Podiumsdiskussion :Auch Landwirte sind Wähler

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Wie sehen sie die Zukunft der bäuerlichen Kleinbetriebe in der Region? Das wollen die Landwirte von den Politikern wissen. (Foto: Niels P. Joergensen)

Auf einer Podiumsdiskussion mit vier Bundestagskandidaten fordern 150 Bauern aus dem Wahlkreis Dachau/Fürstenfeldbruck mehr Engagement für ihren Beruf

Von Petra Schafflik, Bergkirchen

Gewässerschutz, Tierwohl oder Flächenfraß: Themen, die im Landkreis die Bauern umtreiben, aber auch öffentlich diskutiert werden. Doch wie stehen die Direktkandidaten des Wahlkreises Dachau / Fürstenfeldbruck dazu? Wie sehen sie die Zukunft der bäuerlichen Betriebe in der Region? Um mehr zu erfahren über Programm und Persönlichkeiten, haben die beiden Kreisverbände im Bayerischen Bauernverband mit ihren Obmännern Anton Kreitmair (Dachau) und Georg Huber (Fürstenfeldbruck) am Montag zur Podiumsdiskussion geladen. Den kritischen Fragen im voll besetzten Saal beim Gasthof Groß stellten sich mit Katrin Staffler (CSU), Michael Schrodi (SPD), Beate Walter-Rosenheimer (Grüne) und Lilian Edenhofer (FW) die Kandidaten der Parteien, die auch im bayerischen Landtag vertreten sind. Die lebhafte Debatte ließ erkennen, dass es Patentrezepte nicht gibt. Umso wichtiger war den 150 Landwirten im Saal das wohlwollende Interesse der Politiker für ihren Berufsstand.

Alle Kandidaten wollen die bäuerliche Landwirtschaft bewahren. Doch in der Boomregion München werde der Landwirtschaft viel Fläche entzogen, sagte Markus Peters, der als Pressesprecher des Bayerischen Bauernverbands die Diskussion moderierte. Wie kann sichergestellt werden, dass künftig noch genug Ackerfläche verfügbar ist? Natürlich gehöre "Bauernland in Bauernhand", sagte Lilian Edenhofer (FW), "Boden darf kein Spekulationsgegenstand werden." Druck entstehe durch Zuzug und den Bedarf an zusätzlichem Wohnraum, sagte Michael Schrodi. Der SPD-Kandidat plädiert dafür, bebaute Gebiete nachzuverdichten. "Die Lösung darf nicht Versiegelung sein." Mehr Wohnraum schaffen, ohne Ackerflächen zu nutzen, das hält Katrin Staffler (CSU) nicht für machbar. "Unredlich" nannte sie deshalb Schrodis Vorschlag. "Aber wir müssen den Verbrauch bremsen." Sofern Land und Bund "kostengünstig Flächen abgeben", könnte ohne neue Versiegelung gebaut werden, entgegnete Schrodi. Als Beispiel nannte er den Fliegerhorst Fürstenfeldbruck. Die Grünen halten den Verbrauch von Landschaft für ein so wichtiges Thema, dass sie dazu ein Volksbegehren initiierten, erinnerte Beate Walter-Rosenheimer (Grüne). 13 Hektar werden in Bayern täglich zugebaut, "das ist zu viel, fünf müssen reichen".

Die Landwirte beschäftigen weitere Themen. Ständig neue Auflagen und Vorgaben etwa, "doch Investitionen sind langfristig angelegt". Die Betriebserlöse gingen zurück, so ein Bauer. Die Folge werde sein, dass Betriebe nach und nach aufgeben müssten. Deshalb sollen Direktzahlungen der EU an Landwirte entgegen der aktuellen Planung auch nach 2020 "auf hohem Niveau erhalten werden", so Staffler. Kleine und mittlere Betriebe möchte sie "stärker fördern". SPD-Mann Schrodi plädierte für Zuschüsse zur Sozialversicherung, Walter-Rosenheimer (Grüne) will wie Staffler per Direktzahlung kleine Betriebe stärken. Nicht alle Bauern finden öffentliche Unterstützung gut. "Wir möchten von unseren Erzeugnissen leben können, nicht von Zuschüssen", sagte eine Rednerin.

Existenzielle Sorgen machen sich Viehhalter. "Wir stehen an der Wand, fürchten neue Auflagen", so ein Landwirt. Auslöser ist der Diskurs über die sogenannte Anbindehaltung, bei der Rinder ohne Auslauf im Stall gehalten werden. Im Landkreis durchaus noch üblich bei Kleinbetrieben, war zu vernehmen. Die Tiere wie früher im Sommer auf die Weide zu treiben, sei bei der Verkehrsbelastung undenkbar, "nicht erwünscht", so der Bauer. Für ihre Anmerkung, an ihrem Wohnort in Garmisch würden die Kühe "nach wie vor durch den Ort getrieben", erntete Edenhofer Gelächter. Ein Verbot der Anbindehaltung, wie es politisch im Raum steht, hält Schrodi für kontraproduktiv, weil es Konzentration und Massenbetriebe fördere. Vorgaben müssten "praxistauglich sein, dürfen bäuerliche Betriebe nicht überfordern", sagte Staffler. Die Grünen "stehen für Tierschutz, aber es braucht Übergangslösungen", so Walter-Rosenheimer.

Gerade die Diskussion zum Stichwort Tierwohl offenbare, dass viele Bürger kein realistisches Bild hätten von der modernen Landwirtschaft, waren sich Staffler und Walter-Rosenheimer einig. Mehr Dialog und Information sei nötig, denn: "Woher soll es ein Verbraucher besser wissen?" Vielleicht gleich über ein eigenes Schulfach? Das haben die Freien Wähler im Landtag vergeblich durchsetzen wollen, erinnerte Edenhofer (FW). Walter-Rosenheimer wäre dafür, auch Staffler findet die Idee entgegen der CSU-Landtagsfraktion gut. "Es kann nur über Bildung gehen." Einzig Schrodi wagte, sich gegen die Meinung im Saal zu stellen. "Das ist eine Querschnittsaufgabe, wir dürfen den Lehrplan nicht überfordern."

Auch über die Auswirkungen des Russland-Embargos, Diesel-Besteuerung, Arbeitszeit-Regelungen, bürokratische Auflagen und die Zukunft von Biogasanlagen im Energiemix wurde diskutiert. Wichtiger als die konkreten Antworten waren den Landwirten aber Interesse und Dialog. Applaus gab es zum Schluss für die Zusage aller Kandidaten, auch nach dem Wahltag als Ansprechpartner bereit zu stehen.

© SZ vom 13.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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