Pflegenotstand im Amper-Klinikum:SPD will bei Helios mitreden

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Mit einem zweitägigen Streik machte das Pflegepersonal im Oktober auf seine Überlastung aufmerksam. Menschenleben seien in Gefahr, sagten sie. (Foto: Niels P. Jørgensen)

In einem Eilantrag an den Kreistag fordern die Sozialdemokraten eine unabhängige Mitarbeiterbefragung, mehr Personal und einen auch mit Politikern besetzten Beirat zur Behebung der Missstände im Klinikum

Von Robert Stocker, Dachau

In der Sitzung des Kreistags Mitte Oktober bekam die Leitung des Helios Amper-Klinikums zum ersten Mal in öffentlicher Sitzung den geballten Unmut aller Fraktionen zu spüren. Es sei bereits "fünf nach zwölf", sagte damals Oberbürgermeister und SPD-Kreisrat Florian Hartmann zur Pflegesituation im Dachauer Krankenhaus. Jetzt legt die Kommunalpolitik erstmals konkrete Forderungen zur Verbesserung der Pflege auf den Tisch. In einem Eilantrag an den Kreistag präsentiert die SPD-Fraktion ein Maßnahmenpaket, das die personelle Situation verbessern soll. Dazu gehören eine Befragung der Mitarbeiter zur Arbeitsbelastung, ein Management, um personelle Ausfälle zu kompensieren und die Einrichtung einer Kommission, die sich regelmäßig mit der Situation in der Pflege beschäftigt. Diese Forderungen soll der Kreistag an die Helios Amperklinik AG weitergeben.

Schockierende Berichte

"Die massiven Probleme, die sich über die letzten Jahre gerade im Pflegebereich des Klinikums eingestellt haben, sind nicht mehr tragbar und müssen dringend abgestellt werden", schreibt SPD-Fraktionsvorsitzender Harald Dirlenbach in dem Eilantrag. Die SPD hatte mehrere Gespräche mit der Geschäftsleitung, dem Betriebsrat und den Beschäftigten des Helios Amper-Klinikums geführt. "Schockierend" nennt Dirlenbach Berichte über die Belastung von Mitarbeitern, wonach eine Pflegefachkraft für mehr als 60 Patienten auf einer Station verantwortlich ist und sich Auszubildende eigenverantwortlich und ohne Anleitung um Patienten kümmern müssen. Verbesserungsstrategien der Klinikleitung hätten sich bei diesen Gesprächen als "absolute Enten" herausgestellt. Ein Springerpool für kurzfristige Personalausfälle sei wirkungslos, wenn diese Mitarbeiter schon für langfristig erkranktes Personal einspringen müssten. Letztlich habe man dann keinen Springer mehr, der kurzfristige Ausfälle abdecken könne.

Mitarbeiter hätten resigniert berichtet, dass sie keine Zeit für die grundlegendsten Handgriffe in der Pflege haben. "Das ist mehr als ein Alarmzeichen", schreibt Dirlenbach, "dann muss gehandelt werden". Umso schwerer sei nachzuvollziehen, dass ein professionelles Personalmanagement fehle. Eine Mitarbeiterbefragung, wie sie die SPD nun fordert, sollte in einem so großen Unternehmen Standard sein. Um einer Personalknappheit entgegenzuwirken, sei ein glaubwürdiges Stimmungsbild der Beschäftigten nötig. Gleiches gelte für ein Ausfallmanagement, das auch längere Ausfälle kompensieren kann. Dazu müsse die Soll-Ist-Situation des Personals festgestellt werden. Wenn Mitarbeiter ausfallen, müssten die Verantwortlichen festlegen, auf welche Leistungen für die Patienten verzichtet werden kann. Zudem fordert die SPD eine Kommission, in der Vertreter der Klinikleitung, des Betriebsrats und des Kreistags vertreten sind. Deren Mitglieder sollten sich regelmäßig über die Situation in der Pflege austauschen. Wenn die Klinikleitung im Kreistag einen Bericht vorlege, müsse auch der Betriebsratsvorsitzende ein Rederecht im Kreistag erhalten.

Die Helios Amperklinik AG nehme die Sorge der SPD-Fraktion sehr ernst, teilte Unternehmenssprecherin Katharina Mathern in einer Stellungnahme am Freitagnachmittag mit. "Unser vorderstes Interesse sind zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie eine qualitativ hochwertige Versorgung unserer Patienten." Das Unternehmen widerspricht aber deutlich den Ausführungen der SPD zum Springerpool und der Bewertung der Verbesserungsmaßnahmen als "Enten". Die eingeleiteten Maßnahmen, so die Klinikleitung, hätten sich größtenteils bewährt. Dies sei in unterschiedlichen Erhebungen dokumentiert. Die Klinikleitung stehe mit Landrat Stefan Löwl (CSU) und dem Kreistag im regelmäßigen Austausch. Die Bewertung des vorliegenden Eilantrags der SPD-Fraktion sei die Angelegenheit der Kreisgremien.

© SZ vom 11.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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