Protest:Petershausener laufen Sturm

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Die geplanten vierstöckigen Gebäude würden nach Ansicht der Kritiker die bestehenden Ein- und Zweifamilienhäuser erdrücken. (Foto: Niels P. Jørgensen)

An der Rosenstraße soll ein Wohnviertel für 800 Menschen entstehen. 263 Anwohner vermissen aber die nötige Infrastruktur, befürchten mehr Verkehr und eine Zerstörung des Ortsbilds.

Von Petra Schafflik, Petershausen

Zu viel, zu dicht, zu hoch: Gegen das Konzept der Gemeinde für ein neues, großes Wohngebiet an der Rosenstraße regt sich Widerspruch. 263 Bürger überwiegend aus dem angrenzenden Viertel haben eine Stellungnahme unterzeichnet, die Anwohner der Rosenstraße erarbeitet haben.

"Wir sind dafür, dass Wohnungen gebaut werden, aber mit Herz und Hirn", sagt Mitinitiatorin Monika Friedl. Doch die aktuell vorliegenden Entwürfe für die Fläche in fußläufiger Entfernung zum S-Bahnhof gehen den Kritikern zu weit. Die entlang der Bahn mit vier Etagen geplanten Gebäude wirkten "beengend und bedrückend", wie sie meinen, auch reiche die Infrastruktur nicht für etwa 800 Neubürger im geplanten Wohngebiet aus. Von der vorgesehenen Verkehrsführung über die Rosenstraße befürchten die Anwohner zudem eine enorme Belastung durch Abgase und Lärm.

Die Entwicklung des Areals an der Rosenstraße ist ein zentrales Projekt in Petershausen

Bürgermeister Marcel Fath (FW), der die Petershausener bei diesem für die Gemeinde zukunftsweisenden Projekt ausdrücklich zum Mitreden eingeladen hat, sagte den kritischen Bürgern inzwischen in einem offenen Brief einen "konstruktiven Dialog" zu. Doch die erwarten sich vom Rathauschef mehr, nämlich eine "direkte, persönliche und aussagekräftige Antwort". Die Kritiker wollen ein tragfähiges Konzept: Denn es gehe nicht darum, das Vorhaben Rosenstraße zu blockieren, betont Monika Friedl ausdrücklich. "Aber wir wünschen uns einen Entwurf, mit dem alle leben können."

Die Entwicklung des Areals an der Rosenstraße ist ein zentrales Projekt für die 6800 Einwohner zählende Gemeinde. Dort, wo jetzt noch im Umkreis der evangelischen Segenskirche bis hinauf zum Bahndamm große Ackerflächen liegen, könnten einmal bis zu 800 Menschen zentral mitten im Dorf leben. Dafür entwickelt der Gemeinderat bereits seit 2012 ein städtebauliches Konzept, kontinuierlich einbezogen sind dabei die sechs Grundeigentümer, das sind Privatleute und die Gemeinde selbst, die dort Flächen erworben hat. Das Ergebnis dieses langen Planungsprozesses ist ein Konzept, das um einen zentralen Platz an der Kirche eine Bebauung mit Reihen- und Mehrfamilienhäusern vorsieht, dazu auch öffentliche Bereiche und soziale Einrichtungen.

Gegen den Entwurf zur Rosenstraße regt sich immer mehr Widerspruch

Doch gegen den Entwurf, der im November erstmals in einer Bürgerversammlung vorgestellt wurde, regt sich immer mehr Widerspruch. Die mit vier Etagen geplanten Gebäude würden gegenüber den Reihen- und Einfamilienhäusern in den angrenzenden Vierteln "wie klobige Türme hervorragen" - das neue Baugebiet werde wie ein "isolierter Fremdkörper" wirken. Insgesamt sei die Bebauung viel zu dicht geplant, es werde eine anonyme und gesichtslose Siedlung entstehen.

Die Bürger fordern eine Begrenzung auf drei Vollgeschosse, zumindest in der direkt an die bestehenden Häuser angrenzenden ersten Baureihe. Weitere Sorgen bereitet den Bürgern die Infrastruktur, die für so viele Neubürger nicht ausreichen könnte. Das reiche von fehlenden Parkplätzen, schon jetzt überfüllten S-Bahnen bis hin zum Aufnahmestopp bei örtlichen Ärzten. Doch es gehe nicht nur um soziale und technische Einrichtungen. "Die Menschen, die zuziehen, müssen ja auch Anschluss finden, ins Dorf integriert werden", betont Friedl. Und weiter: Die Rosenstraße ist bisher als Sackgasse vom Durchgangsverkehr völlig abgehängt, künftig wäre sie als Erschließungsstraße für das neue Wohnviertel durchgängig befahrbar.

Die Bürger stehen mit ihrer Kritik nicht allein

Die Bürger stehen mit ihrer Kritik nicht allein. Auch die CSU-Fraktion im Gemeinderat warnte zuletzt stets vor einer zu intensiven Bebauung und lehnte die Weiterentwicklung des Konzepts auf dieser Basis ab. Die Mehrheit von Freien Wählern und SPD halten mit Bürgermeister Marcel Fath (FW) aber an dem über Jahre entwickelten Entwurf fest. Die Idee, auf dem Gelände auch bezahlbares Wohnen für Petershausener möglich zu machen, gerate in Gefahr, wenn sich hohe Erschließungskosten auf weniger Wohnfläche verteilten, erklärt Fath. Gerade die Bereitstellung von preisgünstigen Wohnungen für Menschen in weniger gut bezahlten Berufen sieht er aber als wichtige Aufgabe an.

Dennoch nimmt der Rathauschef die Kritik der Bürger ernst. Denn, so schreibt Fath in einem offenen Brief, der "transparente und gewissenhafte Umgang mit unterschiedlichen Meinungen und Ansichten ist mir ein zentrales Anliegen". Bei einem Projekt dieser Größenordnung, so Fath, haber er auch mit Kritik gerechnet. Allerdings solle das wichtige Projekt keinesfalls im Streit unterschiedlicher Interessen untergehen. Die Sorgen der Bürger, ihre Anregungen und Vorschläge will Fath ernst nehmen, bei zentralen Punkten wie der Bebauungsdichte aber auch, wenn nötig, "in den Konflikt gehen".

Vorläufig aber wollen Bürgermeister und Anwohner einen Konsens finden. Doch während Monika Friedl auf einen Gesprächstermin im Rathaus hofft, will Fath alle Anlieger und interessierten Petershausener gemeinsam einladen zu einem zweiten Bürgerdialog, Ende Mai, wenn das Verkehrsgutachten für das Projekt vorliegt. Diese entscheidende Studie will auch Monika Friedl abwarten. Jetzt hofft sie, wie sie sagt, auf konstruktive Gespräche. "Denn wir sind nicht auf Streit, sondern Dialog aus." Auch Fath will dann in der Veranstaltung die Verkehrsstudie und alle bisher im Rathaus eingegangenen Anregungen der Bürger diskutieren. "Wir wollen schauen, dass wir einen vernünftigen Kompromiss hinbekommen." Schließlich soll der Gemeinderat vor oder spätestens gleich nach der Sommerpause den Startschuss geben für das formelle Bebauungsplanverfahren.

© SZ vom 03.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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