz von selbst die Frage, welche Zutaten - neben den derzeit allgegenwärtigen Kürbissen - man so braucht, um auch nur annähernd ein ähnliches Ergebnis zustandezubringen. "Die wichtigste ist gute Laune", sagt Winnefeld grinsend.

Der zweite Gang ist angerichtet. Fleisch vermissen angesichts der Fülle herbstlicher Schmankerln übrigens nicht einmal bekennende Fans von Rind, Schweinernem und Co. Die beiden Kochkünstler verzichten zudem bewusst auf jeden modischen Deko-Schnickschnack. Sie lassen ihre Kreationen für sich selbst sprechen, ganz so, wie es der den leiblichen Genüssen durchaus nicht abgeneigte Wilhelm Busch einst beschrieben hat: "Gar lieblich dringen aus der Küche, bis an das Herz die Wohlgerüche. Hier kann die Zunge fein und scharf sich nützlich machen und sie darf!" Die Wohlgerüche versprechen Wohlgeschmack. Für den sorgen überwiegend Produkte aus dem Dachauer Land und beweisen wieder einmal, dass tasmanischer Honig oder blaues Salz aus dem Iran zwar ziemlich abgefahren, aber vollkommen überflüssig sind. Genüsslich lässt sich die überraschende Kombination von Birnen und Kürbis erkunden. Entspannt lässt sich diskutieren, ob und wie die Bitteraromen von gebratenem Radicchio mit den eher sanft daherkommenden köstlichen Ravioli harmonieren. Solche Tischgespräche animieren selbstredend zu einem erneuten Test vulgo Nachschlag.

Coll'A'Parte spielt jetzt beschwingte Tafelmusik von Mozart und Beethoven, "damit Sie sich wie seinerzeit die Fürsten fühlen", sagt Hans Blume. Es geht aber nicht höfisch-steif, sondern eher locker-familiär zu. Ganz Eifrige bieten sich sogar an, den üblicherweise ungeliebten Abwasch zu übernehmen, was die Köche freundlich, aber bestimmt ablehnen. Ein Gefühl wohliger Zufriedenheit und Neugierde auf den Nachtisch breitet sich aus. Der ist wie alles an diesem Abend "lecker mio". Karamellisierte Kürbiskerne sind die Krönung eines fruchtig-sahnigen Dessert-Gedichts und eines launig-lustvollen Abends, der zudem als Beweis für die These gelten kann: Nicht nur die Liebe, auch die Poesie kann durch den Magen gehen.

© SZ vom 12.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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