Plug & Play:Glanzvolles Dutzend

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Ein bunter Mix aus Künstlern und Stilrichtungen - das zwölfte Plug & Play Festival ist wieder ein Erfolg

Von Andreas Förster, Dachau

Das zwölfte Plug & Play ist Geschichte. Leider. Der Spaßfaktor des einzigartigen Festivals, das es in dieser Art auch in München nicht gibt, lässt auch nach dem runden Dutzend nicht nach. Vier Stunden Pop, Rock, Funk und Soul sind viel, aber das Publikum will noch mehr und lässt die letzte Band des Abends, "The Full Bug", nicht ohne Zugaben von der Bühne. Die Münchner Hardrocker sind die einzigen, denen dieses Privileg zuteilwird. Ihre zehn Vorgänger müssen sich jeweils mit 1 111 Sekunden Bühnenzeit zufriedengeben. So ist die Regel beim Plug & Play, und sie gut. Denn so gelingt es, elf Bands an einem Abend auf die beiden Bühnen zu bringen. Die Reihenfolge wird vorher ausgelost. Es gibt zwei Lostöpfe: den für die Center Stage mit großem Schlagzeug und Verstärkern für die E-Gitarren; und den für die Club Bühne für die etwas ruhigeren Unplugged Shows. Der Eintritt kostet 7,77 Euro, um 18.18 Uhr ist Einlass, ab 19.19 Uhr wird gerockt. "Plug aaaaand..." ruft Rainer Rackl dem Publikum zu. "PLAY!" schallt es aus hunderten Kehlen euphorisierter Fans im proppenvollen Stockmannsaal und der Empore zurück. Nach dem Kommando drückt Rackl, omnipräsenter Plug & Play-Macher und -Moderator, den Buzzer auf der Bühne und der Countdown startet. Das wird er an diesem Abend hoch zehnmal machen. Dazwischen pampert der 38-jährige die Bands, verkabelt die Technik auf den Bühnen, hat für alle ein Ohr und ein freundliches Wort. Dazu wird er später mit seiner Band T4U auf der Bühne stehen, der Mann ist ein Phänomen.

Die Local Heros "Mama Makes Coffee" aus Dachau stehen für das, was auch Plug & Play ausmacht: Familie. (Foto: Niels P. Jørgensen)

The Wild Hawks machen den Anfang. Sie gehören zu den sieben Bands, die noch nie vorher bei Plug & Play aufgetreten sind. Die Hardrocker aus München lassen schon mal überhaupt nichts anbrennen, aber für die nachfolgenden Bands ihr Drumset stehen. Vorbildlich. Der Sänger überzeugt mit dunkler Stimme und gutem Rock-Volumen, Metallica lässt grüßen. Nach vier Liedern ist Schluss. "Das war eine Herausforderung", sagt Schlagzeuger Dominik von Proff. "Wir mussten uns voll auf die Songs konzentrieren, genau überlegen, was wir auswählen, um unsere Bandbreite zu zeigen." Wie die anderen Nachwuchs-Bands haben sie noch nicht oft vor großem Publikum gespielt und sind begeistert von der Soundtechnik und dem professionellen Equipment der Bavaria Veranstaltungstechnik. Plug & Play ist auch als Showcase für Newcomer gedacht. Das sind Just Chanpero längst nicht mehr - bald feiern sie ihr 25-jähriges Bühnenjubiläum. 2007 gründeten sie das Event, vor vier Jahren hat es Rackl übernommen. Auf der Club Stage aber spielen sie heute zum ersten Mal. Um eine chillige Lounge-Atmosphäre zu erzeugen, stehen im Hintergrund Sessel, Stehlampe und Tischchen aus dem Deko-Fundus von Just-Chanpero-Drummer Christoph Mader. Auch musikalisch präsentiert sich die Band aus Dachau im neuen Gewand, mit Akustikversionen von "Spaghetti Carbonara" (Spliff), "Der Goldene Reiter" (Joachim Witt) und Tom Schillings "Major Tom". Beim Refrain "Völlig losgelöst" gingen im Publikum wie zu besten NDW-Zeiten alle Hände hoch und alle sangen mit.

Die verschiedenen Künstler beim Plug & Play Festival begeistern das Publikum. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Mit "Owing to the Rain" übernehmen vier preisgekrönte Nachwuchsmusiker aus Dachau die Center Stage. Mit progressivem Indie-Rock und der kraftvollen Stimme von Sänger Philip Donath können OTTR auch bei ihrem zweiten Plug & Play-Auftritt überzeugen. "Auf geht's Leute, vergesst den Mist in der Welt, heute wollen wir nur Musik hören und eine tolle Zeit haben", gibt er als Motto des Abends vor, an das sich auch alle halten. Wenn die Bands nicht selbst Musik machen, tanzen und singen sie mit dem Publikum.

Stimmgewaltig: Kathrin Krückl, Sängerin von "Mama makes Coffee". (Foto: Niels P. Jørgensen)

Ruhigere Töne kommen von Allegria and the Bass aus Lauterbach, nur Stimme und Bass, und von Minime: Vier Musiker mit Ukulele und schönen, vierstimmigen Gesangsharmonien. Für Sängerin Vesna, die sich den Finger verletzt hatte, hilft kurzerhand Edin Cerovac von der 8-Ball-Band an der Ukulele aus. Zwei Münchner Bands lassen die Zuschauer komplett ausflippen: Bei JB's First bringen heiße Funk-Rhythmen und die markante Soulstimme der im achten Monat schwangeren Sängerin Kati Bestler alle zum Tanzen. Es ist ihr letzter Auftritt vor der Babypause. Swango wiederum zeigen, dass auch ein Steptänzer als Percussionersatz funktionieren kann, wenn man einen genialen Rapper an der Seite hat. Embrace the Emporer aus München lassen es noch mal richtig rocken und die Local Heros Mama Makes Coffee aus Dachau stehen für das, was auch Plug & Play ausmacht: Familie.

Just-Chanpero-Drummer Christoph Mader sorgt für eine familiäre Show. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Tom Männlein und seine Söhne Simon und Anton machen Musik für Jung und Alt und mit Stimmwunder Kathrin Krückl hat man eine Powerfrau an den Lead Vocals, deren Leidenschaft niemanden kalt lässt. Plug & Play, das ist tatsächlich Familie: Rackls Eltern sorgen für das leibliche Wohl der Musiker, sein Bruder und seine Schwägerin sind an der Kasse, seine Frau wird am Ende als Losfee die Gewinner der Verlosung ziehen, deren Erlös der DKMS zur Unterstützung von Knochenmarkspenden zugutekommt. Plug & Play - auch für Dachau ein echter Gewinn.

© SZ vom 11.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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