Petershausen:Pendler müssen blechen

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.Die Park&Ride-Anlage in Petershausen ist seit 1. September gebührenpflichtig. Das 24-Stunden-Ticket kostet einen Euro, das Jahresabonnement 140 Euro. Einheimische bleiben verschont.

Helmut Zeller

Die Aufregung unter Autofahrern und Pendlern ist groß: Seit 1. September müssen sie nun tatsächlich für den Stellplatz auf der Park&Ride-Anlage am Bahnhof in Petershausen eine Gebühr bezahlen. Tief müssen die Bürger allerdings nicht in die Tasche greifen: Das 24-Stunden-Ticket kostet gerade mal einen Euro, die Zehnerkarte neun und das Jahresabo 140 Euro. Doch es geht Pendlern wie Peter Schmitz-Valckenberg aus Reichertshausen im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm nicht ums Geld allein. Petershausen ist für ihn nur das Fanal: Auch andere Kommunen in Oberbayern, etwa an den Endpunkten des S-Bahn-Netzes, werden nachziehen und Gebühren für ihre Park&Ride-Anlagen erheben. Das gehe aber zu Lasten des öffentlichen Nahverkehrs und damit der Umwelt. Deshalb bezeichnen Kritiker die Entscheidung des Petershausener Gemeinderats als kurzsichtig. Schmitz-Valckenberg ärgert vor allem eins: "Wie konnten sich Bahn und MVV nur derart aus der Verantwortung stehlen", sagt er.

Pendler müssen seit 1. September Gebühren für die Nutzung des Park&Ride-Platzes zahlen. Bislang war die Benutzung kostenlos. (Foto: DAH)

Das wiederum sieht Daniel Stadelmann, Leiter des Kommunalunternehmens in Petershausen, eher als Vorteil an. Hätte die Bahn Regie geführt, dann wären die Gebühren wohl erheblich höher ausgefallen, meint Stadelmann. Das Parkplatzgelände mit ungefähr tausend Stellplätzen gehört zwar der Bundesbahn, aber für den Unterhalt und den Parkbetrieb ist die Gemeinde vertraglich zuständig. Die Anlage ist jeden Tag voll: Nur 80 Dauerparker stammen aus Petershausen selbst, 920 kommen täglich aus den umliegenden Gemeinden in den Landkreisen Pfaffenhofen an der Ilm, Freising, Aichach oder Neuburg an der Donau. Einen sechsstelligen Betrag, so Stadelmann, muss die Gemeinde jährlich für den Unterhalt des Parkplatzes ausgeben.

Deshalb dachten die Gemeinderäte schon seit langem darüber nach, wie man sich diese Kosten vom Hals schaffen könne. Alle Versuche, eine interkommunale Lösung zu finden, scheiterten - vor allem am Widerstand des Landkreises Pfaffenhofen an der Ilm. Stadelmann betont, dass für eine 6000 Einwohner zählende Kommune wie Petershausen diese finanzielle Belastung nicht tragbar sei. Seine Rechnung scheint schlüssig: Ein Pendler zahlt schließlich nur eine sehr geringe Parkgebühr, um das infrastrukturelle Angebot nutzen zu können. Von Petershausen aus erreicht er mit dem Regionalexpress von München nach Nürnberg oder eben mit der S-Bahn im 20-Minuten-Takt seinen Arbeitsplatz.

Peter Schmitz-Valckenberg macht eine andere Rechnung auf: "Ich bezahle für das Jahresticket des MVV 1100 Euro, die Jahreskarte für die Park&Ride-Anlage kostet mich noch einmal 140 Euro." Um überhaupt nach Petershausen zu kommen, muss ein Pendler ja auch noch die Benzinkosten dazu rechnen. Damit liegt die Belastung bei ungefähr 1600 Euro jährlich - um umweltfreundlich zur Arbeit zu kommen. Und vor allem: Der Pendler bezahlt zwar für seinen Platz, aber garantiert ist der ihm nicht.

Der Zorn der Pendler könnte fatale Folgen haben: Viele werden künftig gleich lieber zu anderen Park&Ride-Anlagen fahren, etwa nach Karlsfeld, wo sie für einen Stellplatz auf dem Münchner Teil des Geländes nur die Hälfte, 50 Cent, bezahlen. Das dürfte das ohnehin verkehrsgeplagte Karlsfeld, das Nadelöhr auf dem Weg nach München, mit Schrecken erfüllen. Andere könnten wiederum gleich aufs Auto umsteigen. Deshalb spricht Schmitz-Valckenberg von einem "politisch völlig falschen Signal". Das schwäche doch letztlich nur den öffentlichen Nahverkehr, sagt er.

Besonders verärgert dürften die Pendler darüber sein, dass nur sie, die Petershausener aber nicht zahlen müssen. Dazu sagt Daniel Stadelmann: "Seit 20 Jahren sind unsere Bürger auch nicht gefragt worden, als sie für die Auswärtigen mitbezahlten." Schließlich finanzierten die Petershausener die Unterhaltskosten mit ihren Steuern. Außerdem müssten die Pendler aus anderen Landkreisen, so Stadelmann, nicht die Parkplätze der 80 Petershausener Dauerparker zahlen. Dafür kommt per Beschluss die Gemeinde auf.

Von jetzt an jedenfalls muss bezahlt werden. Die "P+R Park & Ride GmbH", ein Serviceunternehmen der Landeshauptstadt, übernimmt den Ticketverkauf und die Kontrolle. Auch diese Konstruktion weckt Zweifel: Damit werde öffentlicher Parkraum kommerzialisiert. Das mag, so Schmitz-Valckenberg, sinnvoll sein, um aus einer Stadt wie München den Verkehr herauszuziehen. Aber auf dem Land sei das unsinnig. Stadelmann betont, dass die Gemeinde mit den Parkgebühren keinen Gewinn mache. Schmitz-Valckenberg glaubt das sofort: Er fragt sich vielmehr, wo denn für Petershausen überhaupt Geld für den Unterhalt der Anlage übrig bleiben soll? Das Unternehmen habe selbst hohe Kosten. Zum Beispiel für das Personal zur Kontrolle. Dafür wird die Nürnberger Wach- und Schließgesellschaft eingesetzt.

© SZ vom 01.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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